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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
15.07.2022 - 24.07.2022

Stabat mater

für Soli, Chor und Orchester, Fassung von 1842
Musik von Gioachino Rossini

Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 49

La passione oder Trauer-Sinfonie
Sinfonie f-Moll, Hoboken-Verzeichnis I:49 (1768)

In lateinischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 30' (keine Pause)

Produktion von Passionart und der Filharmonia im. Karola Szymanowskiego W Krakowie

Aufführung auf dem Aussichtsturm des Baumwipfelpfades in Bad Wildbad am 21. Juli 2022

 

 

 

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Erhabenes in luftiger Höhe

Von Thomas Molke / Foto: © Rossini in Wildbad

Der Aussichtsturm des Baumwipfelpfades in Bad Wildbad hat sich mittlerweile für das Belcanto Opera Festival Rossini in Wildbad als weitere Spielstätte etabliert. Nachdem die im vergangenen Jahr geplante Eröffnung des Festivals mit Haydns Schöpfung auf Italienisch aufgrund des Wetters aber kurzfristig in die Offene Halle Marienruhe verlegt werden musste, zeigte sich in diesem Jahr das Wetter von seiner besten Seite und ermöglichte ein erhabenes Erlebnis in luftigen Höhen. Passend zur Spielstätte hat man auch den Preis "Rossini in cima - Rossini auf dem Gipfel" ins Leben gerufen, um Personen zu ehren, die sich um das Lebenswerk des Schwans von Pesaro besonders verdient gemacht haben. Nach Gianluigi Gelmetti, Alberto Zedda und Raúl Giménez wurde in diesem Jahr Paolo Fabbri ausgezeichnet. Der seit 2018 emeritierte Professor der Universität Ferrara betrieb unter anderem zahlreiche Forschungen über die Künstlerfamilie Rossini und Gioachino Rossinis Jugend. Als Mitarbeiter und Vizedirektor (1994 - 1998) der Fondazione Rossini organisierte er unter anderem die Publikationsreihe "I libretti di Rossini" und editierte die Rossini-Briefe. 2018 legte er eine Rossini-Biographie vor, die 2019 in deutscher Sprache erschien (siehe auch unsere Rezension). Die Überreichung des Preises fand zwischen den beiden musikalischen Beiträgen des Konzertes statt.

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Antonino Fogliani mit dem Philharmonischen Orchester Krakau auf dem Aussichtsturm des Baumwipfelpfades

Den Anfang macht Joseph Haydns Sinfonie Nr. 49, die heute unter dem Namen La passione oder Trauer-Sinfonie bekannt ist, von Haydn selbst 1768 aber nur als "Sinfonia in F minore" bezeichnet wurde. Antonino Fogliani, der in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum als musikalischer Leiter des Festivals feiert, hat sich dieses Werk gewünscht, um außerdem an die Pandemie-Opfer der vergangenen zwei Jahre zu gedenken. Es handelt sich bei dieser Sinfonie um Haydns einzige in dieser Tonart, und man vermutet, dass ein Trauerfall im Familienkreis Haydn veranlasst habe, dieses Werk zu komponieren. So sind alle vier Sätze in der gleichen düsteren Tonart verfasst. Ein kleiner Hoffnungsschimmer erklingt lediglich im Trio des Menuetts im dritten Satz, wenn die Oboen und Hörner in strahlendes F-Dur wechseln. Das Philharmonische Orchester Krakau arbeitet unter der Leitung von Antonino Fogliani die dunkle Stimmung der Musik deutlich heraus, die in luftiger Höhe eine große Intensität entwickelt und die eigene Vergänglichkeit überdenken lässt.

Nach der Verleihung des Preises "Rossini in cima - Rossini auf dem Gipfel" geht es dann mit Gioachino Rossinis Stabat mater weiter. Rossini komponierte die erste Fassung bereits 1832. Bei seinem Besuch in Madrid 1831 bat ihn Don Manuel Fernández Varela, ein hoher geistiger Würdenträger, für das kommende Jahr ein Stabat mater zu komponieren, das Karfreitag 1832 aufgeführt werden sollte. Rossini, der zu der Zeit mit den neuen politischen Verhältnissen in Paris zu kämpfen hatte, komponierte von den insgesamt 13 Nummern nur sechs. Die übrigen sieben ließ er von Giovanni Tadolini schreiben. Uraufgeführt wurde diese Fassung aber erst am 5. April 1833 in der Kapelle San Felipe el Real, weil die Abschrift der Partitur für 1832 zu spät in Madrid ankam. Als Varela 1837 verstarb, erwarb ein gewisser Oller die Partitur und wollte sie 1841 in Paris veröffentlichen lassen. Das lehnte Rossini allerdings ab, da ein Großteil der Komposition nicht von ihm stammte. Da er grundsätzlich aber daran interessiert war, sein Stabat mater herauszugeben, ersetzte er die von Tadolini komponierten Stücke durch eigene. Dafür fasste er die sechs Solisten-Nummern von Tadolini zu drei eigenen Stücken, einer Arie für Tenor, einem Duett für Sopran und Alt und einer Arie für Bass, zusammen. Auch das von Tadolini komponierte Finale "Amen" ersetzte er durch eine neue Schlussfuge. In dieser Fassung fand am 7. Januar 1842 im Théâtre-Italien eine umjubelte Uraufführung statt, bei der Tadolini übrigens als Chorleiter auftrat. Es folgte ein triumphaler Zug durch weite Teile Europas.

Textgrundlage für das Stabat mater ist ein mittelalterliches lateinisches Gedicht, das unterschiedlichen Verfassern des 13. Jahrhunderts zugeschrieben wird und die Mutter Maria unter dem Kreuz ihres Sohns beschreibt. In zehn Strophen, die noch einmal in zwei Teilstrophen mit jeweils drei Zeilen unterteilt sind, folgt ausgehend von dem Bild der schmerzerfüllten Maria die Bitte um Gnade für den sündigen Menschen. Rossini wählt in seiner Komposition für die Beschreibung Marias die ersten vier Nummern. Eröffnet wird das Stück vom Chor und den Solist*innen, bevor der Tenor in einer Arie, die beiden Frauenstimmen in einem Duett und der Bass in einer weiteren Arie Marias Leiden unter dem Kreuz weiter ausmalen. Es folgt die direkte Ansprache an die Mutter in einem a cappella Teil für Chor und Bass. Die Bitte, durch das Leiden Christi von den eigenen Sünden erlöst zu werden, setzt Rossini dann in zwei Quartetten und zwei Arien um. Die Quartette rahmen die beiden Arien, zunächst Alt, dann Sopran mit Chor, ein. Das zweite Quartett wird meistens allerdings nicht von den Solist*innen gesungen sondern vom Chor. Auch in Bad Wildbad übernimmt der Philharmonische Chor Krakau das zweite Quartett, bevor das Werk dann mit "Amen" zum Finale kommt.

Musikalisch bewegt sich die Aufführung auf hohem Niveau. Der Philharmonische Chor Krakau arbeitet unter der Leitung von Marcin Wróbel den ernsten Ton des Gedichts heraus und punktet durch homogenen Klang. Besonders bewegend gelingen die a cappella Passagen, die dem Stück einen recht liturgischen Charakter verleihen. In den vom Orchester untermalten Sequenzen meint man an einigen Stellen, schon eher den Opernkomponisten Rossini herauszuhören, der dem Werk bei aller Ernsthaftigkeit auch einen leichten Charakter verleiht. Dies wird vor allem in der ersten Tenor-Arie deutlich, die Michele Angelini mit sauber angesetzten Höhen umsetzt. Serena Farnocchia punktet mit leuchtendem Sopran und setzt vor allem in ihrer großen Arie kurz vor Schluss gemeinsam mit dem Chor Akzente. Aurora Faggioli begeistert mit sattem Mezzosopran und dunkler Färbung in der Alt-Partie. Einen weiteren Höhepunkt stellt das Duett der beiden Frauen dar. Shi Zong rundet das Solisten-Ensemble mit dunklem Bass hervorragend ab. Antonino Fogliani arbeitet mit dem Philharmonischen Orchester Krakau den erhabenen Charakter mit seinen opernhaften Zügen differenziert heraus, so dass es am Ende großen Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Rossinis Stabat mater würde man im Konzertsaal gerne häufiger hören. Der Aussichtsturm des Baumwipfelpfades erweist sich als geniale Spielstätte für dieses Konzert.

Weitere Rezensionen zu Rossini in Wildbad 2022



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Ausführende

Musikalische Leitung
Antonino Fogliani

Chorleitung
Marcin Wróbel

Philharmonisches Orchester Krakau
(Leitung: Alexander Humala)

Philharmonischer Chor Krakau

Stabat mater

Sopran
Serena Farnocchia

Alt
Aurora Faggioli

Tenor
Michele Angelini

Bass
Shi Zong

 


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