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Wexford Festival Opera
19.10.2018 - 04.11.2018


Don Pasquale

Opera buffa in drei Akten
Libretto von Giovanni Domenico Ruffini und vom Komponisten
Musik von Gaetano Donizetti

In italienischer Sprache mit englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 35' (keine Pause)

Premiere im Whites Hotel in Wexford am 20. Oktober 2018
(rezensierte Aufführung: 24.10.2018)



 

 

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Opera buffa im Rubik's Cube

Von Thomas Molke / Fotos: © Paula Malone Carty

Gaetano Donizettis Opernschaffen nimmt beim Wexford Festival Opera eine besondere Stellung ein. So hat das Festival seit seiner Gründung im Jahr 1951 Werke dieses Komponisten in insgesamt 17 Spielzeiten als Hauptproduktionen auf dem Spielplan gehabt, eine Häufigkeit, die nicht einmal annähernd von einem anderen Vertreter des Belcanto erreicht wird. Begünstigt wird diese Tatsache natürlich dadurch, dass Donizetti mit seinen rund 70 Opern einen breiten Fundus an größtenteils vergessenen Belcanto-Schätzen hinterlassen hat, den es bei einem Festival, das sich auf unbekannte Opern spezialisiert hat, zu entdecken gilt. Bedenkt man, dass selbst die heute aus dem Standardrepertoire nicht mehr wegzudenkende komische Oper L'elisir d'amore in Wexford erstmals bereits 1952 präsentiert wurde, als deren Bekanntheitsgrad noch relativ gering war, kann man dem Festival zu Recht bescheinigen, zur Donizetti-Renaissance einen entscheidenden Beitrag geleistet zu haben. Nachdem man 2013 im Rahmen der "Short Works" diese Oper in einer sehr erfolgreichen Inszenierung von Roberto Recchia in einer gekürzten Fassung auf den Spielplan gestellt hat (siehe auch unsere Rezension), widmet man sich nun in diesem Format der wohl brillantesten Komödie des "Vielschreibers" aus Bergamo: Don Pasquale. Diese letzte komische Oper, die Donizetti 1843 fünf Jahre vor seinem Tod zur Uraufführung brachte, greift mit dem aus der Commedia dell'arte bekannten Personal die Form der Opera buffa des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts wieder auf, verleiht den Figuren allerdings mehr Tiefgang, als dies in früheren Bühnenwerken der Fall ist. So konnte sich das Stück mit seinem großartigen Witz seit seiner Uraufführung dauerhaft im Repertoire halten.

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Dr. Malatesta (Simon Mechliński, links) zeigt dem auf Freiersfüßen wandelnden Don Pasquale (Toni Nežić, rechts) ein Bild einer potenziellen Heiratskandidatin.

Die Handlung fußt auf einem Dramma giocoso von Stefano Pavesi, das unter dem Titel Ser Marcantonio nahezu 30 Jahre zu den erfolgreichsten komischen italienischen Opern zählte und sich sogar gegen Rossini behaupten konnte (Rossini in Wildbad präsentierte dieses Werk 2011, siehe auch unsere Rezension), bevor es in der Publikumsgunst von Donizettis Don Pasquale überholt wurde. Trotz seines fortgeschrittenen Alters möchte Don Pasquale noch einmal heiraten. Daher ist für seinen Neffen Ernesto, der sich als Schmarotzer bei dem wohlhabenden Onkel eingenistet hat, kein Platz mehr im Haus. Pasquales Arzt und "Freund", Dr. Malatesta, schmiedet einen Plan, um den alten Mann von seinen Heiratsabsichten abzubringen. Er überredet die junge Witwe Norina, die in Ernesto verliebt, aber genauso mittellos ist wie er, Pasquale eine sanftmütige und bescheidene Klosterschülerin vorzuspielen, die dieser vom Fleck weg heiraten möchte. Nachdem ein fingierter Ehevertrag aufgesetzt worden ist, macht Norina Pasquale das Leben mit ihrer Verschwendungssucht zur Hölle, bis dieser schließlich bereit ist, alles zu tun, um sie wieder loszuwerden. So gibt er am Ende die Zustimmung, die junge Frau mit seinem Neffen zu verheiraten, und offeriert beiden sogar eine großzügige Abfindung.

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Die schöne Norina (Barbara Cole Walton) ist nicht begeistert von der Idee, einen alten Mann zu heiraten.

In der Inszenierung von Kathleen Stakenas im Whites Hotel beherrscht ein riesiger Rubik's Cube die Bühne, den Angela Giulia Toso mit zahlreichen Fächern und Schubladen ausgestattet hat. So lassen sich einzelne Elemente des Würfels als Stuhl oder Schreibtisch entnehmen oder ein ganzer Bereich als Regal herausziehen. Durch Aufklappen des Würfels erhält Norina auch in der zweiten Szene des ersten Aktes eine Art Schrankwand. So lassen sich zwar blitzschnell Szenenwechsel durchführen. Einen tieferen Sinn für das Stück macht der Zauberwürfel allerdings nicht. Auch in den Kostümen hätte man sich eine deutlichere Zeichnung der Titelfigur als alten Geck auf Freiersfüßen gewünscht. Der sehr jugendlich wirkende Toni Nežić tritt zwar mit leicht gebeugtem Rücken auf. Mit seinen dunklen Haaren und seiner schlanken Figur wirkt er aber viel zu attraktiv, so dass man sich ernsthaft die Frage stellen muss, was Norina eigentlich gegen eine Verbindung mit ihm auszusetzen hat. Wenn sie ihn im zweiten Akt als alt und fett bezeichnet, müssen selbst die Solisten schmunzeln. Norina trägt einen verführerischen kurzen Rock und läuft auf Stöckelschuhen, wenn sie als schüchterne Klosterschülerin und Malatestas Schwester Sofronia bei Pasquale eingeführt wird. Da hätte der alte Mann durchaus skeptisch werden können. Durch die Kürzung des Werkes auf knapp 95 Minuten entstehen durch zahlreiche kurze Umbaupausen auch einige Brüche. Da hätte man sich vielleicht doch lieber das komplette Stück gewünscht.

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Mit Vergnügen beobachten Dr. Malatesta (Simon Mechliński, rechts) und Ernesto (Antonio Mandrillo, 2. von rechts), wie Norina (Barbara Cole Walton) Don Pasquale (Toni Nežić, links) das Leben schwer macht.

Daniela Pellegrino gelingt es am Klavier, die unterschiedlichen Stimmungen der Musik wunderbar einzufangen. Dabei schafft sie einerseits sehr intime Momente, in denen die Figuren in sich gehen, und sorgt andererseits für enormes Tempo und großen Witz in den schnellen Läufen. Toni Nežić und Simon Mechliński beherrschen als Don Pasquale und Dr. Malatesta stimmlich und darstellerisch das Buffo-Fach wunderbar. Zu einem musikalischen Höhepunkt avanciert das große Duett der beiden im dritten Akt, "Cheti, cheti immantinente", wenn sie planen, Norina / Sofronia im Park der Treulosigkeit zu überführen. Mit wunderbarer Präzision bewegen sie sich durch die rasenden Tempi in den Parlando-Stellen und sind dabei mit Pellegrino am Klavier absolut im Einklang. Mechliński, dem als Malatesta im Gegensatz zu Don Pasquale wenigstens eine graue Perücke gegönnt wird, um ihn ein wenig älter erscheinen zu lassen, begeistert das Publikum mit einem kräftigen und dabei sehr flexiblen Bariton. Nežić besitzt als Don Pasquale in den Tiefen ein markantes Volumen und glänzt durch absolute Beweglichkeit in den schnellen Läufen. Hervorzuheben ist, dass beide am gleichen Tag auch noch abends in kleineren Partien in Mercadantes Il bravo zu erleben sind.

Barbara Cole Walton verfügt als Norina über einen strahlenden Sopran und versteht es darstellerisch grandios, die Männer mit ihrem koketten Spiel um den Finger zu wickeln. Direkt in ihrer Auftrittsarie "Quel guardo il cavaliere..." lässt sie die sauber angesetzten Koloraturen nur so sprudeln. Mit großer Komik vollzieht sie nach der vermeintlichen Hochzeit darstellerisch einen Wechsel von der scheinbar schüchternen Frau zur wilden Furie, die Don Pasquale das Leben zur Hölle macht. Eindringlich gelingt ihr auch die Szene im dritten Akt, wenn sie selbst das Gefühl hat, mit ihrer Grausamkeit ein bisschen zu weit gegangen zu sein. Leider kann Antonio Mandrillo als Ernesto das hohe musikalische Niveau der übrigen Solisten nicht ganz halten. Sein Tenor klingt in den Höhen bisweilen angestrengt, so dass man musikalisch nicht versteht, wieso Norina diesem jungen Mann eigentlich den Vorzug gibt. Darstellerisch verfügt er ebenfalls über großes komisches Potenzial, so dass es am Ende für alle Beteiligten großen Applaus gibt.

FAZIT

Musikalisch hätte man von diesem Donizetti-Klassiker gerne noch mehr gehört, was natürlich den Rahmen eines "Short Work" gesprengt hätte. Szenisch bietet die Vorstellung kurzweilige Unterhaltung, auch wenn die zahlreichen kurzen Umbaupausen den Fluss des Stückes ein wenig beeinträchtigen.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Daniela Pellegrino

Regie
Kathleen Stakenas

Bühne und Kostüme
Angela Giulia Toso

Licht
Johann Fitzpatrick


Solisten

Don Pasquale
Toni Nežić

Dr. Malatesta
Simon Mechliński

Ernesto
Antonio Mandrillo

Norina
Barbara Cole Walton

Carlino
Henry Grant Kerswell

 


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