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Vom Wasser übers Land in die Luft
Von Thomas Molke / Fotos: © Wilfried Hösl Marlis Petersen gehört zu den gefragten Sopranistinnen, die seit einiger Zeit als regelmäßiger Gast bei namhaften Festspielen wie Salzburg, Bregenz und Aix-en-Provence und an den großen Opernhäusern wie der Wiener Staatsoper, der Metropolitan Opera New York, dem Royal Opera House Covent Garden und der Opéra national de Paris zu erleben ist. Dabei begeistert sie nicht nur im klassischen Repertoire von Mozart bis Strauss, sondern hat auch bedeutende Uraufführungen wie Hans Werner Henzes Phaedra in Berlin und Aribert Reimanns Medea in Wien geprägt. Bei den diesjährigen Opernfestspielen in München übernimmt sie nicht nur die Titelpartie in Strauss' Salome, sondern gestaltet auch noch mit dem Pianisten Camillo Radicke einen Liederabend, den sie Dimensionen: Anderswelten genannt hat. Dabei beschäftigt sie sich mit fabelhaften Wasser- und Luftwesen und hat eine Vielzahl von Liedern ausgewählt, in denen diese Figuren besungen werden oder selbst zu Wort kommen. Als Einstieg in das Programm wählt sie ein von Hans Pfitzner vertontes Gedicht von Joseph von Eichendorff, Lockung. Darin rät der Dichter, sich dem Zauber der Natur hinzugeben und hinabzusteigen in die Tiefen des Flusses. Dieser Einladung folgt man bei den nahezu tropischen Temperaturen gerne, lautet doch das Versprechen: "hier ist's so kühl". Die folgenden Lieder hat Petersen dann thematisch in vier Teile geteilt, die jeweils mit einem von ihr eindrucksvoll vorgetragenen Gedicht eingeleitet werden. Marlis Petersen und Camillo Radicke Die ersten sechs Lieder sind den Nixen und dem Nöck, einem Wassermann, gewidmet und beschreiben die Welt der Wesen, die in den Tiefen des Wassers leben. Die Texte zu den Liedern sind zwar allesamt im Programmheft abgedruckt. Petersen verfügt jedoch über eine so deutliche Diktion und großartige Betonung, das jedes Wort zu verstehen ist und man den Text nicht mitlesen muss. Hervorzuheben ist in diesem Teil der lautmalerische Klang in Edvard Griegs Mit einer Wasserlilie, den Radicke am Klavier erzeugt. Hier glaubt man, im fließenden Spiel des Pianisten tatsächlich das Rauschen des Wassers zu vernehmen. Eindrucksvoll gelingt auch die Erzählung Der Nöck, die von Carl Loewe vertont worden ist. Hier begeistert Petersen durch eine großartige Intonation und lotet die unterschiedlichen Stimmungen, die in dieser Erzählung mitschwingen, differenziert aus. Mit einer gewissen Komik präsentiert Petersen das Lied Ich fürcht' nit Gespenster, das Christian Sinding auf einen Text von Gottfried Keller vertont hat. Hier stellt Petersen mit überzeugendem Selbstbewusstsein einen Menschen dar, der sich von den Wasserwesen nicht hat verführen lassen. Marlis Petersen und Camillo Radicke beim Schlussapplaus Im zweiten und dritten Teil des Abends beschäftigt sich Petersen mit den Elfen. Auch hier begeistert sie neben präzisem Gesang mit großer Komik. Zu nennen ist hier das Elfenliedchen von Nikolai Medtner, in dem die Elfe als neugieriges und äußerst lebhaftes Wesen beschrieben wird. Hier tanzt nicht nur die Elfe, sondern auch Petersens Sopran. Großartige Variationen präsentiert Petersen dann in Carl Loewes Irrlichter. Hier kommen ganz unterschiedliche Wesen zu Wort, die aufgeregt von ihren Erlebnissen erzählen. Im Elfenlied von Hugo Wolf steckt Petersen am Ende sogar den Kopf ins Klavier, um zu zeigen, dass die kleinen Gestalten bisweilen auch ein wenig unvorsichtig sind. Mit großartig flexiblen Läufen punktet sie dann in Die Sylphide von Carl Loewe und zeigt die ganze Bandbreite ihres großen Soprans. Auch in den Liederseelen von Hermann Zumpe schlüpft sie überzeugend in unterschiedliche Charaktere. Kurz vor der Pause trägt sie noch ein weiteres Gedicht vor, das sie wohl selbst geschrieben hat, da sie darin in poetischer Sprache dazu einlädt, in der Pause doch ihre CDs am Stand zu erwerben, die sie selbstverständlich am Ende der Vorstellung signieren werde. Der letzte Teil des Abends handelt von den Nordlichtern. Ein Großteil der Lieder ist hier nicht in deutscher Sprache und stammt von Komponisten aus dem skandinavischen Raum. Auch wenn man kein Wort versteht, den Text also im Programmheft nachlesen muss, glänzt Petersen mit großartigem Ausdruck. Hervorzuheben ist die Dramatik in Fylgia von Wilhelm Stenhammar. Hier fleht das lyrische Ich den Geist an, nicht zu fliehen. Auch das letzte Lied Hamraborgin von Sigvaldi Kaldalóns, das noch einmal den ganzen Glanz der Nordlichter beschreibt, wird dramatisch von Petersen umgesetzt. Sehr leise und traurige Töne findet sie in dem melancholischen Lied Kesäyö von Aare Merikanto. Als Zugabe widmet sich Petersen dann noch einem weiteren Fabelwesen, dem Troll. Dafür hat sie selbst einen Text verfasst, der von Gregor Hübner, der an diesem Abend auch im Saal anwesend ist, vertont worden ist. Hier zeigt Petersen erneut nicht nur ihre stimmlichen und komödiantischen, sondern auch ihre poetischen Qualitäten. Das Publikum bedankt sich mit großem Applaus. FAZIT Marlis Petersen gelingt mit Camillo Radicke am Klavier eine beeindruckende Reise durch die Welt der fabelhaften Luft- und Wasserwesen. Weitere Rezensionen zu den Münchner Opernfestspielen 2019
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AusführendeMarlis Petersen, Sopran Camillo Radicke, Klavier
ProgrammHans Pfitzner Nixen und Nöck Hans Sommer Edvard
Grieg
Hermann Reutter
Carl Loewe Christian
Sinding Harald Genzmer Elfen I Max
Reger Bruno
Walter
Nikolai Medtner Julius
Weismann Carl Loewe Johannes
Brahms Elfen II Hugo Wolf
Friedrich Gulda
Carl Loewe
Franz Schreker Hermann Zumpe
Alexander Zemlinsky Nordlichter
Carl Nielsen Christian
Sinding
Wilhelm Stenhammar Aare Merikanto Yrjö Henrik Kilpinen Sigvaldi
Kaldalóns
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