Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur Homepage Zur Festspielseite E-Mail Impressum



Sonntag 29. September 2002, Beethovenhalle Bonn

Internationales Beethovenfest Bonn 2002



Ludwig van Beethoven : Ouverture III zur Oper Leonore C-Dur op.72a
Johannes Brahms : Konzert für Klavier und Orchester Nr.2 B-Dur op.83
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 1 D-Dur


Yefim Bronfman, Klavier
Israel Philharmonic Orchestra

Leitung: Zubin Mehta

Homepage: Internationales Beethovenfest
Zubin Mehtas Sicht auf Beethoven, Brahms und Mahler

Von Ralf Jochen Ehresmann / Fotos: pr



Das Israel Philharmonic Orchestra ist sicherlich ein Orchester, das vergleichsweise wenig durch seine randständige Lage außerhalb Europas und der USA geprägt ist; vielmehr handelt sich um einen Klangkörper in amerikanischer Tradition mit amerikanischer Sitzweise, der weltweit allerhöchstes Ansehen genießt. Dass diesem Ansehen auch eine politische Note innewohnt, unterstrichen die diesmaligen 2 Reden, und geschickter wäre es sicherlich gewesen, diesen etwa 20minütigen Programmblock eigener Art nicht gleich zuerst sondern beispielsweise nach der Ouverture anzuberaumen.
Diese folgte allerdings erst nach den Wortbeiträgen des NRW-Finanzministers Steinbrück und des israelischen Botschafters Shimon Stein, die beide sehr persönlich gehalten waren, indem beispielsweise daran erinnert wurde, dass vor 35 Jahren schon einmal Zubin Mehta mit dem Israel Philharmonic Orchestra Mahlers erste Symphonie in der Beethovenhalle aufgeführt hatte, während der Vertreter des jüdischen Staates bemerkenswerte Bögen zwischen den drei Komponisten des Abends zu schlagen wusste und damit ebensolche unterhalterischen Qualitäten bewies wie sein Vorredner.

Dem Beginn der Leonore III gab Mehta eine auffällig düstere Eingangsstimmung; die überaus langsam genommene Einleitung bei sehr bassigem Ton ließ weitere musikalische Kostbarkeiten erwarten. Der Kontrast zur 2.Hälfte nach dem gedoppelten Trompetensignal geriet denn auch entsprechend scharf, unterstützt durch rhythmisch perfekte Präzision.

Yefim Bronfman

Brahms' 2.Klavierkonzert begegnete einem fast wie ein fremdes Werk, trotz aller technischen Anforderung an den Pianisten vernahm man eine 5.Sinfonie mit obligatem Klavier. Demzufolge stellte sich hier auch hier die Frage des Dialogs etwas anders, wenn das Klavier auftragsgemäß über weite Strecken forte spielt und ein kleines Orchester für sich abgibt.

Yefim Bronfman meisterte die Aufgabe meisterlich und erwies sich damit als ein ebensolcher. Diesen Anspruch untermauerte er zusätzlich durch Schärfe und Eindringlichkeit im piano-Bereich, wo er die Spannung eher noch weiter zu steigern vermochte. Doch auch den Celli entlockte Mehta im Andante eine herrlich schmachtende Kantilene und stellte nicht nur darin ein homogenes Gleichgewicht der großen Parteien her.
Für den Applaus bedankte sich der Pianist zudem mit einer Schubert-Romanze in durchgängigem pp, als wollte er nach all der vorigen Aufwühlung einen besonderen Akzent platzieren, der in aller Andersartigkeit seinerseits ebenso intelligent auf falschen Brillantismus verzichtete.

Mahlers 1. Symphonie schloss den Reigen, und damit das auch ein jeder merke, durften die Ferntrompeten noch einmal von hinterwärts anspielen; damit verstörten sie zugleich die bislang geschaffene Aura des Naturtonraumes, den Mehta aus seinem IPO in selten gehörter Glaubhaftigkeit herausgekitzelt hatte, dabei insonderheit die Grobstrukturen nutzend als einen unendlichen Aufbau, wo sich langsame Einleitungen endlos aneinander reihen.

Zubin Mehta

Dies verwundert ein wenig, wenn man feststellt, dass Mehtas Tempi eher rasch gewählt und seine relative "Ersparnis" in den beiden Ecksätzen eingefahren wurden, für die er nur 12 bzw. 17 Minuten benötigte bei einer Gesamtdauer von 47 min.
Warum Mahler sein Scherzo nicht so überschrieben hat, werden wir wohl nie erfahren, behauptet doch das Trio gegen den Hauptteil soviel Eigencharakter und Gegensatz. Wird man zunächst, forsch und blechig, derbe eingeschunkelt, so zuckt einem der Walzertakt des Trio in die Beine, die dennoch friedlich unter Nachbars Sitz ruhen müssen.

Die Inversion des Volkston gegen sich selbst im verfremdeten "Bruder Jakob" ließ endlich einmal erkennen, dass hier einer verstanden hat, wie sinnwidrig es ist, die Eingangspassage des 3.Satzes möglichst sauber wiederzugeben. Hätte Mahler dies gewollt, so hätte er sie nicht dem Kontrabass in höchster Lage sondern z.B. den Bratschen anvertraut. Jene Unmöglichkeit war in dankenswerter Unschärfe hörbar, wie es leider nur selten der Fall ist. Die Traumeinlage des Mittelteils hingegen schmolz göttlich zart dahin.

Fulminant das Sforzato beim Donnerschlag, der den süßen Traum jäh unterbricht, bevor in stetem Auf und Ab per aspera ad astra die nicht restlos glaubhafte Fanfare des Sieges sich Bahn bricht. Die Spannung, die Zubin Mehta bis dato aufgebaut hatte, schien nicht ganz durchhalten zu wollen; so hätte man sich die herrlichen Schlieren der Geigen als weiteres Moment der Unschärfe gerne noch etwas ausgeprägter gewünscht. Auch war der Choral m.E. entscheiden zu flott.

Im Ergebnis bleibt die Erinnerung an ein großartiges Orchester, dem man den einen Patzer im Blech gerne nachsieht und das mit seinem Dirigenten eng verschmolzen scheint, was angesichts der Länge der Zusammenarbeit auch nicht weiter verwundert.



Da capo al Fine

Zur Homepage Zur Festspielseite E-Mail Impressum

© 2002 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
Email: festspiele@omm.de

- Fine -