Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum



Klavierfestival Ruhr 2019

Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal, 2. Juli 2019



Sir András Schiff
Homepage
Klavierfestival Ruhr

Die Innerlichkeit einer neuen Zeit

Von Stefan Schmöe

Optisch gewagt: Statt des üblichen Steinway steht ein rotbrauner Bösendorfer auf der Bühne des Robert-Schumann-Saals in Düsseldorf, die Maserung stark hervorgehoben, im gedämpften Licht ästhetisch nicht wirklich gut harmonierend mit dem Holz des Raumes. Man mag nicht recht hinschauen. Das ist mehr als ein Detail am Rande: Ungeachtet des visuellen Geschmacksurteils setzt sich András Schiff hier bewusst ab von der gewohnten Konzertkultur mit dem auf Hochglanzschwarz polierten Steinway. Dieser Bösendorfer lässt an Hausmusikabende im Salon der Schubertzeit denken, und, verbunden mit András Schiffs superber Anschlagkultur, klingt er ungeheuer weich, ist warm auch in den Klangfarben. Er füllt den Konzertsaal, zeigt aber gleichzeitig ein intimes Klangbild, mehr Kammermusik als großes Konzert.

Foto

Fotos vom Konzert gibt's leider nicht, aber den Bösendorfer-Flügel in eigenwilliger Farbgebung haben wir im Bild festgehalten. (Foto: C. Windhoff)

Auf dem Programm stehen drei Sonaten von Franz Schubert, die Nummern 16 bis 18, komponiert in den Jahren 1825 und 1826. Man bedenke, dass Ludwig van Beethoven, Übervater der Klaviersonate, da noch lebte, und als Schuberts Sonaten gedruckt wurden, mussten sie sich natürlich dieser Konkurrenz stellen. Schiff hebt, freilich immer mit überlegenem Blick auf die Architektur Schuberts, die Unterschiede hervor, das Liedhafte und Gesangliche, das romantisch Verträumte, ohne sich jedoch auch nur einen Moment im Träumen zu vergessen. Im Kopfsatz der a-Moll-Sonate D845 nimmt er das hämmernde Achtelmotiv mit dem markanten Oktavfall, das den Satz unheimlich durchzieht, nicht mit titanischer Wucht wie bei Beethoven, sondern federnd, die zweite Note zurückgenommen, ohne das Gewicht der Figur zu mindern. Und Schiff nimmt das Tempo dieses Moderato-Satzes eine Idee langsamer, das Thema des folgenden Andante poco mosso eine Spur schneller als erwartet (die folgenden Variationen dagegen wieder verhaltener, die geforderte Virtuosität nur nebensächlich zeigend, den wiegenden Grundrhythmus betonend), sodass der klassische Kontrast zwischen schnellem ersten und langsamem zweiten Sonatensatz ein wenig abgeschwächt wird. Das sind kleine Verschiebungen, die einen großen Unterschied machen.

Der Gestus von Schiffs Spiel ist ein verinnerlichter, als spiele er nicht für ein großes Publikum, sondern frei für sich. Bezeichnend die letzten Takte der G-Dur-Sonate D894, die Schiff sanft verhallend im Raum stehen lässt - ein nachdenkliches Konzertende, das innerlich fortschwingt. Wohldimensioniert sind die Kontraste proportioniert: Forte und Fortissimo sind energiegeladen, ohne den intimen Rahmen zu sprengen, Piano und Pianissimo immer noch substanzvoll. Das ist bis ins Detail souverän ausgehört. Man möchte Schiff nach diesem Abend mit dem gleichen Programm an einem historischen Hammerklavier hören, das sicher Pate gestanden hat für diese Interpretation, die den Originalklang fortdenkt, die verbesserten technischen Möglichkeiten des Klavierbaus nutzt, aber im Grundsatz bei Schuberts klanglichem Denken verweilt.

Schiff bleibt den ganzen Abend konsequent diesem Ideal verhaftet, großartig in der Beherrschung der Mittel wie in der überlegenen Stilsicherheit. Auch dadurch verschmelzen die drei Sonaten zu einer Trias. Wäre der Begriff "biedermeierlich" nicht so abfällig-spöttisch besetzt, man könnte ihn für die Interpretation verwenden. Natürlich gilt das für das naive Thema des Rondo-Finales der D-Dur-Sonate 850. Schiff spielt mit elegantem Legato, wie mit einem milden Lächeln über diese wie für einen Anfänger komponierte Sonatinen-Melodie, mit der Schubert den Hörer in Sicherheit wiegt. Das ist Musik, die bei allem Traditionsbewusstsein eigene Wege geht. So recht wollten die Zugaben da nicht passen, die Ungarische Melodie D 817 als Miniatur noch eher als das (nicht ganz auf gleicher interpretatorischer Höhe gespielte) As-Dur-Impromptu op.142/3 (D935). Es war auch vielleicht allein die Höflichkeit, die Schiff überhaut Zugaben spielen ließ, denn mit den drei Sonaten war an einem großen Klavierabend längst alles gesagt.




Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)
Klavierfestival Ruhr 2019
Düsseldorf, Robert-Schumann-Saal
2. Juli 2019


Ausführende

András Schiff, Klavier


Programm

Franz Schubert:

Sonate Nr. 16 a-Moll D 845
Sonate Nr. 17 D-Dur D 850 "Gasteiner"


- Pause -

Sonate Nr. 18 G-Dur D 894


Zugaben:

Franz Schubert:
Ungarische Melodie D 817
Impromptu As-Dur op. 142/3 (D935)





Klavierfestival Ruhr 2019 -
unsere Rezensionen im Überblick



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Klavierfestival Ruhr
(Homepage)








Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Konzert-Startseite E-Mail Impressum
© 2019 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: konzerte@omm.de

- Fine -