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Sommer der KünsteAsphalt Festival Düsseldorf 2022Von Johannes Vesper
Dark Noon (Foto: Soeren Meisner)
Wer will, kann ja anschließend noch zu den Bayreuther Festspielen fahren, die erst am 24. Juli beginnen. Aber vorher muss man nach Düsseldorf. Vom 23.06.-10.7. gibt es dort Festspiele anderer Couleur. "Raus aus dem Theater, rein in die Stadt": Das Programm des 10. "asphalt Festivals" in Düsseldorf steht. Aus vielen Teilen der Welt, von Südafrika, über Brasilien, Mexico, Tansania, Israel, Indien um nur einige zu nennen, werden an 18 Tagen 37 Produktionen in über 60 Veranstaltungen Theater, Musik, Tanz, Literatur, Performancekunst an fünf Spielorten gezeigt, darunter acht Uraufführungen und zwei deutsche Erstaufführungen. Kann Kunst Raum bieten für Diskussion, für Verständnis, für gesellschaftliche Grenzüberschreitungen in Kunst und Gesellschaft? Oder gar für Bewältigung existentieller Bedrohung, wie sie in den zerstörten Städten der Ukraine stattfindet? Auf dem Asphalt der Straßen dort liegen Leichen Erschossener. Sind "asphalt" Festivals - natürlich auch andere - in Kriegszeiten unerträglich oder gerade notwendig und wichtig?
Die Krebs-Mafia (Foto: Ivo Mayr)
Erstmalig auf eigens bei den Alten Farbwerken in Flingern errichteter großer Freiluftbühne mit 500 Sitzplätzen treten Philipp Hochmair und seine Band "Die Elektrohand Gottes" auf. "Discopunk Erobique" wird Tanzwütige dort entzücken bzw. verfremdete Schiller-Balladen vortragen. Jazz und Weltmusik wird zu hören sein von der Markus Stockhausen Group, dem Taksim Trio, der Rabih Abou-Khalil Group und der wunderbaren Noa aus Israel mit ihren Musiker:innen aus dem Iran. Können Musiker aus feindlichen Lagern friedlich miteinander musizieren? Das wird dort zu erleben sein. Das Konzert beim Bundespräsidenten mit ukrainischen und russischen Musiker:innen kam beim ukrainischen Botschafter nicht gut an.
Endstation fern von hier (Foto © Rheinbahn AG)
"Raus aus dem Theater, rein in die Stadt": Das "asphalt Festival" bespielt Orte abseits vom etablierten Theater der Hochkultur. Im "Weltkunstzimmer", einer ehemaligen Backfabrik, wird u. a. als deutsche Erstaufführung das packende Theaterspektakel "Dark Noon - a western about us", eine preisgekrönte dänisch-südafrikanische Produktion des Kollektivs Fix & Foxy gezeigt. Die Eroberung der Welt, Amerikas, eigentlich Südafrikas, durch den weißen Mann wird nachgespielt und das Publikum sitzt mitten drin. Das furiose Tanzsolo "Let it Burn" von Marcela Levi und Lucía Russo und die Tanzperformance SCORES THAT SHAPED OUR FRIENDSHIP werden zu erleben sein. Die Darstellerin Lucy Wilke wurde mit spinaler Muskelatrophie geboren und hat mit dem Tänzer Pawel Dusus eine Grenzen sprengende Beziehung entwickelt. Das Stück lief in den Münchener Kammerspielen und die Darstellung wurde 2020 mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie "Beste Darstellerin" Tanz ausgezeichnet. In "Gootopia" geht Doris Uhlich, eine der führenden europäischen Choreografinnen, der Faszination von Schleim (englisch goo) zwischen "Ekel, Schauer, Nähe und Berührungslust" nach.
Gootopia (Foto: Alexi Pelekanos)
Auch aus Düsseldorf sind etliche Künstler:innen mit neuen Arbeiten im Festivalprogramm vertreten, darunter die Cooperativa Maura Morales oder Choreograf Takao Baba mit Mischa Tangians Babylon ORCHESTRA. Nach zweijähriger pandemiebedingter Pause wird das asphaltParadies des Hinterhof-Biergartens wieder Gelegenheiten bieten für Diskussionen und Treffen zwischen Publikum und Künstler:innen vor und nach dem Theater.
Bei diesem 10. asphalt Festival werden auf der Seebühne am Schwanenspiegel 20 Veranstaltungen stattfinden, darunter Konzerte (Jazz, Rock, Soul, Pop und Folk), Lesungen (Bachmann-Preisträgerinnen Tanja Maljartschuk und Ronya Othmann) und musikalisches Kabarett (Die Hüterin des Kaos, Anna Mateur, Peter Trabner als Diogenes in der zeitgenössischen Mülltonne). Festivalleiter Christof Seeger-Zurmühlen wird mit seinem Theaterkollektiv Piérre.Vers dem Thema "Zwangsarbeit" in Düsseldorf zwischen 1942 und 1945 nachgehen. Er wird dazu die Atmosphäre des historischen Straßenbahndepots der Rheinbahn nutzen. Mehr a ls 20 Millionen Zwangsarbeiter:innen gab es damals.
Das gesamte, insgesamt spannende Programm kann unter asphalt-festival.de eingesehen werden.
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