Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
|
Klangvokal 2021 Musikfestival Dortmund
Joseph Calleja in italienischer, französischer, englischer und spanischer Sprache Aufführungsdauer: ca. 1 h 5' (keine Pause) Kooperation mit der Neuen Philharmonie Westfalen Video-Stream aus dem Konzerthaus Dortmund (Aufnahme am 29. und 31. Mai 2021) |
|
Erinnerungen an einen strahlenden Tenor Von Thomas Molke / Foto: © Sandra Spitzner Mit einem Knaller sollte das Klangvokal Musikfestival 2021 im Konzerthaus beginnen. Der maltesische Startenor Joseph Calleja, der bereits 2013 mit den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Carlo Montanaro das Festival mit Opernhits von Verdi bis Puccini im Konzerthaus eröffnete, sollte erneut für einen fulminanten Einstand sorgen. Lange hatte man gehofft, dass dieses Konzert mit Publikum stattfinden könne. Schließlich war klar, dass eine öffentliche Vorführung mit Zuschauer*innen im Konzerthaus nicht rechtzeitig planbar sei, und man entschied sich, das Konzert am 29. und 31. Mai 2021 ohne Publikum im Konzerthaus aufzuzeichnen. Seit dem 11. Juni 2021 ist die Aufnahme nun als Videostream unter folgenden Plattformen kostenlos abrufbar:
Facebook
https://www.facebook.com/klangvokaldortmund/posts/4482950771724202
Diese Links sollen noch mindestens vier Wochen zur Verfügung stehen. Mittlerweile haben allerdings wieder zahlreiche Bühnen in NRW die Tore geöffnet, so dass die Konkurrenz für eine aufgezeichnete Veranstaltung natürlich groß ist. Dennoch bietet der Stream vielleicht gerade bei den momentanen tropischen Temperaturen eine Abwechslung für einen etwas ungezwungeneren Operngenuss als im Theater. Joseph Calleja mit der Neuen Philharmonie Westfalen und Giacomo Sagripanti am Pult im unbesetzten Konzerthaus bei der Aufzeichnung des Programms Für Calleja ist Mario Lanza ein großes Vorbild, dem er bereits 2021 mit Be My Love - A Tribute to Mario Lanza ein eigenes Soloalbum gewidmet hat. Dabei könnten Callejas und Lanzas Lebenswege kaum unterschiedlicher sein. Während Calleja auf den Opernbühnen der ganzen Welt zuhause ist, avancierte Lanza eigentlich nur auf der Leinwand zum großen Opernstar. Im 1951 entstandenen Film The Great Caruso machte er in der teils sehr freien und fiktiven Geschichte des Jahrhundert-Tenors Enrico Caruso Opernmusik wahrscheinlich populärer, als es die Musentempel dieser Zeit in einer breiten Öffentlichkeit vermochten. Dabei hatte der am 31. Januar 1921 in Philadelphia unter dem Namen Alfredo Cocozza geborene Sohn italienischer Einwanderer durchaus seine ersten Erfahrungen auf der Opernbühne gesammelt. 1942 debütierte er am Musikcenter in Tanglewood als Fenton in Otto Nicolais Die lustigen Weiber von Windsor. Ein großer Erfolg auf der Opernbühne blieb ihm jedoch verwehrt. Sein Durchbruch gelang ihm erst in Hollywood als Schauspieler und Opernsänger. Ob dies einer weiteren Karriere auf den Opernbühnen abträglich war, kann nur gemutmaßt werden. Calleja jedenfalls steht mit seiner Begeisterung für den mit 38 Jahren viel zu früh verstorbenen Lanza nicht allein. Auch Plácido Domingo soll mal geäußert haben, dass er seine Liebe zur klassischen Musik diesem "jungen Kerl aus Philadelphia" verdanke. Anlässlich des 100. Geburtstags von Mario Lanza hat Calleja nun gemeinsam mit dem Dirigenten Giacomo Sagripanti ein neues Programm zusammengestellt, das auf eine Zeitreise in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts einlädt und einen breiten Bogen vom klassischen Opernrepertoire bis hin zu Songs spannt, die Lanza in seinen Filmen, allen voran The Great Caruso, unvergesslich gemacht haben. Der Abend beginnt mit großen Opernklassikern. Nach Auszügen aus Verdis nicht ganz so häufig gespielten Luisa Miller folgt Georges Bizets Carmen. Eindringlich präsentiert die Neue Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Giacomo Sagripanti das Vorspiel zu Akt III, bevor sich Calleja in der berühmten Arie "La fleur que tu m'avais jetée" als Don José erinnert, wieso er der Femme fatale Carmen verfallen ist. Calleja begeistert hier mit zart angesetzten Höhen, die die Verliebtheit und Enttäuschung Don Josés spürbar machen und das tragische Ende der Oper erahnen lassen. Nach dem Intermezzo aus Puccinis Manon Lescaut folgen dann die beiden großen Arien des Malers Cavaradossi aus Puccinis Tosca. Auch hier gehen Callejas strahlende Höhen bei "E lucevan le stelle" unter die Haut. Die berühmte Arie des Bajazzos "Vesti la giubba" von Ruggero Leoncavallo rundet diesen Opernblock großartig ab. Mit Nino Rotas Suite dal balletto aus La strada folgt dann der Übergang zum Film. Nun folgen einige Lieder, die Lanza in The Great Caruso gesungen hat. Calleja macht mit seinem kräftigen Tenor und den strahlend ausgesungenen Höhen, die er mit scheinbarer Leichtigkeit präsentiert, deutlich, dass er seinem Idol stimmlich in jeder Hinsicht gleichkommen kann. Von dort gibt es dann einen Ausflug zur spanischen Zarzuela, einer Gattung, die zumindest in Deutschland immer noch sträflich vernachlässigt wird. Auch wenn einzelne Nummern aus der sogenannten "spanischen Operette" durchaus Ohrwurmcharakter haben, kann sich diese Gattung auf den deutschen Bühnen nicht wirklich durchsetzen. Calleja interpretiert die Arie des Leandro aus īLa tabernera del puerto mit großer Leidenschaft. Der Abend endet dann absolut "italienisch" mit "O sole mio", normalerweise eine häufige Zugabe bei Konzerten großer Tenöre. Da kein Publikum anwesend ist, kann natürlich nicht mit Applaus eine Zugabe erbeten werden. Vielleicht hat man deshalb dieses Werk ans Ende des Abends gestellt. FAZIT Joseph Calleja begeistert mit einem abwechslungsreichen Programm von Oper bis zu Songs, die Erinnerungen an den legendären Opernstar Mario Lanza wecken. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2021
|
AusführendeJoseph Calleja, Tenor Neue Philharmonie Westfalen Giacomo Sagripanti, Musikalische Leitung
Werke
Giuseppe Verdi
"Oh! Fede negar potessi... Quando le sere al placido"
Georges Bizet
"La fleur que tu m'avais jetée"
Giacomo Puccini
"Recondita armonia"
"E lucevan le stelle"
Pietro Mascagni
Francesco Cilea
Ruggero Leoncavallo
Nino Rota
Ruggero Leoncavallo
Guy d'Hardelot
Nikolay Brodszky
Reveriano Soutullo & Juan Vert
Pablo Sorozábal
Eduardo di Capua
Weitere |
- Fine -