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Salzburger Festspiele 2019

Adriana Lecouvreur


Oper in vier Akten (1902)
Libretto von Arturo Colautti nach dem Schauspiel Adrienne Lecouvreur (1849) von Eugène Scribe und Ernest Legouvé
Musik von Francesco Cilea


In französischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Aufführungsdauer: ca. 3h 10' (eine Pause)


Premiere der konzertante Aufführung am 28. Juli 2019 im Großen Festspielhaus Salzburg

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Salzburger Festspiele
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Divenkrieg auf der Festspielbühne

Von Joachim Lange / Fotos © Salzburger Festspiele / Marco Borelli

Das war ganz große Oper! Und dabei musste sich niemand über irgendwelche Verrenkungen der Regie aufregen. Es gab sie nämlich nicht - Adriana Lecouvreur ist der konzertante Edelstein im Reigen des illustren Opernspielplanes des aktuellen Salzburger Festspieljahrgangs. Die Netrebko an der Salzach ist allerdings per se ein Galatermin. Aktuell wechselt sie in ihrem Terminkalender zwischen ihren derzeitigen Rollen-Favoritinnen: Maddalena in Andrea Chénier (Wien), Leonora in La forza del destino, Tosca (London), Leonora im Trovatore (Verona) und Verdis Lady Macbeth (nach Berlin jetzt auch an der Met). Adriana Lecouvreur steht für Netrebko szenisch an der Met in New York und an der Deutschen Oper Berlin im Plan. Der Auftritt in Salzburg passt sich da also wunderbar ein. Ihre eigentlich geplanten Auftritte als Elsa im Bayreuther Lohengrin wäre da etwas aus dem Rahmen gefallen.

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Anna Netrebko

Anna Netrebko nimmt für sich längst das Privileg in Anspruch, in ihrem Fach machen zu können, was sie will. Und mit wem und wo sie es will. Dazu gehört auch: eine Rolle zurückzugeben, wenn sie sie (noch) nicht mag. Was sie dann aber macht, das kann sie auch. Selbst wenn es ein Ausflug in die Arena von Verona ist. Gerade konnte man auf gleich mehreren Fernsehkanälen zuschauen, wie Franco Zeffirellis überbordende Kostüm- und Ausstattungsopulenz für Verdis Trovatore durch ihren Auftritt als Leonora geadelt wurde. Sogar hoch zu (echtem) Ross! Wenn verordnetes Rampenpathos bei anderen wie ein unfreiwilliger Witz wirkt, dann haben solche Auftritte bei Netrebko immer noch einen Eigenwert. Sie sind nicht nur Parodie, sondern auch eine Demonstration von Können. Es geht eben auch so - ist die Botschaft.


Vergrößerung in neuem Fenster Yusif Eyvazov und Anna Netrebko

Die Tankstelle ist das Ende. Sie ist die Konsequenz, in die hinein Simon Stone die Geschichte der Medea Netrebko hat noch jede Rollen-Neuerkundung zu einem vokalen Triumph gemacht, bei dem selbst konzertante Auftritte zu einer eigenen Inszenierung werden. Trotz des um sie entfalteten Rummels gelingt es ihr noch jedes Mal, den Hype vergessen zu machen, sobald sie die Bühne betritt. Es ist das Charisma einer Ausnahmekünstlerin, das von einer Mischung aus Vollprofi und Bodenhaftung profitiert. Dazu gehört für sie übrigens auch, dass man nicht - wie üblich geworden - erst einen Recherche-Umweg machen muss, um rauszukriegen, dass sie 1971 in Krasnodar geboren wurde. Bei ihr steht das in der Biographie im Programmheft. In Salzburg ist es im Grunde egal, was die Netrebko singt. Hier hat sie sozusagen Hausrecht. Auf dieser - auch ganz wortwörtlich genommenen - großen Bühne wurde die damals 31jährige Russin in Mitteleuropa das erste Mal richtig wahrgenommen. Als die damals fast zarte Anna loslegte, war das einer jener seltenen Momente, von denen man augenblicklich wusste, dass er zur Kategorie a-star-was-born gehören würde. Annas Donna Anna war die Sensation der Festspiele! Und Salzburg für sie Liebe auf den ersten Blick. Die wurde dann in den Folgejahren in vielen Rollen gehörig zelebriert, was soweit ging, dass die Russin einen österreichischen Pass bekam.

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Anita Rachvelishvili (links), Anna Netrebko

In Francesco Cileas (1866-1950) Opern-Schmachtfetzen aus dem Jahre 1902 singt Netrebko jene Tragödin, die sich mit einer Rivalin um einen Mann streitet. Dabei bleibt sie - nach ein paar operntypischen Umwegen - auf der Strecke. Sie stirbt am Ende, weil sie an ein paar vergifteten Veilchen schnuppert, die ihr die Rivalin als späte Rache schicken lässt. Und die dummerweise kurz vor dem Geliebten eintreffen, der ihr die Blumen angeblich geschickt hat, um endgültig Schluss zu machen. Fake-news mit Todesfolge also. Beim Librettisten Arturo Colautti ist das Ganze im Einzelnen so plausibel wie heute jede TV-Vorabendserie. Etwa wenn die berühmte Schauspielerin und die mächtige La Principessa di Bouillon nebeneinanderstehen, miteinander reden und sich dennoch nicht erkennen. Konzertant reicht da tatsächlich ein Schleier. Musikalisch ist die 1902 in Mailand uraufgeführte Oper eher ein Blick zurück. Vor allem für die beiden Frauen im Stück aber ein Fest und die Steilvorlage für einen wenn auch augenzwinkernden Divenkrieg vom Feinsten.

Und gerade in dieser Szene brennt die Luft in Salzburg. An der Seite von Anna Netrebko ist nämlich Anita Rachvelishvili jene Fürstin von Bouillon, die auf den von Adriana geliebten Mauricio scharf ist. Es spricht entschieden für Anna Netrebkos Seriosität und ihre Teamfähigkeit, dass sie bei einem solchen Aufritt eine "Gegnerin" auf Augen- bzw. Ohrenhöhe sucht. Denn auch die Georgierin verschlägt dem Publikum von der ersten Arie an den Atem. Wie vor allem die beiden Frauen hier demonstrieren, was sie an vokaler Gestaltungsmöglichkeit drauf haben, ist atemberaubend. Die Netrebko imponiert nicht nur mit ihren auch im Piano leuchtenden Spitzentönen, sie hat längst eine nachgedunkelte Tiefe hinzugewonnen und setzt auch die gestaltend in mühelosem Wechsel ein. Alles mit spielerischer Leichtigkeit.


Vergrößerung in neuem Fenster Ensemble

Die große Show mit wechselnden Roben (bei Anna von türkis- über orange bis anthrazit) gibt' hier vor allem bei den Damen sozusagen gratis dazu. Es ist schon toll, wie sie selbst die kleine Reaktion auf einen Szenenapplaus einbaut ohne aus der Rolle zu fallen. Da werden die Männer fast zur Nebensache. Auch der Maurizio. Mit Yusuf Eyvazov ist Netrebko seit 2015 verheiratet. Sein Tenor ist sicher und kraftvoll, aber von einem metallischen Timbre, das man schon mögen muss. Als Freund Michonnet bewährt sich vor allem der exzellent Nicola Alaimo an der Seite Adrianas. Auf der Bühne dirigiert Marco Armiliato das Mozarteumorchester, das bei diesen Stimmkalibern nicht nur auf Präzision setzt, sondern auch mal die Lautstärkezügel schießen lässt, ohne dass dabei jemand untergeht. Es war ein Triumph der beiden Frauen, die alle anderen mitrissen. Auf der Bühne und im Saal.

Für einen kleines Skandälchen sorgte Anna Netrebkos Absage der zweiten Aufführung. Dort muss sich, dem Vernehmen nach, ein Teil Publikums, der nur wegen ihr Karten erstanden hatte, so daneben benommen und auch noch ihren Mann beschimpft haben, dass sich die Salzburger Nachrichten zu einer geharnischten Standpauke veranlasst sahen. Nach eigener Aussage hatte sich Netrebko wahrscheinlich durch die Klimaanlage erkältet, sang dann aber die dritte der vorgesehenen Aufführungen wieder. Etwas weniger Verständnis (allerdings ohne irgendwelche Ausraster, sondern eher mit einem gelassenen Na und? garniert) erntete sie für ihre Absage (wegen "Erschöpfung und auf Anraten der Ärzte") der Elsa in Bayreuth. Man war gespannt wie sie sich nach dem Dresdner Probelauf jetzt im Festspielhaus der Rolle stellen würde. Sie wird das auch nicht nachholen. Nun, dann eben nicht.


FAZIT

In der konzertanten Aufführung von Adriana Lecouvreur schlagen jedenfalls vor allem Anna Netrebko und Anita Rachvelishvili das Publikum in ihren Bann.






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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Marco Armiliato

Chor
Walter Zeh



Philharmonia Chor Wien

Mozarteumorchester Salzburg


Solisten

Adriana Lecouvreur
Anna Netrebko

Maurizio, conte di Sassonia
Yusuf Eyvazov

La principessa di Bouillon
Anita Rachvelishvili

Michonnet
Nicola Alaimo

Il principe di Bouillon
Mika Kares

L'abate di Chazeuil
Andrea Giovannini

Mlle Jouvenot
Alina Adamski

Mlle Dangeville
Valentina Pluzhnikova

Quinault
Ricardo Bjórquez

Poisson
Josh Lovell


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