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Salzburger Festspiele 2017

I due Foscari

Tragedia lirica in drei Akten
Libretto von Francesco Maria Piave nach der Tragödie The Two Foscari von Lord Byron
Musik von Giuseppe Verdi

In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere der konzertanten Aufführung im Großen Festspielhaus am 11. August 2017


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Salzburger Festspiele
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Der zweite Verdis des Festspielsommers 2017

Von Thomas Tillmann / Fotos von Marco Borrelli

Das bleibt eine gute Idee, weniger bekannte oder szenisch schwer zu realisierende Werke der Opernliteratur von den Ersten des Metiers während der Festspiele in konzertanter und damit allein auf die Musik konzentrierter Form zu präsentieren. Neben Donizettis Lucrezia Borgia fiel in Salzburg in diesem Jahr die Wahl auf Verdis I due Foscari, vielleicht ja auch auf Wunsch von Plácido Domingo, der die Baritonrolle des alternden, unglücklichen Dogen seit einigen Jahren gern und an verschiedenen Häusern gesungen hat.


Vergrößerung Plácido Domingo begeisterte das Festspielpublikum als Francesco Foscari.

Und wer behauptet, er könne nicht mehr singen und sein Auftreten bei den Salzburger Festspielen und anderswo sei ein unwürdiges Hinauszögern des Karriereendes, müsste mit Fakten aufwarten. Tatsache ist, dass die Stimme völlig intakt ist, da gibt es keine Brüche, da gibt es vielleicht einzelne etwas fahlere Töne, die aber angesichts des darzustellenden Charakters überhaupt nicht ins Gewicht fallen. Da gibt es aber vor allen Dingen viele tief empfundene, präzis ausgeleuchtete Momente, eine von großer Durchdringung und Erfahrung mit Verdi zeugende Charakterisierung der Figur. Aber natürlich - auch das muss gesagt werden -, es fehlt Domingos Stimme die wirklich baritonale, dunkel-bronzene, kompakte Farbe, die dem Francesco Foscari so wunderbar steht, ich konnte nicht vergessen, wie große Baritone der Vergangenheit dieser Figur ihren Stempel aufgedrückt haben. Und auch im Gesamtgefüge der Ensemble vermisst man diese Baritonfarbe schmerzlich. Das aber ist nicht Domingos Verschulden. Zweifelhafter finde ich eher seine Mitwirkung bei den nächstjährigen Bayreuther Festspielen als Dirigent der nur noch einzeln gebotenen Walküre (schon dies allein lässt einen den Kopf schütteln): Es ist nicht anzunehmen, dass der spanische Star (nicht Pultstar, das war, ist und wird er nicht) angesichts kundigerer Vorgänger dem Ersten Abend der Tetralogie wirklich neue künstlerische Akzente beigeben kann.

Vergrößerung

Joseph Calleja sang zum ersten Mal den Jacopo Foscari.

Joseph Calleja machte den ganzen Abend lang mit seiner sehr beweglichen, legatostarken, schön timbrierten Tenorstimme, mit vielen strahlenden und nur sehr wenigen etwas belegten Spitzentönen, mit der Verve seines Vortrags und einer hohen Rollenidentifikation, vor allem aber auch mit vielen zurückgenommenen, verinnerlichten Tönen ein sehr überzeugendes Rollendebüt, wenngleich ich den Eindruck nicht ganz los wurde, dass er ein bisschen über die natürlichen Mittel hinaus sang und diese Partie eine etwas gewichtigere, dramatischere Stimme mit mehr Stamina vertragen könnte.


Vergrößerung In der Rolle der Lucrezia erfüllte Guanqun Yu nicht alle Erwartungen.

Dies gilt in jedem Fall für den Sopranpart: Guanqun Yu mag für manchen ein interessanter Nachwuchssopran sein, der an mittleren Häusern und im richtigen Fach sicher einigen Eindruck machen und sich vor allem entwickeln kann (tatsächlich sind es bereits die großen Häuser, die sie engagieren). 2012 gewann sie den von Domingo ins Leben gerufenen Operalia-Gesangswettbewerb, mit ihm hat sie schon in Valencia I due Foscari gemacht, und sicherlich war er es, der sie vorgeschlagen hat, nachdem Maria Agresta sich wegen einer nicht aufzuschiebenden Operation aus der Produktion hatte zurückziehen müssen. Die Künstlerin hat sicher auch alle Töne für die gar nicht einfache, einige Geläufigkeit und viel Durchschlagskraft erfordernde Partie ("con impeto" heißt es in der Partitur), die in mancherlei Hinsicht in einem Atemzug mit Abigaille, Lady Macbeth oder Odabella zu nennen ist, aber leider verfügt sie nicht im Ansatz über die Nuancen, Farben und Interpretationskunst, die eine solche Rolle verlangt. Vorbild muss hier Maria Vitale sein, die das verzweifelte Geschick der Lucrezia Contarini im legendären Mitschnitt von 1951 vokal zu transportieren wusste und eben ein dramatischer Sopran war. Verführerisch klang auch die junge Katia Ricciarelli mit vielen betörenden Piani, einem frischen, gesunden Timbre vor dem Fall durch das Singen viel zu dramatischer Partien, gar nicht zu reden von der furchtlos-aufregenden, impulsiv-lodernden Angeles Gulin im Amsterdamer Konzert, die den Zehnerrat in der Lagunenstadt beherzt das Fürchten lehrte. All dem wusste die Chinesin über die bloße Ausführung des Geforderten hinaus nichts entgegenzusetzen, da hätte die Festspielleitung für mein Empfinden nach einer hochkarätigeren Künstlerin suchen müssen.

Vergrößerung

Großen Anteil an dem Erfolg dieses Verdi-Konzerts hatte das Mozarteumorchester unter der kompetenten Leitung von Michele Mariotti.

Gut gefiel mir der viel versprechende Bass Roberto Tagliavini als Jacopo Loredano, er wirkte an anderen Abenden auch in der Aida mit, der ja das Hauptinteresse des Festspielpublikums und der Medien galt. Auf hervorragendem Niveau präsentierten sich aber alle sorgsam ausgewählten Comprimari (drei von ihnen Teilnehmer des Young Singers Project der Festspiele), der von Walter Zeh geleitete Philharmonia Chor Wien und besonders das glänzend disponierte und sehr aufmerksame Mozarteumorchester Salzburg, dem Michele Mariotti mühelos seine Tempovorstellungen und Akzente vermitteln konnte. Besonders hervorzuheben ist die Mühe, die er sich bei der flexiblen Gestaltung der oft verspotteten Begleitfiguren gab - man freut sich auf ein "Wiederhören" bei der Forza in Amsterdam in einigen Wochen.


FAZIT

Das Werk ist eines, das man öfter hören möchte (statt der zahllosen Nabucco- und Macbeth-Aufführungen an jeder Ecke), das ist früher Verdi erster Klasse, kompakt, mitreißend und vieles erkennen lassend, was den Italiener bis heute zu einem der populärsten Opernkomponisten macht. Ob diese Byron-Adaption auch szenisch überzeugen könnte, wäre einen Versuch wert. Julian Budden wagte bereits 1972 die Prognose, I due Foscari werde sich wohl besser halten können als die meisten frühen Verdi-Opern - Domingos Anteil an dieser Entwicklung daran ist kein geringer, völlig unabhängig, welches Interesse ihn dabei geleitet haben mag.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Michele Mariotti

Choreinstudierung
Walter Zeh



Philharmonia Chor Wien
Mozarteumorchester Salzburg


Solisten

Francesco Foscari
Plácido Domingo

Jacopo Foscari
Joseph Calleja

Lucrezia Contarini
Guanqun Yu

Jacopo Loredano
Roberto Tagliavini

Barbarigo
Bror Magnus Todenes

Pisana
Marvic Monreal

Fante del Consiglio
Jamez McCorkle

Servo del Doge
Alessandro Abis





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