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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Klangvokal 2025/2026 Musikfestival Dortmund
Amore Siciliano in italienischer (und spanischer) Sprache Aufführungsdauer: ca. 1 h 30' (keine Pause) Aufführung im Reinoldihaus in Dortmund am 31. Oktober 2025, 19.30 Uhr |
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Tragische Liebe in Sizilien Von Thomas Molke / Fotos: © Céline-Christine Spitzner Seit drei Spielzeiten ist das Klangvokal Musikfestival, das schwerpunktmäßig im Mai und Juni stattfindet, um eine Konzertreihe erweitert worden, die über die ganze Spielzeit verteilt im Reinoldihaus in Dortmund barocke Schätze präsentiert. Den Anfang macht in dieser Spielzeit ein Pasticcio, das der Alte-Musik-Spezialist Leonardo García Alarcón nicht nur aus Volksmusik aus Apulien, Kalabrien und Sizilien sowie Barockmusik von heutzutage größtenteils unbekannten Komponisten aus Süditalien zusammengestellt hat, sondern zu dem er selbst auch noch ein fünfstimmiges Madrigal im Stil einer Fuge hinzugefügt hat. Erzählt wird darin die tragische Liebesgeschichte der Cecilia und ihres Verlobten Giuseppe, den sie aus dem Gefängnis befreien möchte, indem sie sich dem reichen und einflussreichen Don Lidio hingibt. Ensemble (von links: Léo Fernique als Santino, Mariana Flores als Donna Isabella, Ana Vieira Leite als Cecilia, Valerio Contaldo als Don Lidio und Matteo Bellotto als Giuseppe) beim Wiegenlied Ein altes kalabrisches Lied von einem unbekannten Komponisten erzählt in insgesamt 17 Strophen vom Schicksal dieser Cecilia und bildet das Zentrum des Pasticcios, indem es immer wieder an diesem Abend aufgegriffen wird. Die melancholische Melodie klingt sehr vertraut und lässt sich theoretisch sofort mitsummen. Eingebettet wird sie in die Musik anderer Komponisten, um die tragische Geschichte zu einer Art Oper auszuweiten. Die fünf Solistinnen und Solisten singen die Partien auch nicht nur vom Blatt ab, sondern ergänzen die Aufführung durch szenische Elemente. Die neun Musikerinnen und Musiker der Cappella Mediterranea bilden mit Leonardo García Alarcón an der Orgel und als musikalischem Leiter eine Art Halbkreis auf der Bühne, den die Solistinnen und Solisten "bespielen". Zu Beginn treten sie mit einer Kerze auf und stimmen ein Wiegenlied an, das Vincenzo Tozzi im 17. Jahrhundert zu Ehren des göttlichen Kindes geschrieben hat. Dabei, so hat es sich wohl Alarcón in seinem Pasticcio überlegt, wird Don Lidio erstmals auf die schöne Cecilia aufmerksam, die mit einem kurzen Solo "Fermarono i cieli" von Alfonso Maria de' Liguori auftritt, das in den Gesang integriert wird. Don Lidio (Valerio Contaldo, rechts) albert mit seinem Freund Santino (Léo Fernique) herum. Sofort ist Don Lidio "in Liebe entflammt", auch wenn das Duetto giocoso "Ho vinto, Amor", das er mit seinem Freund Santino anstimmt, zunächst den Eindruck erweckt, dass er selbst den Sieg über den Liebesgott davonträgt. Doch wenn auch Cecilia diese Melodie aufgreift, kann sich Don Lidio seiner Gefühle nicht mehr erwehren. Unklar bleibt der Einschub über den verstorbenen Esel, von dem Don Lidio erzählt. Das anonyme Volkslied sprüht zwar vor Komik und amüsanter Lautmalerei, unterbricht aber den eigentlichen Fluss der Geschichte. Vielleicht soll durch den anschließenden Auftritt Cecilias deutlicher gemacht werden, dass Don Lidio sich selbst nicht mehr auf seine Späße konzentrieren kann, da ihn die junge Frau absolut fasziniert. Das muss dann auch seine Frau Donna Isabella erkennen, die zunächst das "Canzone di Cecilia" aufgreift und dann in einen bewegenden Klagegesang von Sigismondo d'India übergeht. Darin beweint sie ihr grausames Schicksal und bittet den Herrn um Erbarmen. Don Lidio (Valerio Contaldo, Mitte) fühlt sich zum Missfallen seiner Gattin Isabella (Mariana Flores, hinten) zu Cecilia (Ana Vieira Leite, vorne links) hingezogen (rechts oben: Matteo Bellotto als Giuseppe im Gefängnis). Es folgen Kantaten des 1649 geborenen Sizilianers Cataldo Vito Amodei. Zunächst tauscht sich Cecilia mit dem mittlerweile inhaftierten Giuseppe aus, der in diesem Part räumlich getrennt auf der Empore im Saal auftritt. Darin versichert sie ihm ihre Liebe und erklärt ihm, dass sie sich nur für seine Befreiung auf eine Beziehung zu Don Lidio einlassen wolle. Doch Giuseppe will im Gefängnis lieber sterben als dieses Opfer akzeptieren. Donna Isabella scheint dieses Gespräch zu belauschen und beklagt erneut ihr Leid, nachdem sich Cecilia schließlich in "Caro amante" Don Lidio hingegeben hat. Für Isabellas Verzweiflung hat Alarcón ein spanisches Klagelied des Madrilenen Josß Marín ausgewählt. Während der erste Akt relativ stringent dem Handlungsablauf folgt, gibt es im zweiten Akt doch zahlreiche musikalische Nummern, die die Geschichte eigentlich nicht voranbringen und deren Bezug zur Tragödie nicht klar werden. Sehr eindrucksvoll gelingt der Schluss der Abends. Alarcón hat dafür ein Madrigal über die "Canzone di Cecilia" komponiert, das den vertrauten Melodiebogen aufgreift, variiert und von den Solistinnen und Solisten fünfstimmig bewegend angestimmt wird. Dabei fängt Alarcón den barocken Klang atmosphärisch wunderbar ein, so dass das Stück keineswegs wie ein Fremdkörper klingt und fließend wieder in die "Canzone di Cecilia" übergeht. Nach dem weiteren fünfstimmigen Madrigal "Mori, mi dici" von Alessandro Scarlatti, haucht Cecilia nahezu a cappella in der "Canzone di Cecilia" ihr Leben aus und lässt den Abend sehr bewegend und ruhig enden. Cecilia (Ana Vieira Leite, rechts) und Donna Isabella (Mariana Flores) Ana Vieira Leite verfügt als Cecilia über einen leuchtenden Sopran, der die Unschuld und Schönheit des jungen Mädchens unterstreicht. Mariana Flores gestaltet die Partie der betrogenen Ehefrau Donna Isabella ein wenig abgeklärter, ist mit ihrem kraftvollen Sopran und den strahlenden Höhen aber keineswegs eine rachsüchtige Rivalin, sondern leidet eher unter der Untreue ihres Gatten. Dass die beiden Sängerinnen zwischen dem ersten und zweiten Akt die Kleider wechseln, scheint nicht wirklich notwendig. Valerio Contaldo stattet die Partie des Don Lidio mit sauberem Tenor und klaren Höhen aus, ist aber keineswegs der sympathische Liebhaber, da er Cecilia ja nur benutzt. Matteo Bellotto verleiht dem Giuseppe mit dunklem Bass profunde Tiefen. Lßo Fernique rundet mit beweglichem Countertenor als etwas flatterhafter Santino das Ensemble überzeugend ab. Das Ensemble Cappella Mediterranea erweist sich unter der Leitung von Leonardo García Alarcón als großartiger Klangkörper, der mit barockem Zauber eine bewegende Geschichte erzählt. So gibt es für alle Beteiligten großen Applaus. FAZIT Leonardo García Alarcón erzählt die tragische Liebesgeschichte der Cecilia mit sorgsam zusammengesetzter Barockmusik und einem hochmotivierten Ensemble absolut bewegend. Das Werk ist mittlerweile auch auf CD erhältlich. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2025
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AusführendeMusikalische Leitung und Orgel Cappella Mediterranea
Solistinnen und Solisten
Cecilia
Donna Isabella
Santino
Don Lidio
Giuseppe (Peppino)
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- Fine -