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Ein Hauch von RossiniVon Thomas Molke / Fotos: © Ralph Pauli Giuseppe Mosca gehört zu den Komponisten, die heutzutage völlig in Vergessenheit geraten sind. Dabei war er zu seinen Lebzeiten äußerst produktiv und brachte in Italien von 1796 bis 1803 etwa 20 vorwiegend komische Opern zur Uraufführung, mit denen er so große Erfolge feiern konnte, dass er in Paris eine Stelle als Maestro al cembalo am Théâtre-Italien antreten konnte. Auch nach seiner Rückkehr 1809 war er im Opernbereich noch äußerst produktiv. In Erinnerung geblieben ist jedoch nur ein juristischer Streit mit Rossini wegen Plagiatsvorwürfen in La pietra del paragone. Auch wenn Mosca zeit seines Lebens die Erfindung eines besonderen Crescendos in den Ensembles für sich beanspruchte, bleibt es der Schwan von Pesaro, der mit diesem Stil bis heute den Ruhm dafür erntet. Die Neuburger Kammeroper, die es sich seit Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht hat, vergessene Opernschätze auf die Bühne zu bringen, die in kaum einem Opernführer Erwähnung finden, bietet nun die Möglichkeit, sich mit einem Werk von Mosca davon zu überzeugen, dass er die sich steigernde Melodiewiederholung in vielteiligen Ensemblestrukturen zumindest ebenfalls beherrscht hat. Die Wahl ist auf eine Opera buffa gefallen, die 1813 in Neapel am Teatro dei Fiorentini uraufgeführt wurde: La diligenza a Joigny o sia Il collaterale. Annette und Horst Vladar haben das Stück ins Deutsche übersetzt und für die Kammeroper unter dem Titel Die Poststation eingerichtet. Ankunft in der Poststation: von links: Derville (Semjon Bulinsky), Madame Santilier (Laura Faig), Madeleine (Denise Felsecker) und Pavaret (Patrick Ruyters) Das Libretto von Giuseppe Palomba basiert auf einer Komödie des französischen Dramatikers Louis-Benoît Picard und spielt in einer Poststation in Joigny. Hier ist Bellomo, ein Holzhändler aus Neapel, angereist, um die Erbschaft seines verstorbenen Onkels anzutreten und eine damit verbundene Ehe mit der Nichte und dem Mündel des Dr. Monricard, Constance, zu schließen. Constance hingegen liebt den jungen Offizier Derville, der gemeinsam mit seinem Freund Pavaret, einem geschickten Advokaten, einen Plan schmiedet, wie diese Hochzeit verhindert werden kann. Zunächst versucht Pavaret, Derville als unehelichen, aber damit dennoch erbberechtigten Sohn des Verstorbenen zu präsentieren. Doch aus den Dokumenten, die Bellomo von seinem verstorbenen Onkel erhalten hat, geht hervor, dass dieser lediglich eine uneheliche Tochter in Amerika hatte. Madame Santilier, die ebenfalls mit der Postkutsche in Joigny angekommen ist und auf der Durchreise zu ihrem nächsten Engagement ist, willigt ein, sich als erbberechtigte amerikanische Tochter auszugeben und von Bellomo umwerben zu lassen, da dieser ein größeres Interesse am Erbe als an Constance hat. Constance zeigt sich entsetzt, von der Untreue ihres zukünftigen Gatten und kann ihren Vorrmund überzeugen, dass er sie dem jungen Derville zur Frau gibt. Als Bellomo den Schwindel mit der Schauspielerin erkennt, ist er zunächst empört, beruhigt sich aber sehr schnell, als ihm klar wird, dass er damit der rechtmäßige Erbe bleibt. Eine Frau zu finden, scheint ihm das kleinere Problem zu sein, da ihm die Wirtin der Poststation, Madeleine, recht eindeutige Avancen macht. Pavaret (Patrick Ruyters, Mitte) und Constance (Da-yung Cho) versuchen, Bellomo (Michael Hoffmann, rechts) davon zu überzeugen, dass Derville (Semjon Bulinsky, links) der rechtmäßige Erbe sei. Horst Vladar, der in dieser Komödie nicht nur die Rolle des Dr. Monricard mit recht trockenem Humor gestaltet, sondern auch für die Regie verantwortlich zeichnet, setzt die Geschichte mit viel Liebe zum Detail um und verzichtet auf eine Modernisierung. Er vertraut einfach der Komik der Vorlage, setzt das spielfreudige Ensemble mit eine punktgenauen Personenregie hervorragend in Szene und beweist, dass ein Stück auch auf diese Weise bestens unterhalten kann. Mit Michele Lorenzini hat er einen Bühnenbildner zur Seite, der für die einzelnen Akte mit relativ einfachen Mitteln wunderbare Räume zaubert. Im ersten Akt sieht man eine enge Gasse mit der Poststation auf der linken Seite. Hier beherbergt Madeleine die Reisenden. Gegenüber auf der rechten Seite liegt das Haus des Doktors. Dahinter führt eine schmale Gasse mit einer pittoresk gemalten Häuserwand in die Nebenstraße. Die einzelnen Gebäude sind wunderbar auf die Stellwände gezeichnet und versetzen das Publikum in die damalige Zeit. Durch Drehen der Rückwand entsteht im zweiten Akt ein hübscher Salon im Haus des Doktors. Hier versucht Derville als vermeintlicher Erbe seinen Anspruch auf Constance geltend zu machen. Im vierten Akt sieht man dann in einer Projektion hinter einem Zaun eine hübsch anmutende Villa, in der die vermeintliche amerikanische Erbin abgestiegen sein soll. All diese Szenenwechsel werden in kürzester Zeit durchgeführt, ohne dass durch die kleinen Pausen Längen entstehen. Auch die Kostüme sind wunderbar anzusehen und lassen in eine längst vergangene Zeit eintauchen. Ein weiterer Pluspunkt des Abends ist Moscas großartige Musik, bei der man an vielen Stellen einen Hauch Rossini spürt. Mosca arbeitet in den Ensembles die sich langsam steigernden Melodienbögen sorgfältig heraus, die sich im Verlauf überlagern und jeweils zu einem grandiosen Abschluss finden. Dabei werden die einzelnen Stimmen abwechslungsreich verziert. Die einzelnen Arien hingegen haben einen typischen Singspielcharakter. Durch die ständige Abwechslung zwischen Solopassagen und vielteiligen Ensembles entwickelt das Stück ein enormes Tempo und weist in keinem Moment Längen auf. Die einzelnen Figuren werden musikalisch wunderbar gezeichnet und erhalten viel Möglichkeit, die Partien stimmlich vielfältig zu gestalten. So verwundert es nicht, dass sich Mosca zu Lebzeiten großer Beliebtheit auf den Opernbühnen Italiens erfreute. Constance (Da-yung Cho, vorne links) macht Bellomo (Michael Hoffmann, links) unmissverständlich klar, dass sie nicht gewillt ist, ihn zu heiraten (dahinter: Madeleine (Denise Felsecker), auf der rechten Seite von links: Pavaret (Patrick Ruyters) und Derville (Semjon Bulinsky)). Die einzelnen Rollen sind allesamt wunderbar besetzt. Die Partie des Holzfällers Bellomo kann als Paraderolle für den Buffo-Bariton Michael Hoffmann bezeichnet werden. Mit dem ihm ganz eigenen Spielwitz gestaltet er den Italiener, der viel mehr an der Erbschaft als an der jungen Constance interessiert ist. Wenn er zu Beginn des Stückes vom Wein angeheitert die Kutsche verlässt, punktet er in seiner Auftrittsarie mit großartiger Komik. Während man hier vielleicht noch annehmen kann, dass es sich bei dem Holzfäller um einen leicht tölpelhaften einfältigen Kerl handelt, beweist er bei der Studierung der Geburtsurkunde, dass er ein durchaus ernstzunehmender Gegner ist. Mit großer Spielfreude spielen er und Patrick Ruyters als Advokat Pavaret sich die Bälle zu und sind sich zunächst spinnefeind, bis Pavaret Bellomo im weiteren Verlauf überzeugen kann, auf seiner Seite zu stehen und ihn beim Werben um die vermeintliche amerikanische Tochter zu unterstützen. Laura Faig gestaltet die Schauspielerin Madame Santilier, die große Freude daran hat, die Rolle der amerikanischen Erbin zu übernehmen, mit großem Witz und soubrettenhaftem Charme. Da-yung Cho begeistert als Mündel Constance, die gegen ihren Willen mit dem ungeliebten Holzfäller verheiratet werden soll, mit jugendlichem Sopran und hervorragender Textverständlichkeit. Sie legt die Constance als sehr willensstarke junge Frau an, die weiß, wie sie ihren Willen durchsetzen kann. Eindringlich gestaltet sie aber auch die große Szene mit Semjon Bulinsky als Derville, wenn die beiden die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft bereits aufgegeben haben. Bulinsky punktet als Derville mit leichtem Spieltenor und ebenfalls großer Komik. Besonders das vermeintliche Duell mit Bellomo regt zum Schmunzeln an. Denise Felsecker stattet die Wirtin Madeleine mit sattem Mezzosopran aus und zeigt sie als sehr zupackende Frau, die sich am Ende nicht zu fein ist, den Holzfäller, der ihr von Anfang an gefällt, offen zu umwerben. So gibt es am Ende begeisterten und verdienten Applaus für alle Beteiligten.
FAZIT Die diesjährige Produktion der Neuburger Kammeroper ist nicht nur szenisch ein Genuss, sondern weckt auch großes Interesse am Komponisten Giuseppe Mosca, von dem man gerne mehr hören würde.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungAlois Rottenaicher Inszenierung Bühnenbild
Licht
Mitglieder des Akademischen
Solistinnen und SolistenConstance, Nichte und Mündel des Dr. Monricard
Derville, Offizier
Pavaret, Advokat und Dervilles Freund
Bellomo, Holzhändler aus Neapel Madeleine,
Wirtin der Herberge an der Poststation Doktor Monricard Madame Santilier, Schauspielerin
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