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Salzburger Pfingstfestspiele 13.05.2016 - 16.05.2016
Romeo und Julia Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (zwei Pausen) Aufführung im Großen Festspielhaus am 15. Mai 2016 |
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Bewegender Tanzklassiker ganz unverstaubt Von Thomas Molke / Fotos: © Stuttgarter Ballett Die Geschichte des Stuttgarter Balletts ist untrennbar mit dem Choreographen John Cranko verbunden. Obwohl Cranko bis zu seinem plötzlichen Tod am 26. Juni 1973 die Geschicke der Stuttgarter Compagnie als Ballettdirektor "nur" zwölf Jahre lang lenkte, läutete er eine Blütezeit ein, die dem Ensemble zu Weltruhm verhalf und außerdem namhafte Choreographen wie John Neumeier und Ji ří Kylián hervorbrachte. Bis heute ist sein erstes großes Handlungsballett für Stuttgart, Romeo und Julia, das am 2. Dezember 1962 seine Uraufführung erlebte, im Repertoire und wurde von zahlreichen Compagnien auf der ganzen Welt einstudiert. Da Cecilia Bartoli als künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele auch gerne renommierte Ballett-Compagnien mit Choreographien einlädt, die zum jeweiligen Festspielmotto passen, scheint es schon fast selbstverständlich, dass bei "Romeo und Julia" Crankos berühmte Fassung nicht fehlen darf, und so ist in diesem Jahr das Stuttgarter Ballett ins Große Festspielhaus eingeladen, um einen Klassiker zu präsentieren, der auch nach 50 Jahren noch keinen Staub angesetzt hat.Der Herzog von Verona gebietet Graf Capulet (rechts) und Graf Montague (links) Einhalt (auf der linken Seite: Friedemann Vogel als Romeo). Begleitet wird die Produktion vom Mozarteumorchester Salzburg unter der Leitung von James Tuggle, der Prokofjews bisweilen aggressive Musiksprache differenziert herausarbeitet und in dem berühmten immer wieder anklingenden "Tanz der Ritter" die Feindschaft zwischen den Capulets und den Montagues lautmalerisch herausarbeitet. Eingebettet ist die Produktion in ein pittoreskes Bühnenbild von Jürgen Rose, das bei manchem Anhänger des klassischen Handlungsballetts Erinnerungen an längst vergangene Tage wecken dürfte. So erwacht in traumhaften Kostümen, für die ebenfalls Rose verantwortlich zeichnet, Shakespeares Verona zu neuem Leben. Der Marktplatz fängt mit dem Steg im Hintergrund und den zahlreichen Torbögen italienisches Flair ein. Für die Szenen bei Pater Lorenzo wird ein Bühnenprospekt herabgelassen, der eine pittoreske Landschaft abseits der Stadt zeigt und damit eine friedliche Welt fernab der Familienfehde präsentiert. Das Fest bei den Capulets wird ebenfalls in einer optischen Opulenz geboten, die für heutige Aufführungen eher ungewöhnlich ist. In diesem fantastischen Ambiente entfachen die Solisten und das Ensemble Spitzentanz vom feinsten. "Tanz der Ritter" im Ballsaal der Capulets Den Anfang macht eine fröhliche Szene auf dem Marktplatz. Romeo (Friedemann Vogel) träumt noch von der schönen Rosalinde (Rocio Aleman), als ihn seine beiden Freunde Mercutio (Pablo von Sternenfels) und Benvolio (David Moore) mit drei Zigeunerinnen (Angelina Zuccarini, Elena Bushuyeva und Magdalena Dziegielewska) schnell auf andere Gedanken bringen. Hier fasziniert vor allem von Sternenfels mit kraftvollen Sprüngen und Doppeldrehungen. Doch die Szene kippt mit dem Auftreten der Capulets. Tybalt (Roman Novitzky) sucht Streit, und die Situation eskaliert. In einer sauber abgestimmten Choreographie begeistert das Ensemble mit atemberaubenden Fechtkämpfen. Am Ende treten sogar Graf Capulet (Rolando D'Alesio) und Graf Montague (Matteo Crockard-Villa) mit überdimensionalen Schwertern zum Kampf gegeneinander an. Erst das Nahen des Herzogs (Louis Stiens), der auf einem schwarzen Thron hereingetragen wird, kann den Streithähnen Einhalt gebieten. Mit autoritärer Strenge befiehlt er den verfeindeten Parteien, einander die Hände zu reichen. Doch die Gestik macht klar, dass dieser Friedensschluss nicht von Dauer sein wird. Faschingstanz An eine hervorragend choreographierte Ballszene, in der die Capulets und ihr Gefolge in homogenen Bewegungen ihre Überlegenheit demonstrieren, schließt sich ein rührendes Pas de deux zwischen Romeo und Julia (Alicia Amatriain) an. Schon bei ihrer ersten Begegnung auf dem Ball lassen Amatriain und Vogel durch ihre Mimik und Gestik keinen Zweifel daran, dass die beiden füreinander bestimmt sind. Es kommt zu einer traumhaften Balkonszene. Amatriain erscheint auf dem Steg im Hintergrund, während Vogel im Vordergrund der Bühne an das junge Mädchen denkt, das ihm gerade auf dem Ball begegnet ist. Dann klettert er auf den Steg und hebt Amatriain hinab. In dem nun folgenden Pas de deux finden die beiden zu einer bewegenden Innigkeit, die vom eindrucksvollen Spiel des Mozarteumorchesters noch unterstützt wird. Der zweite Akt beginnt wieder auf dem Marktplatz, wo der Karneval gefeiert wird. Auch hierfür hat Rose fantasievolle Kostüme entworfen. Die Zigeunerinnen versuchen erneut, Romeo abzulenken. Doch seine Gedanken kreisen weiter um Julia. Alexander McGowan, Katarzyna Kozielska, Paula Rezende, Özkan Ayik und Roger Cabrera Cuadrado führen einen akrobatischen Faschingstanz voller Komik vor. Gegen diese ausgeschmückte Marktszene wirkt die folgende Hochzeit im Garten von Pater Lorenzo schon geradezu knapp. Bemerkenswert ist immer wieder mit welch liebevollen Details Cranko die Geschichte erzählt. So wird Julias Amme (Sonia Santiago) auf der Suche nach Romeo von Mercutio und Benvolio zunächst kräftig gefoppt. Liebe bis in den Tod: Julia (Alicia Amatriain) und Romeo (Friedemann Vogel) Zurück auf dem Marktplatz kommt es dann zum fatalen Duell. Erneut begeistert das Ensemble in einer beeindruckenden Fechtchoreographie, an dessen Ende allerdings mit Mercutio und Tybalt zwei Tote zu beklagen sind, was das Mozarteumorchester Salzburg mit dramatischen Klängen kommentiert. Der dritte Akt beginnt noch einmal träumerisch sanft. Romeo und Julia haben die Nacht miteinander verbracht, und möchten am liebsten die Zeit anhalten. Doch Romeo muss gehen, und Julia wird mit dem Schlimmsten konfrontiert. Ihre Eltern zwingen sie, Graf Paris die Hand zu reichen. Da kann nur noch Pater Lorenzo helfen, der Julia einen Trank gibt, der sie in einen todesähnlichen Schlaf fallen lässt. Mit ausdrucksstarkem Spiel stellt Amatriain ihren inneren Kampf dar, bevor sie den Trank wirklich zu sich nimmt. In einer beeindruckenden Prozession wird sie anschließend zu Grabe getragen. Paris (Constantine Allen) wacht an ihrem Totenbett, als Romeo auftaucht. Er tötet Paris im Zweikampf und nimmt sich anschließend selbst das Leben, bevor Julia erwacht. Diese sieht nach einem kurzen inneren Kampf ebenfalls nur den Selbstmord als letzten Ausweg. So klassisch sieht man dieses Handlungsballett heute selten, und das Publikum macht mit großem Jubel deutlich, dass es diese traditionelle Art keineswegs für verstaubt hält. FAZIT Crankos Fassung des berühmten Handlungsballetts hat auch nach 50 Jahren noch keinen Staub angesetzt und begeistert durch die Exzellenz des Ballett-Ensembles und das eindringliche Spiel des Mozarteumorchesters Salzburg. Weitere Rezensionen zu den Salzburger Pfingstfestspielen 2016 |
ProduktionsteamMusikalische Leitung Choreographie und Inszenierung Bühnenbild und Kostüme
Mozarteumorchester Salzburg Stuttgarter Ballett
Solisten
Das Haus Capulet Gräfin Capulet Julia Tybalt Graf Paris Julias Amme
Das Haus Montague Gräfin Montague Romeo Mercutio Benvolio Weitere Rollen Pater Lorenzo Rosalinde
Zigeunerinnen Faschingstanz
Weitere |
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