Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum



Neuburger Kammeroper
21.07.2018 - 29.07.2018


Der Bäbu

Komische Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Wilhelm August Wohlbrück
für die Neuburger Kammeroper bearbeitet von Horst Vladar
Musik von Heinrich Marschner

In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 50' (eine Pause)

Premiere im Stadttheater am 21. Juli 2018
(rezensierte Aufführung: 22.07.2018)

 


 

 

Homepage

 

Deutsche Spieloper im Orient

Von Thomas Molke / Fotos: © Neuburger Kammeroper

Was bitte ist ein "Bäbu"? Diese Frage mag man sich vielleicht auch in Neuburg gestellt haben. Aber nachdem man herausgefunden hatte, dass sich dahinter nicht nur ein indischer Titel für einen gebildeten Inder sondern auch noch eine heutzutage vergessene deutsche Spieloper von Heinrich Marschner verbirgt, dürfte die Entscheidung für Horst Vladar wohl sehr leicht gefallen sein, dieses Werk für die Jubiläumsspielzeit in der Neuburger Kammeroper auf den Spielplan zu setzen. Marschner gilt als wichtiges Bindeglied zwischen Carl Maria von Weber und Richard Wagner und ist heute vor allem noch durch seine beiden romantischen Opern Der Vampyr und Hans Heiling bekannt. Dass er aber neben Albert Lortzing und Otto Nicolai ein äußerst erfolgreicher Vertreter der komischen Oper war, die sich aus der Tradition des Singspiels heraus entwickelt hatte, ist relativ unbekannt. Aber in Zeiten des modernen Regietheaters ist das Interesse an diesen deutschen Spielopern auf den Bühnen auch nicht ganz so groß, was ein Grund mehr für die Neuburger Kammeroper ist, sich mit diesem Stück auseinanderzusetzen, zumal Horst Vladar hier dankenswerter Weise stets ohne verfremdende Regie-Effekte arbeitet. Der Bäbu wurde am 19. Februar 1838 in Hannover mit sehr großem Erfolg aufgeführt, verschwand dann aber wie die übrigen Werke Marschners von den Spielplänen. Dabei entführt die Handlung nicht nur in einen exotischen Orient, sondern setzt sich auch mit kritischen Themen auseinander, die gerade für den heutigen Zuschauer aktuell sind.

Bild zum Vergrößern

Ali (Joachim Herrmann, 2. von links) hat vor dem Richter (Horst Vladar, Mitte) gegen den hinterlistigen Bäbu (Stephan Hönig, links) zunächst das Nachsehen (auf der rechten Seite: Elmar Goebel als Butun Ghos, im Hintergrund: Chor).

Das Libretto zu der Oper verfasste wie schon beim Vampyr Marschners Schwager Wilhelm August Wohlbrück. Die Geschichte spielt um 1820 in Britisch-Indien. Hier treibt der Bäbu als Guru und Yoga-Lehrer sein Unwesen. Mit subtilen Tricks und Bestechungen eignet er sich den Besitz des adligen Händlers Ali an und will darüber hinaus auch noch dessen hübsche Tochter Ranijana heiraten. Diese war jedoch bis vor kurzem mit dem englischen Captain Henry Forester liiert und hat sogar ein gemeinsames Kind mit ihm. Als Henry jedoch schwer erkrankte und die Ärzte der Meinung waren, dass er nur im heimatlichen Klima gesunden könne, täuschte sie ihren Selbstmord vor, weil sie wusste, dass Henry sie niemals verlassen hätte, um in England wieder gesund zu werden. In England verlobte er sich mit der Nichte des Gouverneurs von Kalkutta, Eva Eldridge, hat dann jedoch erfahren, dass Ranijana noch lebt, und ist nach Indien zurückgekehrt. Eva ist ihm gefolgt. Dabei liebt sie eigentlich Henrys Freund Fredrick Mosely. Nachdem Henry Ranijana erneut seine Liebe gestanden hat, wird diese von vermummten Räubern im Auftrag des Bäbu entführt. Doch Ranijana gelingt es, den Bäbu bei seinen plumpen Annäherungsversuch mit reichlich Alkohol außer Gefecht zu setzen, so dass er einschläft und Henry mit seinen Freunden ins Haus eindringen kann. Die dunklen Machenschaften des Bäbu kommen ans Licht, und man übergibt ihn der weltlichen Gerichtbarkeit. Am Ende gibt es mit Henry und Ranijana bzw. Eva und Fredrick zwei glückliche Paare.

Bild zum Vergrößern

Die schöne Ranijana (Alessia Schumacher) wird von vier vermummten Räubern (von links: Horst Vladar, Michael Hoffmann, Elmar Goebel und Goran Cah) im Auftrag des Bäbu entführt.

Nicht kleckern sondern klotzen scheint wohl im Jubiläumsjahr die Devise beim Bühnenbildner Michele Lorenzini gewesen zu sein. Für die verschiedenen Szenen hat er direkt mehrere aufwändige Bühnenbilder konzipiert, die das Publikum in einen märchenhaften Orient entführen. Eingerahmt ist die Bühne von einer Art orientalischem Säulengang. Im Hintergrund werden je nach Szene passende Bilder projiziert. Der Saal beim Gouverneur atmet mit den Bänken das Flair einer Kolonialmacht aus dem 19. Jahrhundert. Ein riesiges rotes Bett im Haus des Bäbu deutet an, dass dieser zwar Enthaltsamkeit predigt, aber selbst das Leben in vollen Zügen genießt. Für die Szenen beim Händler Ali stellt Lorenzini sogar ein kleines Haus auf die Bühne, in dem Ranijana mit ihrem Kind und dem Kindermädchen lebt. Im zweiten Akt wird dieses Haus dann von innen gezeigt. Durch ein Tor auf der Seite dringen die vermummten Räuber ein, um Ranijana zu entführen.

Bild zum Vergrößern

Henry Forester (Karsten Münster, links) will mit seinem Freund Fredrick Mosely (Goran Cah, zweiter von links), Eva Eldridge (Laura Faig, 2. von rechts) und ihrer Tante Lady Wrengthon (Ulrike Johanna Jöris, rechts) dem schändlichen Treiben des Bäbu ein Ende bereiten.

Viel zu tun hat in dieser Oper der Chor der Neuburger Kammeroper. Die Sängerinnen und Sänger verkörpern mit großer Spielfreude und gut verständlichem Gesang sowohl die Anhänger des Bäbu in langen weißen Gewändern, die auf der Bühne auch witzige Entspannungsübungen machen, um den Lehren des Bäbu zu folgen, als auch die feine englische Gesellschaft auf einem Maskenball im Haus des Gouverneurs. Alois Rottenaicher arbeitet mit dem Orchester des Akademischen Orchesterverbandes München e. V. die in zahlreichen Szenen sehr geschlossene Musiksprache Marschners differenziert heraus. Stellenweise erinnert die Musik in der dramatischen Struktur an Marschners Vampyr oder Hans Heiling, auch wenn das Sujet alles andere als romantisch verklärt ist. In der Titelpartie begeistert Stephan Hönig mit kräftigem Bariton und komödiantischem Spiel. Glaubhaft spielt er die Hinterlist dieses Schwindlers aus, der es wunderbar versteht, die Massen zu manipulieren. Da helfen natürlich auch riesige Fächer, die Aufschriften wie "Der Bäbu hat Recht" tragen und von seinem Vertrauten Gosain (Michael Hoffmann) verbreitet werden. Hoffmann hat zwar in dieser Oper nur eine kleine Rolle, kann aber erneut sein großartiges komödiantisches Talent unter Beweis stellen.

Bild zum Vergrößern

Der Bäbu (Stephan Hönig, Mitte) lässt sich von seinen Anhängern feiern.

Ihr Debüt an der Neuburger Kammeroper gibt die junge Sopranistin Alessia Schumacher, die nicht nur optisch ein Blickfang als schöne Ranijana ist. Stimmlich punktet sie mit leuchtendem Sopran und strahlenden Höhen. Nur die Textverständlichkeit bleibt bisweilen ein wenig auf der Strecke. Dafür sprüht sie allerdings vor lauter Spielfreude und zeichnet die junge Inderin als selbstbewusste allein erziehende Frau, die die Gefühle ihres Geliebten auf die Probe stellen will und es mit weiblichem Geschick versteht, den Bäbu nach ihrer Entführung außer Gefecht zu setzen. Karsten Münster stattet ihren Geliebten Henry Forester mit kräftigem Tenor aus. Besonderen Spielwitz zeigt er als Wahrsager auf dem Maskenball beim Gouverneur, wenn er dem Bäbu bereits prophezeit, dass er für seine Sünden bestraft werde. Laura Faig begeistert als Eva Eldridge mit mädchenhaftem Sopran und keckem Spiel. Mit Goran Cah als Fredrick Mosely gibt sie ein wunderbares Liebespaar ab. Cah verfügt über einen leichten, weichen Tenor. Joachim Herrmann überzeugt als betrogener Händler Ali genauso wie die anderen Solisten in den kleineren Partien. So gibt es am Ende verdienten großen Beifall für alle Beteiligten.

FAZIT

Auch im 50. Jahr hat die Neuburger Kammeroper nichts von ihrer Frische verloren. Horst Vladar bietet wieder einmal ohne entfremdende Regie-Mätzchen beste Unterhaltung mit einem völlig unbekannten Werk, das nicht einmal als CD-Aufnahme erhältlich ist.

Zur Übersicht



Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alois Rottenaicher

Inszenierung
Horst Vladar

Bühnenbild
Michele Lorenzini

 

Orchester des Akademischen
Orchesterverbandes München e. V.


Solisten

Lady Wrengthon, Frau des Gouverneurs
Ulrike Johanna Jöris

Eva Eldridge, ihre Nichte
Laura Faig

Henry Forester, Captain
Karsten Münster

Fredrick Mosely, sein Freund
Goran Cah

Sir Tynebutt
Horst Vladar

Mary Wyndham
Evelyn Mayer

Jussuf Ali Khan, adliger Händler
Joachim Herrmann

Ranijana, seine Tochter
Alessia Schumacher

Gulru, ihr Kindermädchen
Anna Mayer

Bäbu, angeblicher Guru
Stephan Hönig

Gosain, sein Vertrauter
Michael Hoffmann

Butun Ghos
Elmar Goebel

Muton, Richter
Horst Vladar

4 Vermummte (Räuber) des Bäbu
Goran Cah
Elmar Goebel
Michael Hoffmann
Horst Vladar

Anhänger des Bäbu, Gäste und Diener der Lady,
Gerichtsschreiber
Brigitte Clemens
Waltraud van Erb
Petra Gauss-Nickel
Martina Geißler
Elisabeth Horak
Luise Ilchmann
Gabriele Martin
Evelyn Mayer
Susanne Schimmel
Stephanie Stork
Barbara Würmseher
Ulrich Agricola
Manfred Basel
Wolfgang Brunner
Dieter Eibl
Reinhard Geißler
Norbert Hornauer
Dirk Lay
Robert Krause
Werner Schmid
Norbert Stork


Zur Homepage der
Neuburger Kammeroper




Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum

© 2018 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -