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Musikfestspiele
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Salzburger Festspiele 2019

Der Gesang der Zauberinsel
oder: wie der rasende Roland wieder zu Verstand kam


Oper für Kinder von Marius Felix Lange
Text vom Komponisten
Auftragswerk der Salzburger Festspiele

In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 15' (keine Pause)


Eine Neuproduktion der Salzburger Festspiele im Rahmen des Young Singers Project 2019
Uraufführung am 26. Juli 2018 in der Großen Universitätsaula Salzburg
(rezensierte Aufführung: 06. August 2018)

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Salzburger Festspiele
(Homepage)

Opernkomponisten sind schon komische Leute

Von Stefan Schmöe / Fotos © Salzburger Festspiele /Erika Meyer

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Komponist Dr. Roland Angerer zwischen Wirklichkeit und Opernwelt

Immerhin ist die Musik zauberhaft. Marius Felix Lange hat im Auftrag der Salzburger Festspiele eine Oper komponiert, die sich grob an Händels Alcina anlehnt (die als Wiederaufnahme von den Pfingstfestspielen - unsere Rezension - derzeit auch in Salzburg zu sehen ist). Mit einem Kammerorchester hat Lange berückend schöne Töne gefunden, mit Celesta und Harfe, Vibraphon und Glockenspiel, und als Kontrast dazu Fagott, Kontrafagott und Bassklarinette. Eine Musik der extremen Lagen, die ihre Unwirklichkeit nicht zuletzt aus dem instrumental ausgedünnten mittleren Tonbereich erhält und die unmittelbar in ihren Bann zieht und das Zeug hat, über die Spieldauer von rund 75 Minuten zu tragen. Lange hat u.a. mit der Schneekönigin schon einmal gezeigt, dass er fesselnde Opern für junges Publikum schreiben kann, die trotz der hier beschränkten Mittel (ihm stehen hier gerade einmal 14 Instrumentalisten zur Verfügung) großformatig klingt, aber nicht anbiedernd, und die für Kinder wie für Erwachsene erheblichen Reiz entwickelt. Der junge Dirigent Ben Glassberg leitet das ausgezeichnete Instrumentalensemble umsichtig und mit viel Gespür für die Facetten dieser Musik.


Vergrößerung in neuem Fenster Alcina ist offensichtlich eine Königin der Nacht; zu ihren Füßen der Komponist Dr. Roland Angerer als ritterlich rasender Roland

Die Probleme liegen beim Libretto, das Lange selbst verfasst hat. Er bettet die Märchengeschichte von der Zauberin Alcina ein in eine Realhandlung, in der ein Komponist namens Dr. Roland Angerer mit seiner Tochter Angelika bereits für die Aufführung probt, dabei in die Welt der Zauberoper hineingerissen wird. Die Verschränkung beider Sphären gelingt wenig überzeugend, inhaltlich allzu schwer verständlich, und musikalisch findet Lange keine Mittel (versucht es auch kaum), beide Welten zu charakterisieren - seine Musik ist eindeutig die der Zauberinsel. Und Puccinis bekanntes Verdikt, ein gutes Theaterstück müsse man notfalls auch in einer fremden Sprache verstehen können, hätte ja gerade bei einer Oper für Kinder Relevanz - die zwischenzeitliche Unruhe im Publikum zeigt schnell an, welchen Passagen die notwendige inhaltliche Stringenz fehlt. Dann geht Lange die szenische Fantasie durch und er lässt es an Stringenz vermissen, ein dramaturgisch ziemlich alberner Ausflug zum Mond gehört in diesen Bereich Dazu kommen ein paar Missgriffe in Stilfragen. Es gibt einen "Hyppogryph", eine Mischung aus Pferd und Vogel, der permanent urinieren muss - was lustig sein soll, aber bei aller Ironie (die das Stück nicht braucht, Lange aber womöglich als Selbstschutz einbauen wollte) dann doch in den Bereich der Geschmacklosigkeit fällt (nebenbei: das musikalische Motiv dafür, die Musikwissenschaft darf es dereinst als "Pinkelmotiv" bezeichnen, eine absteigende Skala, erinnert an den "Goldregen" aus Strauss' Liebe der Danae). Und ob ein Ritter unter der Rüstung durchgeschwitzt ist oder nicht, möchte man als Publikum lieber auch nicht so genau wissen. Und schließlich baut Lange in der Rahmenhandlung einen Flüchtling ein, der keine Noten lesen kann (oho, schlecht integriert!), aber ein Schlaflied aus seiner persischen Heimat so berückend schön singt, dass er im entscheidenden Moment alle in den Schlaf führt (aha, kulturelle Diversität als Chance!). Sagen wir mal: Total gut gemeint.

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Flug zum Mond: Angelica, der Hippogryph und Mirza

Zum erschwerten Verständnis der Handlung trägt die schlechte Textverständlichkeit bei, teils aufgrund der halligen Akustik der Universitätsaula wegen (wo gesungener Text noch einmal unverständlicher erklingt als anderswo), noch mehr aber aufgrund der miserablen Textbehandlung des grandios singenden, aber unzureichend artikulierenden jungen Ensembles - nicht zum ersten Mal leidet eine Kinderoper daran, dass eine internationale Besetzung sich tapfer, aber trotz Sprachcoach nicht sehr erfolgreich mit der ungewohnten deutschen Sprache abmüht. Stimmlich bleiben kaum Wünsche offen. Joanna Kędzior ist eine kühl-silbrig strahlende, großformatige Zauberin Alcina mit blendender Höhe, die mit diesem Auftritt Ansprüche auf größere Rollen anmeldet. Den von ihr verzauberten Ruggiero gibt James Ley mit sicherem, nicht zu leichtem Tenor, seine nach ihm suchende Geliebte Bradamante singt Carmen Artaza mit jugendlichem, gleichwohl vollem, beweglichem Mezzosopran. Sarah Shine hat als Angelica burschikosen Charme; die hübsche Stimme ist nicht allzu groß, aber sauber geführt. Joel Allison gestaltet den Komponisten mit komischer Verzweiflung und solidem Bariton. Benson Wilson als persischer Flüchtling Mirza verfügt über einen klangschönen, liedhaft geführten Bariton. Beeindruckend Countertenor Iurii Iushkevich als blasenschwacher Hippogryph mit hinreißender Höhe.


Vergrößerung in neuem Fenster Ritter im Unterhemd: Ruggiero (hinten: Angelica)

Die Universitätsaula vis-à-vis den Festspielhäusern ist sicher keine ideale Lösung für eine Kinderoper, die ein "richtiges" Theater mit Vorhang, Orchestergraben und nicht zuletzt einer angemessenen Bühnenmaschinerie verdient hätte. Das Team um Regisseur Andreas Weirich macht eine Menge aus den beschränkten Möglichkeiten, angefangen bei den fantasievollen Kostümen (Ausstattung: Katja Rotrekl) über die eindrucksvollen Videoeinblendungen (Fabian Kapo) bis hin zum raffinierten Gebrauch der Bühne mit wehenden Tüchern schafft viel Zauberatmosphäre - es gibt eine Menge zu sehen. Auf der sinnlichen Seite liegen die Schwierigkeiten dieser Produktion jedenfalls nicht. Auch mit dem Wechsel der Stilebenen kommt die Regie ganz gut klar, da werden auch schon mal nicht ohne Witz Notenständer als Waffen beim Gefecht eingesetzt. In solchen Momenten ist dann auch das junge Publikum von der Zauberinsel gefangen.


FAZIT

Kinderoper mit Schönheitsfehlern: Eine allzu bemüht konstruierte, dadurch nicht immer leicht verständliche Handlung und schlechte Textverständlichkeit stehen einer ausgesprochen farbigen Musik und fantasievollen Inszenierung gegenüber. Gesungen und musiziert wird festspielwürdig.






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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Ben Glassberg

Inszenierung
Andreas Weirich

Bühne und Kostüme
Katja Rotrekl

Video
Fabian Kapo



Salzburg Orchester Solisten


Solisten

Angelika
Sarah Shine

Dr. Roland Angeler
Joel Allison

Alcina
Joanna Kędzior

Ruggiero
James Ley

Bradamante
Carmen Artaza

Mirza/Medoro
Benson Wilson

Hippogryph
Iurii Iushkevich


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