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Klavierfestival Ruhr 2017

Mülheim an der Ruhr, Stadthalle (Theatersaal), 12. und 13. Juni 2017



Olli Mustonen
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Klavierfestival Ruhr

Weite Klangräume

Von Stefan Schmöe

Alle neun Klaviersonaten Sergej Prokofjews - das ist ein Parforceritt besonders anstrengender Art für Pianisten wie Publikum. Ein Blick ins Internet lehrt, dass so etwas hin und wieder vorkommt; für das Klavierfestival Ruhr stellt sich der jüngst 50 Jahre alt gewordene Olli Mustonen an zwei aufeinander folgenden Abenden in der Stadthalle Mülheim an der Ruhr dieser Aufgabe. Dabei geht Mustonen nicht chronologisch vor; am ersten Abend spielt er die vierte und zweite, nach der Pause die neunte (und letzte) und die sechste Sonate; der zweite Abend bringt die übrigen Sonaten in der Reihenfolge fünf, acht, (Pause), eins, drei und am Ende die siebente und wohl populärste.

Foto

Vom Konzert, im schwarzen Hemd gespielt, gibt's leider keine Bilder, daher hier ein offizielles Pressefoto von Olli Mustonen (© AMC Artists)

Mustonen hebt nicht die Entwicklung von Prokofjews Kompositionstechnik hervor, sondern eher die Stilelemente, die alle Werke verbinden. Der Beginn der vierten Sonate, gleichzeitig Auftakt des Konzerts, ist dafür geradezu exemplarisch; Mustonen stellt die Melodiepartikel in verschiedenen Lagen kontrastreich gegenüber, wodurch ein weiter Klangraum entsteht, hebt mit unterschiedlichen Lautstärken und Anschlagsarten der verschiedenen Stimmen ein Nebeneinander gegenläufiger Linien als stilbildendes Prinzip hervor. Gleichzeitig zeigt er ein überragendes Gespür dafür, diese Elemente zu einer großen musikalischen Linie zusammenzuführen. Jedes Teil hat seinen logischen Platz innerhalb einer frappierenden Stringenz, mit der Mustonen die Musik zielstrebig entwickelt. Das wirkt auch einem bei solcher Pointierung gelegentlich drohenden Manierismus entgegen. Mustonen spielt farbig und kontrastreich; abrupt abreißende Fortissimo-Akkorde und extrem kurze Staccati stehen neben kraftvoll federnden Akkordrepetitionen, das Spiel hat höchste Energie - wobei das stürmisch angegangene, perkussiv hämmernde Finale der siebten Sonate als Schlusspunkt des zweiten Abends plakativer blieb als der virtuose Schluss der sechsten am Ende des ersten Abends.

Lyrische Passagen sind nie gefühlig, auf eine mitunter nachklingende Romantik ist da kein Verlass. Vielmehr dominiert der trockene Witz. Allein die erste Sonate, gleichzeitig das Opus 1 des Komponisten, darf in ihrem Nachhall von Chopin "romantisch" klingen, bekommt von Mustonen aber auch eine phasenweise jazzige Note - Gershwins Rhapsody in blue klingt schließlich in der Komposition auch an. In der zweiten Sonate dagegen wird der romantische Begin von Mustonen schnell als Täuschung entlarvt. Die in allen Sonaten immer wieder aufscheinende scheinbare Naivität, die sich in schlichten Melodiepartikeln manifestiert, stellt er deutlich aus und gibt damit die Brechung gleich hinzu.

Dabei spielt Mustonen mit weit ausholender Geste. Gerne fährt er mit kreisenden Handbewegungen den im Raum verklingenden Tönen nach. Manchmal wirbelt er auf einer Taste herum, als wolle er dem längst angeschlagenen Ton ein Vibrato entlocken wie bei einem Streich- oder Zupfinstrument. Sicher trägt auch diese körperliche Präsenz des Pianisten zu der ungemein konzentrierten Atmosphäre in der Mülheimer Stadthalle bei.

Bei einem solchen Mammut-Programm auch noch Zugaben zu spielen, ist beinahe zu viel des Guten -das Prélude C-Dur op.12/7 verpackt aparte Melodik in virtuosen Begleitfiguren mit allerhand Glissandi; der populäre Marsch aus der Oper Die Liebe zu den drei Orangen zeigt Prokofjews bärbeißigen Witz. Beides gab es am ersten Abend eigentlich zu genüge. Am zweiten Abend waren die beiden letzten Miniaturen Nr. 11 und 12 aus den Kinderstücken ein versöhnlicher Abschluss nach der Düsternis der siebten Sonate und zeigten einen ganz anderen Prokofjew: Zwei schlichte Gute-Nacht-Lieder nach dem Sonaten-Marathon.




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Klavierfestival Ruhr 2017
Mülheim an der Ruhr, Stadthalle
Theatersaal
12. und 13. Juni 2017


Ausführende

Olli Mustonen, Klavier



Programm

Sergej Prokofjew:
Die Klaviersonaten

12. Juni 2017:

Sonate Nr. 4 c-Moll op.29
Sonate Nr. 2 d-Moll op.14
Sonate Nr. 9 C-Dur op.103
Sonate Nr. 6 A-Dur op.82

Zugaben:
Prélude C-Dur op. 12 Nr. 7
Marsch aus Die Liebe zu den drei Orangen


13. Juni 2017:

Sonate Nr. 5 C-Dur op.38
Sonate Nr. 8 B-Dur op.84
Sonate Nr. 1 f-Moll op.1
Sonate Nr. 3 a-Moll op.28
Sonate Nr. 7 B-Dur op.83

Zugaben:
aus dem Kinder-Album op. 65
Nr. 11 "Abend"
Nr. 12 "Der Mond schlendert über die Wiese"




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Klavierfestival Ruhr
(Homepage)








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