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Salzburger Pfingstfestspiele
07.06.2019 - 10.06.2019

La morte d'Abel

Azione sacra in zwei Teilen 
Libretto von Pietro Metastasio
Musik von Antonio Caldara

in italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 25' (eine Pause)

Sonntag, 9. Juni 2019, 11.00 Uhr
Stiftung Mozarteum - Großer Saal

 

 

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Brudermord in barockem Klang

Von Thomas Molke / Foto: © Marco Borrelli

Der Venezianer Antonio Caldara reiht sich heute in die Riege der Barockkomponisten ein, die größtenteils dem Vergessen anheim gefallen sind. Dabei hat er nach einen Erfolgen in Italien ab 1716 das Wiener Musikleben gut zwanzig Jahre bestimmt und mit seinen zahlreichen Kompositionen dem Wiener Hof zu einer ungeheuren kulturellen Blüte verholfen, obwohl er in den ersten Jahren lediglich als Vize-Kapellmeister neben Johann Joseph Fux tätig war. Vielleicht lag es allerdings auch an dieser festen Stellung, dass sein Ruhm sich nicht so über Europa verbreitete wie der seiner Zeitgenossen Georg Friedrich Händel und Alessandro Scarlatti. Seine über 90 Opern und Oratorien schlummern zum großen Teil noch in irgendwelchen Archiven alter Fürstenhäuser. Von seinem 1732 für die Karwoche am Wiener Hof komponierten Oratorium La morte d'Abel gibt es neben dem Autograph, der sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien befindet, immerhin eine zeitgenössischen Abschrift in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Für das diesjährige Motto der Salzburger Pfingstfestspiele, "Voci celesti", ist die Wahl auf dieses Oratorium gefallen, da der Starkastrat Farinelli für die Aufführung 1732 extra nach Wien gekommen war, um die Partie des Abel zu übernehmen.

Das Libretto stammt von Pietro Metastasio, dessen Operntexte südlich und nördlich der Alpen die Opernbühnen im 18. Jahrhundert beherrschten und der ab 1730 als Hofpoet in Wien tätig war. In dieser Zeit entstanden auch sieben seiner insgesamt acht Oratorientexte. Zu Farinelli pflegte Metastasio ein besonders freundschaftliches Verhältnis, seit er 1720 den Sänger im Alter von 15 Jahren bei seinem Debüt als Tirsi in der Oper L'Angelica, Metastasios erstem großem Bühnenwerk, erlebt hatte. Vielleicht war das auch ein weiterer Grund für Farinelli, 1732 der Einladung nach Wien zu folgen, obwohl keine Oper auf dem Programm stand, bei der er seine vokale Virtuosität zur Schau stellen konnte. Kaiser Karl VI. hatte nämlich angeordnet, sanftere Töne anzuschlagen, da es sich ja schließlich um ein Oratorium in der Karwoche handele, bei dem von dem im Alten Testament berichteten Mord Kains an seinem Bruder Abel eine Parallele zum Erlösertod gezogen werden solle. So folgte Caldara ganz der kirchenmusikalischen Tradition und verzichtete auf eine exaltierte Vertonung. Bereits die Ouvertüre beginnt in einem schwerfälligen, düsteren f-Moll, das die Zuhörer schon am Anfang das tragische Ende erahnen lässt. Im weiteren Verlauf wird diese Tonart immer wieder aufgegriffen.

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Schlussapplaus: von links: Abel (Lea Desandre), Angelo (Nuria Rial), Eva (Julie Fuchs), Gianluca Capuano, Adamo (Nahuel Di Pierro), Caino (Christophe Dumeaux) und Markus Obereder, dahinter: Il canto di Orfeo und der Bachchor Salzburg

Die Partie des Abel ist mit der jungen französisch-italienischen Mezzosopranistin Lea Desandre besetzt, die über einen weichen, jugendlichen Mezzo verfügt, der in den hohen Tönen große Strahlkraft besitzt. Die Unschuld des von Gott begünstigten Bruders wird von Desandres lieblicher Stimme wunderbar transportiert. Jedwede Missgunst scheint diesem Abel fremd zu sein. Mit großer Beweglichkeit setzt sie die erste Arie Abels an, "Quel buon pastor son io", in der Abel sich als seine Herde liebender Hirte bezeichnet und die im Text einen direkten Bezug zum Johannesevangelium enthält, um eine Verbindung zwischen Abel und Christus herzustellen. In starkem Kontrast zu dieser weichen Stimme steht der Countertenor von Christophe Dumeaux als Caino. Dumeaux verfügt über eine dunkel gefärbte Leuchtkraft in den Höhen, die deutlich macht, dass er nicht die Reinheit seines Bruders besitzt. Schon in seiner ersten Arie, "Alimento il mio proprio tormento", lässt er seinem Neid auf seinen Bruder mit flexibel gestalteten Koloraturen freien Lauf. Da helfen auch Evas besänftigende Worte nichts. Mit rundem, warmem Sopran versucht sie, Caino immer wieder klar zu machen, dass er in Abel keinen Rivalen sehen, sondern ihn als Bruder lieben soll. Schon in ihrer ersten Arie wird jedoch ihre Sorge deutlich, dass die Rivalität zwischen den beiden Söhnen kein gutes Ende nehmen wird.

Nuria Rial tritt als Angelo bereits im ersten Teil auf und ermahnt Caino, von seinem Vorhaben des Brudermords abzulassen. In einer bewegenden Arie wirft sie ihm vor, die Schuld für eigene Fehler immer bei anderen zu suchen. Rial punktet hierbei mit strahlenden Höhen und beweglicher Stimmführung. Leider ist ihre Ansprache genauso erfolglos wie die Evas. Abel ist entsetzt, dass sein Bruder nicht mit ihm opfern will, und steigert mit seiner zweiten Arie die Wut des Bruders noch, wenn er ein Gleichnis von einer Biene und einer Schlange besingt. Während sich bei der Biene die aufgenommene Flüssigkeit in Honig verwandelt, wird es bei der Schlange jedoch zu Gift. Damit scheint Abel sein Schicksal endgültig besiegelt zu haben. Erst jetzt tritt Adamo auf. Nahuel Di Pierro gestaltet ihn mit profundem und beweglichem Bass. Doch auch seine Autorität kann bei Caino nichts bewirken. Caino beschließt, mit seinem Bruder zum Opfer auf das Feld zu gehen. Während Abel voller Freude ist, dass sein Bruder endlich einlenkt, ist Adamo der einzige, der ahnt, dass etwas Schlimmes passieren wird.

Abels letzte Arie, in der er Abschied von seiner Mutter Eva nimmt, geht in Desandres Interpretation unter die Haut. Auch Eva scheint zu ahnen, dass sie den Sohn nicht hätte gehen lassen sollen, und macht sich anschließend große Vorwürfe. Angelo verflucht in einer großen Arie Caino für den Brudermord. Eine musikalische Besonderheit gibt es dann in Cainos letzter Arie, "Del fallo m'avvedo", in der er seine Schuld erkennt und Reue zeigt. Während bei dem Rest das für die Karwoche übliche Instrumentarium aus Streichern und Basso continuo eingesetzt wird, wird bei dieser Arie zusätzlich eine Posaune verwendet, mit der gewissermaßen der göttliche Richtspruch über Caino ertönt. Dass bei dieser Arie zusätzlich F-Dur verwendet wird, soll eine erneute Parallele zwischen dem Tod Abels und Christi andeuten, da dieser Tod ja schließlich Voraussetzung für die Wiederauferstehung gewesen ist. Das Ende der beiden Teile gehört jeweils dem Bachchor Salzburg, der mit homogenem Klang den kirchlichen Charakter des Werks unterstreicht. Gianluca Capuano lotet mit dem 2005 von ihm gegründeten Ensemble Il canto di Orfeo die Feinheiten der Partitur pointiert aus, so dass es am Ende großen Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Caldaras Oratorium vermittelt einen Eindruck, welche musikalischen Schätze bei diesem Komponisten in den Archiven noch auf ihre Entdeckung warten.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gianluca Capuano

Choreinstudierung
Markus Obereder

 

Il canto di Orfeo

Bachchor Salzburg

 

Solisten

Adamo
Nahuel Di Pierro

Eva
Julie Fuchs

Caino
Christophe Dumeaux

Abel
Lea Desandre

Angelo
Nuria Rial

 

 

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Salzburger Pfingstfestspiele
(Homepage)



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