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Uraufführung mit drei verschiedenen EndenVon Thomas Molke
D
Cucchi und Benucci verlegen die Geschichte nach London in das Jahr 2018. Lucrece
ist bei ihnen keine treue Gattin, sondern eine aufstrebende, erfolgreiche junge
Karrierefrau, die auch am Wochenende auf ihr Vergnügen verzichtet, um eine
wichtige Präsentation für den kommenden Wochenbeginn vorzubereiten. Sie lebt
gemeinsam mit ihrer Freundin "Collie" in einem Apartment. Collie ist Malerin und
hat ein großes Portrait von Lucrece angefertigt, das Lucrece bei ihrer Rückkehr
von der Arbeit bewundert. Sextus ist der Sohn eines einflussreichen Mannes, den
die beiden Mädchen in einer Kneipe kennengelernt haben. Lucrece macht keinen
Hehl daraus, dass sie den jungen Mann nicht mag, während Collie ihr erzählt,
dass er sie, Lucrece, regelrecht anhimmeln würde. Als Collie gegangen ist,
taucht noch eine weitere Freundin, Fran, auf, die Lucrece bei ihrer Arbeit
Gesellschaft leisten will und ihr erzählt, wie stolz sie auf das, was sie
erreicht habe, sein könne. Als Fran kurz weggegangen ist, um etwas zu trinken zu
holen, kommt ein besorgter Anruf von Collie. Sie hat aus Versehen ihre
gemeinsame Adresse preisgegeben und macht sich nun Sorgen, weil Sextus auf dem
Weg zu ihrem Apartment ist. Lucrece zerstreut ihre Ängste und sagt ihr, dass sie
die Situation schon meistern werde. Dann steht Sextus vor der Tür und fordert
lautstark Einlass. Von nun an erlebt man an jedem Abend eine andere Fassung.
Am ersten Abend endet die Geschichte als Farsa. Lucrece ist hier eine gewitzte
Frau, die sich Sextus' Alkoholkonsum zu nutze macht. Er ist so betrunken, dass
er sie direkt doppelt sieht, was mit Hilfe des fast lebensgroßen Portraits, das
Collie angefertigt hat, ja auch der Fall ist. Dann kommen auch noch Fran und
Collie dazu, und die Frauen gaukeln ihm vor, dass er es nun mit vier Lucreces zu
tun hat. Das fordert ihn derart, dass er bewusstlos wird. Nun treiben die Frauen
ihr böses Spiel mit ihm, ziehen ihn aus und fotografieren ihn in sehr
demütigender Weise. Als er am nächsten Morgen aufwacht, verhöhnen sie ihn und
jagen ihn mit den Fotos zum Teufel. Mitleid entwickelt man mit ihm dennoch
nicht, weil die Absicht, mit der er Lucrece aufgesucht hat, alles andere als
ehrbar war. Die zweite Fassung wird als "Dramma giocoso" angekündigt. Hier
treten Fran und Collie nicht mehr auf. Sextus ist wesentlich bedrohlicher und
gefährlicher als in der Farsa. Lucrece appelliert an sein Ehrgefühl, aber
zunächst vergeblich. Ihr Argument, dass er doch seinen Vater nicht enttäuschen
wolle, bringt nicht den erwünschten Erfolg, da Sextus große Abneigung gegen
seinen Vater empfindet. Erst die Erinnerung an seine Mutter, lässt Sextus
einlenken. Er wird ganz melancholisch und erkennt, dass sein Verhalten falsch
war, entschuldigt sich bei Lucrece und verlässt mit schlechtem Gewissen ihr
Apartment.
Der letzte Abend präsentiert die Geschichte dann als "Tragedia", was der
ursprünglichen Geschichte
am nächsten kommen dürfte. Bemerkenswert ist hier auch die dunkle Lichtstimmung
von Eoin McNinsh. Das ganze Ende wird nahezu in Schwarzweiß übertragen. Sextus ist hier der brutale Mann wie in der Antike
und lässt sich von Lucreces Flehen nicht bewegen. Stattdessen vergewaltigt er
sie und verlässt anschließend stolzen Hauptes das Apartment.
FAZIT
Rosetta Cucchi und Alessandra Benucci erzählen eine moderne Geschichte mit drei
möglichen Ausgängen. Der Bezug zu Lucrece und Shakespeare wirkt allerdings ein
wenig konstruiert.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2020 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungAndrew Synnott Erstes Klavier Regie und Ausstattung Licht
SolistenLucrece
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- Fine -