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Schubert mit Samthandschuhen
Von Stefan Schmöe
Das Klavierfestival Ruhr beginnt offiziell erst am 5. Mai, aber Daniel Barenboim ist in einem "Klavier-Festival extra" bereits vorab zu Gast - in der Historischen Stadthalle Wuppertal. Der mächtige Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts im Stil der Neorenaissance mit seiner warmen, ein wenig unscharfen Akustik kommt Barenboims Spiel dabei sehr entgegen. Mit seinem eigenen Flügel (den der belgische Klavierbauer Chris Maene eigens für Barenboim gebaut hat), der bis in die höchsten Lagen "rund" und weich klingt und nicht klirrt, aber auch mit einer ungemein delikaten, sehr zarten Anschlagskultur huldigt Barenboim einem romantisch verschattetem Klangideal der leisen Töne und feinsten Nuancen. Da darf die Melodielinie ruhig einmal hinter die Begleitung zurücktreten.
Foto: Mark Wohlrab / Klavier-Festival Ruhr
Barenboim spielt ein reines Schubert-Programm: Die Sonaten c-Moll D958 und A-Dur D959 aus dem Trias der späten Sonaten, die kurz vor dem frühen Tod des Komponisten 1828 entstanden, und die Sonate a-Moll D537 aus dem Jahr 1817. Zwischen dieser und der A-Dur-Sonate besteht eine merkwürdige Querverbindung: Das Thema des Allegretto-Mittelsatzes der frühen a-Moll-Sonate hat Schubert in der späteren A-Dur-Sonate als konstituierendes Thema im Finalsatz erneut verwendet. Barenboim hebt die Unterschiede der beiden Fassungen deutlich hervor, spielt den Finalsatz der A-Dur-Sonate lyrisch ausschwingend und mit großer Gesanglichkeit, die frühere Variante dagegen mit markanten Staccati in der linken Hand und mit leicht spröder Eckigkeit. Nach dieser Interpretation ist die Frühfassung weniger eine Vorstudie als ein anderer Ansatz, mit dieser Melodie umzugehen.
Foto: Mark Wohlrab / Klavier-Festival Ruhr
Barenboim gibt sich rastlos, besonders in der an den Beginn gesetzten a-Moll-Sonate. Es ist weniger das Tempo an sich als der drängende Charakter, den er betont. Die Musik verliert sich nicht in Stimmungsbildern, sondern läuft zielstrebig nach vorn. Ruhepunkte gönnt Barenboim sich vergleichsweise selten, was zwangsläufig auf Kosten des einen oder anderen Details geht, das man schon stärker, in den Kontrasten pointierter ausgearbeitet gehört hat. Wichtiger ist hier der große Zusammenhang. Sein samtener Anschlag hat zur Folge, dass in den schnellen Passagen mitunter die Konturen verschwimmen (und auch schon einmal eine Note ungenau "überspielt" wird). Sicher kann man sich mehr rhythmische Härte (und größere Schroffheiten) vorstellen; nicht zuletzt mit dem Einsatz des Pedals dominiert hier ein weiches Legato. Freilich spielt Barenboim seinen wie in Samt gebetteten Schubert mit bestechender Musikalität. Das jubelnde Publikum hätte wohl gerne eine Zugabe gehört. Barenboim mochte nicht.
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Klavierfestival Ruhr 2017 Wuppertal, Historische Stadthalle Großer Saal 15. März 2017 AusführendeDaniel Barenboim, KlavierProgrammFranz Schubert:Sonate Nr. 5 A-Dur D537 Sonate Nr. 19 c-Moll D958 Sonate Nr. 20 A-Dur D959
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