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Klavierfestival Ruhr 2017

Essen-Werden, Neue Aula der Folkwang Universität der Künste, 10. Mai 2017



Tamara Stefanovich
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Klavierfestival Ruhr

Höchste Kontrolle

Von Stefan Schmöe / Fotos von Peter Wieler

(Auch) dafür ist so ein Festival da: Ein Programm (fast) ausschließlich mit nordamerikanischer Klaviermusik, die es sonst kaum einmal auf europäische Konzertpodien schafft. Der Abend beginnt allerdings mit einem kurzen Werk des in Zypern geborenen Vassos Nicolaou (*1971), einem Auftragswerk des Klavierfestival Ruhr als Hochzeitsgeschenk für Tamara Stefanovich und deren Gatten (und Lehrer) Pierre-Laurent Amard, die das vierhändige Werk dann auch gemeinsam zur Uraufführung bringen. Sie spielt in der hohen, er in der tiefen Lage, unter Akkordballungen erkennt man vage rhythmische Motive, zunächst nicht ohne Reiz, aber auch nicht so, als dass die einige Minuten dauernde Komposition groß in Erinnerung bleiben würde. Kleine Schlusspointe: Sie springt auf, er stürzt auf die Tasten, sie dämpft die tiefen Saiten ab. Womöglich ist mehr Witz in dem kleinen Werk, als man ahnte.

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Spielen ihr eigenes Hochzeitsständchen: Tamara Stefanovich und Pierre-Laurent Aimard

Dann das durch und durch amerikanische Hauptprogramm. The Americas heißt das Motto des aktuellen Festivaljahrgangs, der Akzente mit nord- wie südamerikanischer Musik setzen möchte. Aaron Coplands etwas mehr als zehnminütige Piano Variations von 1930 beginnen denkbar schlicht. Ein verqueres kurzes Motiv, zunächst im leeren Raum, wird in den 20 Variationen immer stärker aufgefüllt, bis die Variationen sich in einen vollen, dichten Satz steigern. Danach Miniaturen von Eliot Carter: Tri-Tribute, drei kurze Sätze aus den Jahren 2007 und 2008, sowie Two Thoughts about the Piano (2007). Komprimierte Werke, die auch die klanglichen Möglichkeiten ausloten, etwa in dem eine Saite bei gedrückter Taste von einem anderen Klang angeregt wird und weiter schwingt. Bei aller Stringenz der Kompositionen im Einzelnen sind das nicht eben übermäßig publikumsfreundliche Werke.

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(von links:) Komponist Vassos Nicolaou, Tamara Stefanovich und Pierre-Laurent Aimard

Die 1973 in Belgrad geborene Pianistin stellt in ihrer beinahe spröden Interpretation den sperrigen Charakter der Kompositionen heraus. Der Anschlag ist federnd und kraftvoll, meist bewegt sie sich im gemäßigten Forte, selten im Fortissimo; im Piano hat sie einen betörend weichen Ton. Lautstärkeabstufungen setzt sie in eine Terrassendynamik nebeneinander, es gibt kaum Übergänge. Ihr außerordentlich kontrolliertes Spiel hat zudem wenig lineare Entwicklung; eine erst einmal angestoßene Phrase läuft oft wie mechanisch ab. So entsteht der Eindruck von fast baukastenartig nebeneinander gesetzten Elementen, mit großer Energie wie Konzentration konstruiert. Am Ende dieses ersten Teils fordert das freilich seinen Tribut; die immense Präzision, die das uhrwerkartig genau schnurrende Spiel zuvor hatte, bekommt winzige Unschärfen und Carters rasante Caténaires verlieren an Brillanz.

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Kurzeinführung in das folgende Werk: Tamara Stefanovich

Nach der Pause dann die erste Klaviersonate von Charles Ives, an der er mit Unterbrechungen von 1901 bis 1917 arbeitete. Tamara Stefanovich gibt eine ganz kurze Einführung, verweist auf den melodischen, unter der Modernität der Musiksprache verborgenen Charakter, auf die improvisatorisch frei aufeinander folgenden Passagen unterschiedlichen Charakters. Gespielt ist das mit erlesener Klangkultur, aber auch hier wieder mit dieser objektiv anmutenden Distanz und Disziplin. Man staunt über die Vielfalt der Musik, ohne recht berührt zu werden. Die technischen Schwierigkeiten bewältigt die Pianistin souverän. Viel Beifall in der leidlich gut besuchten Neuen Aula der Folkwang-Universität der Künste.




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Klavierfestival Ruhr 2017
Essen-Werden,
Folkwang Universität der Künste
Neue Aula
10. Mai 2017


Ausführende

Tamara Stefanovich, Klavier



Programm

Vassos Nicolaou:
Frames für Klavier vierhändig
(mit Pierre-Laurent Aimard, Klavier)
Auftragswerk des Klavierfestival Ruhr 2017
- Uraufführung -

Aaron Copland:
Piano Variations

Elliott Carter:
Tri-Tribute:
- Sistribute
- Fratribute
- Matribute


Two Thoughts about the Piano
- Intermittences
- Caténaires


- Pause -

Charles Ives:
Piano Sonata No. 1



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Klavierfestival Ruhr
(Homepage)








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