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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
12.07.2018 - 29.07.2018


Zelmira

Ernste Oper in zwei Akten (Pariser Fassung von 1826)
Libretto von Andrea Leone Tottola
Musik von Gioachino Rossini

In italienischer Sprache mit italienischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 30' (eine Pause)

Premiere der konzertanten Aufführung in der Trinkhalle am 21. Juli 2018

 

 

 

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Musikalisches Feuerwerk

Von Thomas Molke / Fotos: © Andreas Heideker

Zelmira markiert in Rossinis Opernschaffen einen Einschnitt, da es sich hierbei um seine letzte Komposition für Neapel handelt, die eigentlich schon für ein ausländisches Publikum konzipiert war. Schon während der Arbeitsphase war klar, dass mit dieser am 16. Februar 1822 im Teatro San Carlo uraufgeführten Oper knapp zwei Monate später die von Metternich ausgehandelte "italienische Saison" im Wiener Kärntnertortheater eröffnet werden sollte. Dafür übernahm der Impresario aus Neapel, Domenico Barbaja, die Pacht des Theaters in Wien und ließ die großen Stars seiner Truppe aus Neapel dorthin kommen. Auf dem Weg heiratete Rossini noch schnell die Primadonna Isabella Colbran, für die er alle tragischen Hauptrollen seiner Opern in Neapel komponiert hatte. Von Wien ging es dann 1824 nach London, wo die Colbran mit stimmlichen Problemen zu kämpfen hatte und ihre musikalische Karriere beendete. Als Rossini im gleichen Jahr in Paris die Leitung des Théâtre Italien übernahm, begann er daher die Saison nicht wie ursprünglich geplant mit Zelmira, sondern brachte zunächst La donna del lago und Semiramide heraus. Als uneingeschränkte Primadonna in Paris herrschte zu diesem Zeitpunkt Giuditta Pasta, für die er dann das große Rondo der Titelfigur im zweiten Finale der Zelmira durch eine Arie ersetzte und ein neues Finale schuf. In Bad Wildbad ist nun, wie bereits in Pesaro 2009, die Pariser Fassung von 1826 zu erleben.

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Schlussapplaus: von links: Eacide (Xiang Xu), Gran Sacerdote (Emmanuel Franco), Leucippo (Luca Dall'Amico), Antenore (Joshua Stewart), Polidoro (Federico Sacchi), Emma (Marina Comparato), Zelmira (Silvia Dalla Benetta) und Gianluigi Gelmetti

Die Handlung basiert auf der französischen Tragödie Zélmire von Dormont de Belloy aus dem Jahr 1762 und passt mit der Wiedereinsetzung der königlichen Familie genau in die politische Zeit Neapels. Hier hatten die österreichischen Truppen den Aufstand vom Juli 1820 beendet, bei dem die Carbonari dem König Ferdinand I. eine Verfassung abgenötigt hatten, und den König wieder als absoluten Monarchen des Königreichs beider Sizilien eingesetzt. Die Oper überträgt diese Geschichte in die graue Vorzeit auf die Insel Lesbos. König Azor, der die Macht unrechtmäßig an sich gerissen hat, wird ermordet aufgefunden. Antenore will die Macht übernehmen und plant gemeinsam mit seinem Vertrauten Leucippo, Zelmira, die Tochter des ehemaligen Königs Polidoro, des Mordes an Azor zu beschuldigen, den er selbst mit Leucippo geplant hat. Zelmira wird verdächtigt, den Tod ihres Vaters verschuldet zu haben, indem sie Azor sein Versteck preisgab und dieser den Ort niederbrennen ließ. Allerdings hat sie ihren Vater heimlich in der Gruft der Vorfahren versteckt, um ihn vor etwaigen Anschlägen zu bewahren. Als ihr Gatte Ilo aus dem Krieg um Troja zurückkehrt, gelingt es Antenore, ihn glauben zu lassen, dass Zelmira nicht nur den Tod ihres Vaters zu verantworten habe, sondern auch einen Anschlag auf sein Leben plane, da sie heimlich in Azor verliebt gewesen sei. Kurz darauf versucht sein Handlanger Leucipoo, Ilo zu töten, was Zelmira verhindert, indem sie ihm den Dolch entreißt. Leucippo gelingt es allerdings, Zelmira mit dem Dolch als Attentäterin zu beschuldigen und in den Kerker werfen zu lassen. Mittlerweile erfährt Ilo, dass Polidoro noch lebt, und beschließt, die Gattin zu retten. In letzter Minute kann er verhindern, dass Polidoro und Zelmira von Antenore und Leucippo getötet werden. Polidoro wird als rechtmäßiger König über Lesbos wieder eingesetzt.

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Schlussapplaus mit Sonnenblume: von links: Gran Sacerdote (Emmanuel Franco), Leucippo (Luca Dall'Amico), Antenore (Joshua Stewart), Polidoro (Federico Sacchi), Emma (Marina Comparato), Zelmira (Silvia Dalla Benetta), Gianluigi Gelmetti und Ilo (Mert Süngü)

Die Oper verzichtet auf eine Ouvertüre und startet direkt mit einer Introduktion, in der die Herren des von Mateusz Prendota einstudierten Górecki Chamber Choir stimmgewaltig ihr Entsetzen über den entdeckten Mord an Azor zum Ausdruck bringen. Luca Dall'Amico verleiht dem Intriganten Leucippo dabei einen dunklen, gefährlich klingenden Bass. Joshua Stewart verfügt als Antenore über einen kräftigen, strahlenden Tenor, der in den extremen Höhen allerdings leichte Intonationsprobleme hat. Gianluigi Gelmetti trumpft hier mit den Virtuosi Brunenses allerdings auch gewaltig auf, so dass es die Solisten in dieser Situation nicht immer leicht haben, über das Orchester zu kommen. Ruhigere Töne werden dann in der folgenden Kavatine des Polidoro angeschlagen, der sich in seinem Versteck nach seiner Tochter Zelmira sehnt. Federico Sacchi, der relativ kurzfristig als Polidoro eingesprungen ist, meistert die Kavatine mit sanft angelegtem Bariton. Ein weiterer Glanzpunkt ist das folgende Terzett mit Silvia Dalla Benetta als Zelmira und Marina Comparato als Zelmiras Vertraute Emma. Dalla Benetta begeistert durch einen leuchtenden Sopran, der in den Höhen enorme Strahlkraft besitzt. Comparato setzt mit warmem Mezzosopran ein stimmliches Gegengewicht. Mit Sacchis weichem Bariton finden die beiden Frauenstimmen zu einer bewegenden Innigkeit. Glänzen kann auch Mert Süngü in der folgenden Kavatine, in der er sich auf ein Wiedersehen mit seiner Gattin Zelmira freut. Süngü begeistert mit stupenden Spitzentönen und tenoralem Glanz.

Aufhorchen lässt auch ein bewegendes Duett im ersten Akt von Zelmira und Emma kurz vor dem ersten Finale, in dem Zelmira ihre Vertraute bittet, ihren Sohn in Sicherheit zu bringen. In Begleitung der Harfe und des Englischhorns gehen Comparatos warmer Mezzosopran und Dalla Benettas leuchtender Sopran unter die Haut. Erhalten bleibt in der Aufführung auch eine Arie der Emma zu Beginn des zweiten Aktes, die Rossini für die Interpretin in Wien, Fanny Eckerlin, eingefügt hatte, und in der Emma ihre Freude darüber äußert, dass Zelmiras Sohn in Sicherheit gebracht worden ist. Rossini hatte zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon Abstand von derartigen "Sorbetto-Arien", Arien für die kleineren Partien, genommen und soll von Eckerlins Darbietung noch nicht einmal begeistert gewesen sein. Dennoch erfreute sich die Arie im weiteren Verlauf so großer Beliebtheit, dass sie bei nahezu keiner Aufführung fehlte. Auch Comparato gelingt es, mit den Frauen des Górecki Chamber Choirs von den Qualitäten dieser Arie zu überzeugen. Sie punktet mit beweglichen Koloraturen, so dass man diese Nummer keinesfalls missen möchte.

Am Ende kann Dalla Benetta erneut mit strahlendem Sopran glänzen. Den anfänglichen Wunsch nach Linderung ihres Leides setzt sie mit sehr weichen, fast schon zerbrechlichen Tönen an, bevor sie in einen heroinenhaften Tonfall verfällt, wenn sie sich schützend vor ihren Vater stellt und bereit ist, ihn unter Einsatz ihres eigenen Lebens vor Leucippo zu verteidigen. Wenn dann Ilo mit seinen Truppen zur Rettung geeilt kommt, beginnt sie das zweite Finale mit stupenden Koloraturen. Süngü steht ihr in der Beweglichkeit der Stimme und den sauber ausgesungenen Spitzentönen dabei in nichts nach. Gianluigi Gelmetti erweist sich am Pult der Virtuosi Brunenses als feinfühliger Meister für Rossinis ernste Opern. So gibt es am Ende zu Recht frenetischen Beifall für alle Beteiligten.

FAZIT

Es ist schade, dass dieses Meisterwerk Rossinis so selten auf dem Spielplan steht und eigentlich nur bei Festspielen zu erleben ist. Diese Oper hätte einen Platz im Repertoire verdient.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gianluigi Gelmetti

Chor
Mateusz Prendota

 

Górecki Chamber Choir

Virtuosi Brunenses


Solisten

Polidoro, König von Lesbos
Federico Sacchi

Zelmira, seine Tochter
Silvia Dalla Benetta

Ilo, Gatte Zelmiras
Mert Süngü

Antenore, Fürst von Lesbos
Joshua Stewart

Emma, Vertraute Zelmiras
Marina Comparato

Leucippo, Vertrauter Antenores
Luca Dall'Amico

Eacide, Trojanischer Offizier
Xiang Xu

Gran Sacerdote
Emmanuel Franco

Volk von Lesbos, Krieger von Mytilene,
Gefolge von Ilo, Priester des Zeus,
Mädchen aus Zelmiras Gefolge
Chor

 


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