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Festspiel der KlangfarbenVon Christoph Wurzel, Fotos: © Bayreuther Festspiele / Enrico NawrathNicht aus dem "mystischen
Abgrund" des verdeckten Bayreuther Orchestergrabens erklang an diesem
Abend Richard Wagners Musik, sondern von der Bühne aus. Am
Abschlussabend der diesjährigen Festspiele dirigierte Andris Nelsons im
Festspielhaus Ausschnitte aus Walküre
und Götterdämmerung.
Man könnte einwenden, dass
Wagners eigene Konzeption seiner Festspielaufführungen das musikalische
Geschehen bewusst unsichtbar machen wollte, indem der Klang aus dem
verdeckten Orchestergraben indirekt aufsteigt. Er wollte, dass ähnlich
den Dämpfen der Seherin im antiken Delphi dies im Verein mit der
Bühnenhandlung das Publikum gleichsam in Trance versetzen sollte. Mit
Recht wird der so entstehende Mischklang als das akustische
Alleinstellungsmerkmal des Bayreuther Festspielhauses gerühmt.
Dass aber auch
der direkte Klang des Orchesters von der Bühne aus (im Falle einer
fehlenden Bühnenhandlung) das
Faszinosum von Wagners Musik mindestens in gleichem Maße hervorruft,
wurde im Konzert unter Nelsons Leitung offenbar, zumal in den rein
orchestralen Ausschnitten, dem Walkürenritt,
Siegfrieds Rheinfahrt
und Siegfrieds Tod und Trauermarsch,
wo sich die Suggestivkraft dieser Musik grandios entfaltete.
Außerordentlich
transparent spielte das bestens aufgelegte Festspielorchester. Und es
war ein Fest der Klangfarben aus brillantem Blech, glitzernden
Holzbläsern und in feinsten dynamischen Abstufungen jubelnden
Streichern in einem Walkürenritt,
der einen schier von den harten Sitzen riss. Auch der romantische
Zauber der Rheinfahrt und die
düstere Wucht des Trauermarschs
wurden zu packenden Momenten - dramatische Orchestermusik par
excellence.
Andris
Nelsons mit dem Festspielorchester (hier im Konzert am 22. August 2021)
Für zwei Konzerte mit
ähnlichem Programm stand Andris Nelsons in dieser Festspielsaison am
Pult des Festspielorchesters. Und er erwies sich als großer Inspirator
und durch eindrucksvolle Detailarbeit, kluge Disposition des
Motivgeflechts, transparente Schichtung des Klangs und spannend
entwickelte Steigerungen als glänzender Wagner-Dirigent.
Klaus Florian Vogt sang im
ersten Walküre-Akt den
Siegmund. Als gefeierter und umjubelter Stolzing ist Vogt aus Bayreuth
fast nicht wegzudenken, in der Rolle des Siegmund konnte er aber an
diesem Abend nicht in gleicher Weise überzeugen. Seine unzweifelhaft
schöne Stimme glänzte in den lyrischen Passagen (Winterstürme...),
blieb aber im sonstigen Verlauf der Handlung, besonders auch in der
Erzählung von Siegmunds Flucht, ausdrucksarm und pauschal. Ganz im
Gegenteil dazu gestaltete Günther Groissböck einen starken,
gebieterischen, unerbittlichen Hunding. Mit Stimmgewalt dominierte er
auch die Sieglinde von Christine Goehrke, die ihre Rolle allerdings
facettenreich und ausdrucksstark sang. Diese Vorzüge zeigte sie auch im
Schlussgesang der Brünnhilde aus Götterdämmerung
"Starke Scheite schichtet mir dort". Doch gegen das hier mächtigere
Orchester, das Nelsons so gut wie möglich zurücknahm, kam ihre Stimme
mehrfach nicht an. Über eine Brünnhilden-Stimme verfügte sie nicht.
Dennoch blieb die Dernière
der Bayreuther Festspiele ein alles in allem großes
Ereignis. Der frenetische Jubel, vor allem für Dirigent und Orchester,
hielt lange an.
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AusführendeChristine Goerke (Sieglinde / Brünnhilde) Klaus Florian Vogt (Siegmund) Günther Groissböck (Hunding) Festspielorchester Andris Nelsons (Musikalische Leitung) ProgrammRichard Wagner Die Walküre, Walkürenritt
Götterdämmerung, Siegfrieds Rheinfahrt
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- Fine -