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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
10.07.2015 - 26.07.2015


L'inganno felice

Farsa per musica in einem Akt
Libretto von Giuseppe Maria Foppa
Musik von Gioachino Rossini

In italienischer Sprache mit italienischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h (eine Pause)

Premiere im Königlichen Kurtheater am 11. Juli 2015
(rezensierte Aufführung: 17.07.2015)

 

 

 

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Jeep und Barke im Kurtheater

Von Thomas Molke / Fotos von Patrick Pfeiffer


Von den fünf Farse, die Rossini zu Beginn seiner Karriere für Venedig komponierte, kommt seiner zweiten Farsa L'inganno felice ein besonderer Stellenwert zu. Dieser Einakter erfreute sich nämlich nicht nur in ganz Italien großer Beliebtheit und wurde ein Jahr nach der Uraufführung an zahlreichen Bühnen herausgebracht, sondern feierte auch europaweit einen riesigen Erfolg, so dass es bereits 1816 in München die erste deutschsprachige Aufführung gab. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Werk auch in Süd- und Nordamerika gespielt. Ein Grund für die große Begeisterung des damaligen Publikums mag neben der großartigen Musik auch die Tatsache gewesen sein, dass Rossini ein Sujet vertonte, dass eine eigentlich ernste Handlung mit komischen Momenten unterlegte und damit seine erste Opera semiseria schuf. Auch für Bad Wildbad hat dieses heutzutage eher selten gespielte Werk eine besondere Bedeutung. Vor 10 Jahren wurde damit nämlich das Königliche Kurtheater wiedereröffnet, und kein geringerer als Alberto Zedda höchstpersönlich dirigierte die Aufführung, die damals allerdings nur konzertant erfolgen konnte. Nachdem das Königliche Kurtheater wenige Jahre später erneut zu Renovierungszwecken geschlossen werden musste und letztes Jahr zum 150-jährigen Jubiläum mit einer konzertanten Aufführung von Il viaggio a Reims wiedereröffnet wurde, hat man sich entschieden, noch einmal L'inganno felice zu spielen, dieses Mal allerdings szenisch.

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Spektakuläre Ankunft des Herzogs Bertrando (Artavazd Sargsyan, vorne Mitte) mit seinen Soldaten (im Hintergrund von links: Batone (Tiziano Bracci) und Ormondo (Baurzhan Anderzhanov), neben Bertrando: Soldat (Tommaso Dionis), stehend: Statisterie)

Die Handlung steht ganz in der Tradition einer ganzen Reihe von Dramen des 18. Jahrhunderts, in der eine junge Frau zu Unrecht verstoßen, dabei allerdings auf wundersame Weise gerettet wird. Bei Rossini ist es Isabella, die Frau des Herzogs Bertrando. Ormondo, ein Vertrauter des Herzogs, hat selbst ein Auge auf die Herzogin geworfen, wird von dieser allerdings abgewiesen. Aus Rache bezichtigt er sie der Untreue und überzeugt ihren Mann, sie auf einem Boot auf offener See auszusetzen. Anders als erwartet kentert das Boot aber nicht, sondern strandet an der benachbarten Küste, wo der Vorarbeiter einer Eisenmine, Tarabotto, die junge Frau rettet und als seine Nichte "Nisa" aufnimmt. Zehn Jahre später rüstet der Herzog zum Krieg und gelangt genau an diese Küste, weil die Eisenminen für seine Kriegsführung eine wichtige Rolle spielen. Dabei trifft er auf Isabella, die sich allerdings nicht sofort zu erkennen gibt. Fatalerweise ist auch Ormondo im Gefolge des Herzogs. Da er fürchtet, dass sein Betrug von damals auffliegen könne, befiehlt er seinem Diener Batone, die junge Frau zu entführen und zu töten. Tarabotto hat allerdings die Szene belauscht und plant eine Intrige. Er bittet den Herzog um Schutz für seine Nichte und rät ihm, heimlich die Gründe zu erkunden, wieso Ormondo Nisa entführen will. So erfährt der Herzog, dass er seine Frau zu Unrecht verurteilt hat. Verzweifelt will er sich das Leben nehmen. Doch jetzt gibt sich Nisa als Isabella zu erkennen und verzeiht ihrem Gemahl. Batone wird begnadigt, Ormondo hingegen verdammt.

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Erste Konfusion: Bertrando (Artavazd Sargsyan, links) trifft bei Tarabotto (Lorenzo Regazzo) auf dessen vermeintliche Nichte "Nisa" (Silvia Dalla Benetta), die seiner totgeglaubten Gattin Isabella verdammt ähnlich sieht.

Das Regie-Team um Festspiel-Intendant Jochen Schönleber nutzt die geringen Möglichkeiten, die die kleine Bühne im Königlichen Kurtheater für das Bühnenbild bietet, geschickt aus und deutet mit einigen grauen Stellwänden die Eisenmine an, in der die Handlung spielt. Ein Wachturm auf der rechten Seite der Bühne stammt aus einer früheren Produktion in Bad Wildbad, Mosè in Egitto, und die zahlreichen Sandsäcke, die im ersten Teil um einen kleinen Teich auf der linken Seite gelegt sind und im zweiten Teil auf der rechten Seite aufgetürmt werden, so dass Isabella und Tarabotto die Möglichkeit haben, sich vor Ormondo und Batone zu verstecken, sind von der letzten Flut in Bad Wildbad übrig geblieben. Auf diese Weise lassen sich auch Kosten sparen, ohne dabei auf eindrucksvolle Bilder verzichten zu müssen. Dennoch gibt es in den beiden Teilen noch zwei besondere Requisiten. Im ersten Teil ist das ein aufbereiteter Jeep, mit dem Bertrando mit seinen Soldaten an der Mine vorfährt, im zweiten Teil dominiert eine riesige Holzbarke die Bühne, mit der Isabella wahrscheinlich damals auf dem Meer ausgesetzt worden ist und in der nun der überführte Ormondo in Fesseln seinem Schicksal überlassen wird. Die Kostüme von Claudia Möbius sind relativ modern gehalten, wobei die Oberteile alle grau eingefärbt sind, um anzudeuten, dass die Kleider mit Staub bedeckt sind.

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Ormondo (Baurzhan Anderzhanov, Mitte) plant mit Batone (Tiziano Bracci, links), Tarabottos Nichte verschwinden zu lassen. Dabei werden sie von Bertrando (Artavazd Sargsyan, im Hintergrund) belauscht.

In diesem Ambiente entfachen die Solisten ein musikalisches Feuerwerk und begeistern auch darstellerisch mit punktgenauer Komik. Da ist an erster Stelle Lorenzo Regazzo als Tarabotto zu nennen, der zwar keine komplette eigene Arie hat, aber dennoch als Drahtzieher die ganze Handlung beherrscht. Mit unglaublicher Bühnenpräsenz und großartiger Mimik avanciert er zum Publikumsliebling des Abends. Selbst die tropischen Temperaturen im Kurtheater baut er geschickt in sein komödiantisches Spiel mit ein. Als ein musikalischer Höhepunkt kann sicherlich sein Buffo-Duett mit Batone bezeichnet werden, in dem Tarabotto und Batone versuchen, sich gegenseitig zu überlisten und die Motive des anderen zu ergründen. Regazzo begeistert dabei mit einem wunderbaren Parlando-Ton und hält spielerisch das hohe Tempo, das Antonino Fogliani am Pult der Virtuosi Brunenses vorgibt. Tiziano Bracci steht ihm als Batone in nichts nach. Auch er begeistert mit beweglichem Bassbariton und markanten Tiefen und spielt die Komik seiner Rolle überzeugend aus. Im Gegensatz zu Regazzo ist ihm eine Arie vergönnt, als er im ersten Teil auf Nisa trifft und darüber rätselt, ob die tot geglaubte Herzogin vor ihm steht. Rossini hatte diese Arie damals für den Bassbariton Filippo Galli komponiert, und sie wird auch als Grund dafür angeführt, dass das Stück damals so große Erfolge feiern konnte. Bei Braccis temperamentvoller Interpretation ist das durchaus nachvollziehbar. Bei so viel überbordender Komik muss man schon fast Mitleid mit Baurzhan Anderzhanov haben, dem als Bösewicht Ormondo in diesem Stück eine eher undankbare Rolle zukommt. Doch Anderzhanov macht das Beste daraus und überzeugt mit diabolischer Schwärze in der Stimme und bedrohlichem Spiel.

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Glückliches Ende: Jetzt wird Ormondo (Baurzhan Anderzhanov, Mitte) gefesselt auf dem Meer ausgesetzt (von links: Isabella (Silvia Dalla Benetta), Bertrando (Artavazd Sargsyan), Batone (Tiziano Bracci) und Tarabotto (Lorenzo Regazzo).

Die Partie des Bertrando enthält vor allem in der Auftrittskavatine musikalisch einige Schwierigkeiten, die der junge Tenor Artavazd Sargsyan allerdings sauber meistert. Zwar klingt er in den Höhen stellenweise ein wenig angestrengt, ist aber stets bemüht, nicht zu forcieren, wobei seine Stimme gerade zu Beginn manchmal einen leicht näselnden Tonfall annimmt. Im weiteren Verlauf lässt er jedoch tenoralen Glanz verströmen, was sowohl das Terzett mit Isabella und Tarabotto betrifft, in dem er sich über seine Gefühle für die schöne Unbekannte im Unklaren ist, als auch das große Finale, in dem er sich auch stimmlich zum Helden aufspielt, wenn er den eigentlichen Bösewicht Ormondo überführt. Witzig ist auch der Regie-Einfall Schönlebers, die Soloflöte bei Bertrandos erstem Erscheinen als Soldaten mit auftreten zu lassen. Tommaso Dionis begeistert dabei mit klarem, sauberem Spiel. Ein regelrechter Glücksgriff ist auch Silvia Dalla Benetta in der Partie der Isabella. Mit großer Dramatik begeistert sie bereits in ihrem ersten Auftritt mit Tarabotto, wenn er ihr das Geheimnis ihrer Herkunft entlockt. In ihrer großen Arie vor dem Finale, in der sie ihre Leidensgeschichte erzählt, begeistert sie mit glasklaren Koloraturen und einer enormen Beweglichkeit in der Stimme. Antonino Fogliani führt die Virtuosi Brunenses mit sicherer Hand und großer Finesse durch die Partitur, so dass es am Ende frenetischen Jubel für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Es ist wirklich schade, dass diese großartige Produktion nur insgesamt drei Mal gespielt wird, da nur ca. 200 Personen in das Königliche Kurtheater passen und alle Veranstaltungen restlos ausverkauft sind. Wer sich von der Qualität des Stückes überzeugen will, muss wohl mit der CD-Aufnahme (erschienen bei Naxos) vorlieb nehmen, die vor zehn Jahren bei der Wiedereröffnung gemacht wurde, oder nach Pesaro reisen, wo dieses Stück in diesem Festival-Sommer auch gespielt wird.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Antonino Fogliani

Regie
Jochen Schönleber

Bühne
Robert Schrag

Kostüme
Claudia Möbius

Licht
Nicole Berry

 

Virtuosi Brunenses


Solisten

Bertrando, Herzog
Artavazd Sargsyan

Isabella, seine Gattin
Silvia Dalla Benetta

Ormondo, Vertrauter des Herzogs
Baurzhan Anderzhanov

Batone, Getreuer Ormondos
Tiziano Bracci

Tarabotto, Anführer der Bergarbeiter
Lorenzo Regazzo

Soldat / Flötensolo
Tommaso Dionis

Bergarbeiter und Soldaten
Lisa Milde
Jacopo Brusa
Fabian Zerhau
Moussé Dior Thiam

 


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