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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
14.07.2023 - 23.07.2023


Belcanto-Lieder im Salon

Serena Farnocchia, Sopran
Paolo Raffo, Klavier

Musik von Gioachino Rossini, Vincenzo Bellini, Gaetano Donizetti, Giovanni Battista Perucchini, Vincenzo Gabussi, Saverio Mercadante und Luigi Gordigiani

In italienischer und franzöischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 35' (keine Pause)

Aufführung im Königlichen Kurtheater am 18. Juli 2023

 

 

 

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Belcanto-Perlen von bekannten und unbekannten Komponisten

Von Thomas Molke / Fotos: © Rossini in Wildbad / Magda Kiwior

Belcanto-Kompositionen erfreuten sich im 19. Jahrhundert nicht nur auf den Opernbühnen großer Beliebtheit, sondern fanden auch in Salons mit Klavierbegleitung ein begeistertes Publikum. So haben die großen Belcanto-Komponisten der Zeit auch zahlreiche Lieder für Gesang und Klavier geschaffen, die im Gegensatz zu den Opern heute relativ in Vergessenheit geraten sind. Doch auch andere Komponisten, die vor allem als Gesangspädagogen oder Kammermusiker arbeiteten, konnten in den Salons von ganz Europa mit kleinen Belcanto-Miniaturen im 19. Jahrhundert große Erfolge feiern. Serena Farnocchia, die in Bad Wildbad noch als Elisabetta und Ermione in Rossinis gleichnamigen Opern in bester Erinnerung sein dürfte, bietet im Königlichen Kurtheater in gut 90 Minuten einen bunten Querschnitt durch diese unbekannten Belcanto-Perlen.

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Serena Farnocchia

Der Abend beginnt mit drei Liedern von Gioachino Rossini, die er teils nach seiner Karriere als Opernkomponist, teils auch neben seinen Opern komponiert hat. So fasste er beispielsweise in seiner Sammlung Les soirées musicales 1835 in Paris einige Albumblätter für Gesang und Klavier zusammen, die er vermögenden Sammlern gewidmet hatte. Farnocchia präsentiert daraus die Ariette "L'invito", die Rossini als Hommage an Madame La Baronne Delmar komponiert hatte und von Eloisas Verlangen nach ihrem Geliebten Ruggiero handelt. Farnocchia macht mit leuchtenden Höhen zur meisterhaften Begleitung von Paolo Raffo am Klavier dieses Verlangen spürbar. Auch die anderen beiden Stücke, die aus Rossinis Zeit als aktiver Opernkomponist stammen, spiegeln die leidenschaftliche Liebe einmal am Beispiel eines Troubadours und dann in pastoraler Prägung bei einer Nymphe wunderbar wider.

Es folgen drei Stücke von Vincenzo Bellini. Das dritte Stück, "La ricordanza", war eigentlich nicht für eine Publikation gedacht, sondern diente Bellini als melodische Vorlage für Elviras Wahnsinnsszene im 2. Akt seiner Oper I puritani. Zwei Kompositionen von Gaetano Donizetti, der auch im Bereich der vokalen Kammermusik zu den "Vielschreibern" zählte, schließen sich an. Große Tragik wird in "La lontananza" spürbar, so dass die Vermutung naheliegt, dass Donizetti darin auch den Verlust seiner geliebten Ehefrau Virginia Vasselli musikalisch verarbeitet hat. Farnocchia bringt diese Trauer mit großer Emotion zum Ausdruck. "La corrispondenza amorosa" stammt aus der Sammlung Matinées musicales, die Donizetti 1841 der Königin Victoria gewidmet hat. Da der italienische Text nur schwer verständlich und von minderer Qualität ist, präsentiert Farnocchia die französische Fassung, die auf der Romanze "Billet doux" des französischen Dichters Émile Duchamps fußt.

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Serena Farnocchia und Paolo Raffo am Klavier (© Magda Kiwior)

Nach den Kompositionen der drei namhaften Opernkomponisten geht es mit relativ unbekannten Vertretern weiter. Giovanni Battista Perucchini, der als Liedkomponist in ganz Europa Erfolge feierte und Rossini und Bellini freundschaftlich verbunden war, komponierte nie für die Bühne, sondern begnügte sich, kleine Arietten für große Sängerinnen und Sänger wie Giuditta Pasta und Giovan Battista Velluti zu kreieren, die diese dann in den europäischen Salons vortrugen. Die beiden ausgewählten Stücke aus Ventiquattro Ariette strahlen eine enorme Leichtigkeit aus, die von Farnocchia mit beweglicher Stimmführung vorgetragen wird. Gleiches gilt für die beiden Lieder aus Dodici Ariette von Vincenzo Gabussi, einem Komponisten aus Bologna, der ein Protegé von Rossini war und 1827 nach London aufbrach, um dort eine lange Karriere als Gesangspädagoge zu beginnen.

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Serena Farnocchia und Paolo Raffo (© Magda Kiwior)

Wesentlich dramatischer klingen die Quattro romanze von Luigi Gordigiani, der zu seiner Zeit als "Lo Schuberto d'Italia" gefeiert wurde. Während "Il trovatore" noch die Leichtigkeit der vorherigen Stücke aufweist, setzen "La lacrima" und "La notte" zu großen dramatischen Bögen an, die Farnocchia sicher meistert. Wieso sie sich allerdings die ganzen 90 Minuten ohne Pause einem Parforce-Ritt durch die Liedliteratur aussetzt und dabei ihrer Stimme nur relativ kurze Erholungspausen gönnt, bleibt unklar. Vielleicht hätte sie sich zwischen den teils recht anspruchsvollen Miniaturen eine kleine Auszeit in Form eines Instrumentalstückes gönnen sollen, da sie zum Ende doch recht erschöpft und angespannt wirkt. Den Abschluss macht dann eine umfangreichere dramatische Kantate von Saverio Mercadante, die er später zu seiner Oper Virginia ausweitete. Hier zeigt Farnocchia noch einmal ihr ganzes dramatisches Talent, wenn sie in einem großen Monolog die Qualen der jungen Frau erklingen lässt, die den Tod der Unehre vorzieht.

Als Zugabe präsentiert Farnocchia dann noch die Romanze der Mathilde aus Rossinis Guillaume Tell, "Sombre forêt", entschuldigt sich allerdings bereits im Vorfeld, dass ihre Stimme ein wenig angegriffen sei. Das Publikum bedankt sich mit großem Applaus. Die im Anschluss angekündigte kleine Serenade am Maurischen Pavillon im romantischen Kurpark fällt allerdings im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser, da der Regen eine musikalische Darbietung im Freien verhindert.

FAZIT

Serena Farnocchia bietet einen abwechslungsreichen und interessanten Querschnitt durch unbekannte Miniaturen der Belcanto-Epoche, die von Paolo Raffo mit feinfühligem Spiel am Klavier begleitet werden.

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Ausführende

Serena Farnocchia, Sopran

Paolo Raffo, Klavier


Werke

Gioachino Rossini
"L'invito"
Nr. 5 aus Les soirées musicales

"Il trovatore"
Canzonetta (1817)

"Beltà crudele"
Canzone (1821)

Vincenzo Bellini
"A palpitar d'affano"

"Per pietà, bell'idol mio"
Nr. 5 aus Sei ariette per camera (1830)

"La ricordanza"

Gaetano Donizetti
"La lontananza"
Nr. 1 aus Soirées d'automne à l'Infrascata

"La corrispondenza amorosa"
Nr. 5 aus Matinées musicales

Giovanni Battista Perucchini
"Per le selve il passo muovo"
Nr. III/3 aus Ventiquattro Ariette (1824)

"Guarda che bianca luna"
Nr. III/6 aus Ventiquattro Ariette (1824)

Vincenzo Gabussi
"La protesta d'amore"
Nr. 10 aus Dodici Ariette (1826)

"La luna"
Nr. 7 aus Dodici Ariette (1826)

Luigi Gordigiani
Quattro romanze (1839)
"Il trovatore"
"Elisa"
"La lacrima"
"La notte"

Saverio Mercadante
Virginia
Kantate für Sopran und Klavier (1824)

 


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