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Glänzende Ergebnisse einer MeisterklasseVon Thomas Molke / Fotos folgen Unter den Konzerten der Teilnehmer der beiden Meisterklassen von Raúl Giménez und Lorenzo Regazzo, die sich bei den Festivalbesuchern so großer Beliebtheit erfreuen, dass sie mittlerweile auf drei Konzerte erhöht worden sind, wobei sich die Meisterklasse von Lorenzo Regazzo zweimal präsentieren kann, nimmt das letzte Konzert einen besonderen Stellenwert ein, da man hier nicht nur die potentiellen Stars von morgen erlebt, sondern auch der Internationale Belcanto Preis verliehen wird, der mit einem Rollenangebot bei einem künftigen Festival verbunden ist. Zusätzlich wird jedes Jahr auch noch ein nicht dotierter Publikumspreis vergeben, der laut Festspielintendant Jochen Schönleber am Applaus für die einzelnen Beiträge gemessen werde, was in diesem Jahr allerdings sehr schwierig gewesen sein dürfte, da zahlreiche Darbietungen der vier Teilnehmerinnen und der sieben Teilnehmer die Zuschauer mit frenetischem Jubel regelrecht von den Sitzen gerissen haben. Schönleber räumte selbst ein, dass er es mit der diesjährigen Entscheidung sicherlich nicht allen Zuschauern recht machen könne, zumal es objektiv betrachtet wohl den größten und längsten Applaus für die Teilnehmerin gab, die per se schon mit dem Internationalen Belcanto Preis ausgezeichnet werden sollte: Eleonora Bellocci. Um eine Dopplung zu vermeiden, fiel die Wahl auf Maria Rita Combattelli, die, so Schönleber, zumindest gemessen an der Anzahl der Auftritte kumuliert den meisten Applaus erhalten habe. Dass Bellocci im Konzert vor einer Woche nicht zu erleben war, liegt wohl daran, dass sie bei diesem Festival auch noch als Fannì in Rossinis Farsa La cambiale di matrimonio und als Teti in Rossinis Kantate Le nozze di Teti e di Peleo zu erleben ist. In diesem Konzert präsentiert sie die Arie der Contessa di Folleville aus Rossinis Il viaggio a Reims, in der die exaltierte Contessa zunächst den Verlust ihrer Kleidung durch ein Kutschenunglück beklagt und anschließend in überbordenden Jubel ausbricht, als ihr ein geretteter Hut überreicht wird. Bellocci lotet mit ihrem strahlenden Sopran die einzelnen Facetten dieser Figur grandios aus und punktet mit sauber angesetzten Koloraturen und stupenden Spitzentönen. Bei dieser Interpretation hat sie den Belcanto Preis mehr als verdient. Diese großartige Sopranistin möchte man nächstes Jahr gerne wieder in Bad Wildbad hören. Doch auch Maria Rita Combattelli empfiehlt sich mit ihrem glockenklaren Sopran und ihrer großen Spielfreude für eine Rolle im nächsten Jahr. In diesem Jahr ist sie bereits als kesse Zofe Clarina in La cambiale di matrimonio zu erleben. Im Konzert liefert sie als Rosina im Barbiere di Siviglia mit der berühmten Arie "Una voce poco fa" ein grandioses Koloraturfeuerwerk ab und begeistert mit strahlenden Höhen und kokettem Spiel. Eine weitere Auszeichnung hätte auch Roberto Maietta verdient, der bereits im letzten Jahr den Publikumspreis erhalten hat. In diesem Jahr begeistert er in der Produktion La cambiale di matrimonio als Amerikaner Slook mit der ihm ganz eigenen Komik. Im Konzert stellt er mit der berühmten Arie "Largo al factotum" unter Beweis, dass er auch einen genialen Figaro in Rossinis Barbiere abgibt. Des Weiteren empfiehlt er sich als Diener Germano im Duett mit Combattelli als Giulia in Rossinis La scala di seta, einer Farsa, die im Reigen der Farse im Königlichen Kurtheater noch fehlt. Mit Maietta und Combattelli hätte man sicherlich schon zwei hervorragende Interpreten für eine Produktion. Auch Xiang Xu, der bei diesem Festival in allen Produktionen mit Ausnahme des Gastspiels L'equivoco stravagante mitwirkt, wäre ein potentieller Preisträger gewesen. In diesem Konzert glänzt er in der Arie des Idreno aus Rossinis Semiramide mit seinem hohen Tenor, der eine enorme Durchschlagskraft besitzt. Baurzhan Anderzhanov wäre ein weiterer Kandidat für einen Preis gewesen, da er sich bei diesem Festival von einer ungewohnt komischen Seite zeigt. Bis jetzt war er ja in Bad Wildbad immer auf die Bösewichter festgelegt. Den Don Giovanni präsentiert er mit großartiger Komik als selbstverliebten Geck, der in dem Duett "La ci darem la mano" so von sich selbst eingenommen ist, dass er darüber ganz vergisst, die schöne Zerlina auf sein Schloss zu entführen. Silvia Porcellini himmelt ihn dabei als Zerlina wunderbar an und kann mit frechem Spiel schließlich doch noch Giovannis Aufmerksamkeit gewinnen. Das Publikum ist von dieser Darbietung so begeistert, dass Regazzo anordnet, die Szene direkt noch einmal zu spielen. Ein weiterer Höhepunkt ist Baurzhanovs Szene mit Combattelli. Als Adina und Dulcamara spielen die beiden eine kleine Komödie, in der ein alter klappriger Senator um ein junges Mädchen wirbt, diese ihn aber abweist. Auch hier begeistert Anderzhanov nicht nur mit kräftigem Bassbariton, sondern entfaltet auch wunderbar komisches Talent. Die übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Meisterklasse sind ebenfalls ein Garant für die hohe Qualität des Konzertes. Yevgeniy Chainikov, der bei der Uraufführung von Francesco Carluccios Oratorium Caïn kurzfristig als Tubal-Caïn eingesprungen ist, präsentiert wie im letzten Konzert noch einmal die Arie des Basilio "La calunnia è un venticello" aus Rossinis Barbiere und lässt mit kräftigem Bassbariton das sanfte Lüftchen der Verleumdung zu einem gewaltigen Orkan anschwellen. Darstellerisch überzeugt er dabei mit großartiger Komik. Masashi Tonosugi stellt sich mit dunklem Bassbariton als Halì aus Rossinis L'italiana in Algeri vor, nachdem er im ersten Konzert die Arie des Taddeo aus der gleichen Oper präsentiert hat. Porcellini und Combattelli assistieren ihm bei seinem Auftritt als "femmine d'Italia", die Tonosugi vergeblich zu beeindrucken versucht. Später kann er auch noch sein komisches Talent als Masetto unter Beweis stellen, wenn er sich von Porcellini als Zerlina ansingen lässt, die nach ihrer Begegnung mit Don Giovanni doch die Vorzüge ihres Bräutigams erkennt. Tonosugi zeigt sich von den Liebesbekundungen Porcellinis unbeeindruckt und zieht es vor zu schlafen. Porcellini überzeugt durch niedliches Spiel und einen mädchenhaften Sopran. Muriel Fankhauser, die regelmäßig an den Meisterklassen von Regazzo teilnimmt, hat dieses Mal die Arie der Amina aus Bellinis La sonnambula ausgewählt und überzeugt mit sauber ausgesungenen Höhen und intensiver Interpretation, die den Wahnsinn der Figur sehr glaubhaft machen. Nachdem Javier Povedano sich in den ersten beiden Konzerten einen grandiosen Schlagabtausch mit Maietta in dem Buffo-Duett "Va taluno mormorando" aus Rossinis L'inganno felice geliefert hat, eröffnet er dieses Konzert mit dunklem und kräftigem Bassbariton mit der Arie des Batone aus der gleichen Oper. Im dem Duett Figaro - Rosina, das er mit Combattelli bereits im letzten Konzert präsentiert hat, liefert er erneut eine gute Empfehlung für die Titelpartie im Barbiere ab. Sebastian Monti zeigt sich als Lindoro in Rossinis L'italiana in Algeri sehr höhensicher. Als komödiantischer Ausklang wird dann das berühmte "O sole mio" laut Programm in der Interpretation von drei Tenören in Anspielung auf Carreras, Domingo und Pavarotti angekündigt. Man fragt sich natürlich, wer neben Xu und Monti als dritter Tenor auftreten könnte. Den Part übernimmt Maietta, wobei er allerdings nicht versucht, mit Monti und Xu in den hohen Tönen zu konkurrieren. Dafür überbieten sich Monti und Xu mit geschmetterten hohen Tönen, die der recht schmalzigen Nummer eine komische Note verleihen. Am Ende gibt es dieses Stück dann auch noch als Zugabe, wobei die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Refrain mit einstimmen und die Sopranistinnen den Tenören fast die Schau stehlen. Das Publikum bedankt sich für dieses großartige Konzert mit großem Beifall.
FAZIT
In diesem letzten Konzert der beiden Meisterklassen gelingt den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern noch eine Steigerung, so dass man dieses Konzert zu den
Höhepunkten des diesjährigen Jubiläumsfestivals zählen darf.
Weitere Rezensionen zu Rossini in
Wildbad 2018
Programm des Konzertes
Gioachino Rossini: L'inganno felice (1812): Arie des Batone "Una voce
m'ha colpito (Javier Povedano)
Gioachino Rossini: La scala di seta (1812): Duett Giulia - Germano "Io
so ch'hai buon cuore" (Maria Rita Combattelli, Roberto Maietta)
Gioachino Rossini: L'italiana in Algeri (1813): Arie des Lindoro "Concedi,
Amor pietoso" (Sebastian Monti)
Vincenzo Bellini: La sonnambula (1831): Arie der Amina "Ah, non credea
mirarti (Muriel Fankhauser) Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni (1787): Duettino Zerlina - Don Giovanni "La ci darem la mano (Silvia Porcellini, Baurzhan Anderzhanov) Gioachino Rossini: Semiramide (1823): Arie des Idreno "Ah dov'è, dov'è il cimento (Xiang Xu) Gioachino Rossini: L'italiana in Algeri (1813): Arie des Halì "Le femmine d'Italia (Masashi Tonosugi) Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni (1787): Arie der Zerlina "Vedrai carino" (Silvia Porcellini) Gaetano Donizetti: L'elisir d'amore (1832): Barcarola Adina - Dulcamara "Io son ricco e tu sei bella" (Maria Rita Combattelli, Baurzhan Anderzhanov)
Gioachino Rossini: Il barbiere di Siviglia (1816): Gioachino Rossini: Il viaggio a Reims (1825): Arie der Contessa "Partir, o ciel! Desio" (Eleonora Bellocci)
Eduardo di Capua: Canzone napoletano (1898) "O sole mio" (Roberto Maietta,
Sebastian Monti, Xiang Xu) |
AusführendeKlavier Teilnehmer der Masterclass
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