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Vom Mambo zum dies irae
Von Stefan Schmöe, Fotos von Mark Wohlrab / Klavier-Festival Ruhr
Die Konzertkleidung stammt von Vivienne Westwood, entnehmen wir dem Programm: Der obere Hemdknopf lässig offen, darunter offenbar ein Amulett, dazu blondierte Haare - die Bezeichnung "Paradiesvogel" wäre zu viel, aber ein wenig unkonventionelle Farbe bringt der französische Pianist Jean-Yves Thibaudet schon mit zum Klavierfestival Ruhr, wo er bereits zum neunten Mal gastiert. Mit lässiger Souveränität gestaltet er den Solopart in George Gershwins Concerto in F, mit nicht allzu großer Farbigkeit und ein wenig neutral; jedenfalls könnte man sich größere rhythmische Freiheiten und mehr "groove" vorstellen - auf der anderen Seite zeigt sich das Orchester der Ludwigsburger Festspiele unter der Leitung von Pietari Inkinen auch nicht allzu flexibel in der Tempowahl und deckt den Solisten mit allzu großer Lautstärke auch immer wieder zu. Erstaunlich lustlos gab sich Thibaudet bei der Zugabe; der Kupelwieser-Walzer von Franz Schubert ist ohnehin so ziemlich das Gegenteil eines Bravourstücks und war auch in der Interretation ein arg behäbiger Kontrast zum brillanten Gershwin-Konzert.
Das Orchester besteht "aus Mitgliedern führender baden-württembergischer Orchester, Hochschulprofessoren und -absolventen", so steht's auf der Homepage und bot an diesem Abend in der Wuppertaler Stadthalle solide Qualität; das heimische Sinfonieorchester Wuppertal muss da sicher nicht in Ehrfurcht erschauern ob dieses Gastensembles. Der junge finnische Dirigent Pietari Inkinen achtet auf sorgfältig ausgehörte Klangfarben, in riesiger Besetzung gibt es schöne Steigerungen zu einem satten, nicht lärmigen Fortissimo, als Gegensatz dazu ein delikates Piano - die Übergänge dazwischen könnten aber durchweg an Profil gewinnen.
Im den leiseren Lautstärken fehlt es den kleinen Noten an Kontur und überhaupt an rhythmischer Härte - im großen Tutti ist das nicht das Problem, in Abschnitten mit kleinerer oder solistischer Besetzung gibt es eine feine rhythmische Unschärfe, die der Musik den Biss nimmt. Die Sinfonischen Tänze aus Bernsteins West Side Story zerfielen in schöne Einzelteile, denen es an tänzerischem drive fehlt, die Ouvertüre zu Candide geriet recht akademisch. Am besten gelangen Rachmaninows (zu selten gespielte) farbreiche Symphonische Tänze op. 45, die den zweiten Teil des Konzerts bestimmten. Das letzte Werk des Komponisten(in Amerika komponiert, das verbindet es mit den anderen, stilistisch gänzlich verschiedenen Werken), kein Tanz-Zyklus, sondern eine dreisätzige Symphonie mit autobiographischem Programm und Todesahnung, zielt mit dem dies irae-Zitat auf die letzten Dinge, vom Orchester angemessen großformatig präsentiert und manchem eindrucksvollen Effekt. Eine Orchester-Zugabe gab es nicht.
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Klavierfestival Ruhr 2017 Wuppertal, Historische Stadthalle 28. Juni 2017 AusführendeJean-Yves Thibaudet, KlavierOrchester der Ludwigsburger Festspiele Dirigent: Pietari Inkinen ProgrammLeonard Bernstein:Symphonische Tänze aus West Side Story George Gershwin: Concerto in F für Klavier und Orchester Zugabe: Franz Schubert: Kupelwieser-Walzer D Anh. I,14 - Pause - Leonard Bernstein: Ouvertüre zu Candide Sergej Rachmaninow: Symphonische Tänze op. 45
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