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Zubin Mehtas Sicht auf Beethoven, Brahms und Mahler
Von Ralf Jochen Ehresmann / Fotos: pr
Das Israel Philharmonic Orchestra ist sicherlich ein Orchester, das vergleichsweise wenig durch seine randständige Lage außerhalb Europas und der USA geprägt ist; vielmehr handelt sich um einen Klangkörper in amerikanischer Tradition mit amerikanischer Sitzweise, der weltweit allerhöchstes Ansehen genießt. Dass diesem Ansehen auch eine politische Note innewohnt, unterstrichen die diesmaligen 2 Reden, und geschickter wäre es sicherlich gewesen, diesen etwa 20minütigen Programmblock eigener Art nicht gleich zuerst sondern beispielsweise nach der Ouverture anzuberaumen.
Dem Beginn der Leonore III gab Mehta eine auffällig düstere Eingangsstimmung; die überaus langsam genommene Einleitung bei sehr bassigem Ton ließ weitere musikalische Kostbarkeiten erwarten. Der Kontrast zur 2.Hälfte nach dem gedoppelten Trompetensignal geriet denn auch entsprechend scharf, unterstützt durch rhythmisch perfekte Präzision.
Brahms' 2.Klavierkonzert begegnete einem fast wie ein fremdes Werk, trotz aller technischen Anforderung an den Pianisten vernahm man eine 5.Sinfonie mit obligatem Klavier. Demzufolge stellte sich hier auch hier die Frage des Dialogs etwas anders, wenn das Klavier auftragsgemäß über weite Strecken forte spielt und ein kleines Orchester für sich abgibt.
Yefim Bronfman meisterte die Aufgabe meisterlich und erwies sich damit als ein ebensolcher. Diesen Anspruch untermauerte er zusätzlich durch Schärfe und Eindringlichkeit im piano-Bereich, wo er die Spannung eher noch weiter zu steigern vermochte.
Doch auch den Celli entlockte Mehta im Andante eine herrlich schmachtende Kantilene und stellte nicht nur darin ein homogenes Gleichgewicht der großen Parteien her.
Mahlers 1. Symphonie schloss den Reigen, und damit das auch ein jeder merke, durften die Ferntrompeten noch einmal von hinterwärts anspielen; damit verstörten sie zugleich die bislang geschaffene Aura des Naturtonraumes, den Mehta aus seinem IPO in selten gehörter Glaubhaftigkeit herausgekitzelt hatte, dabei insonderheit die Grobstrukturen nutzend als einen unendlichen Aufbau, wo sich langsame Einleitungen endlos aneinander reihen.
Dies verwundert ein wenig, wenn man feststellt, dass Mehtas Tempi eher rasch gewählt und seine relative "Ersparnis" in den beiden Ecksätzen eingefahren wurden, für die er nur 12 bzw. 17 Minuten benötigte bei einer Gesamtdauer von 47 min.
Die Inversion des Volkston gegen sich selbst im verfremdeten "Bruder Jakob" ließ endlich einmal erkennen, dass hier einer verstanden hat, wie sinnwidrig es ist, die Eingangspassage des 3.Satzes möglichst sauber wiederzugeben. Hätte Mahler dies gewollt, so hätte er sie nicht dem Kontrabass in höchster Lage sondern z.B. den Bratschen anvertraut. Jene Unmöglichkeit war in dankenswerter Unschärfe hörbar, wie es leider nur selten der Fall ist. Die Traumeinlage des Mittelteils hingegen schmolz göttlich zart dahin.
Fulminant das Sforzato beim Donnerschlag, der den süßen Traum jäh unterbricht, bevor in stetem Auf und Ab per aspera ad astra die nicht restlos glaubhafte Fanfare des Sieges sich Bahn bricht. Die Spannung, die Zubin Mehta bis dato aufgebaut hatte, schien nicht ganz durchhalten zu wollen; so hätte man sich die herrlichen Schlieren der Geigen als weiteres Moment der Unschärfe gerne noch etwas ausgeprägter gewünscht. Auch war der Choral m.E. entscheiden zu flott.
Im Ergebnis bleibt die Erinnerung an ein großartiges Orchester, dem man den einen Patzer im Blech gerne nachsieht und das mit seinem Dirigenten eng verschmolzen scheint, was angesichts der Länge der Zusammenarbeit auch nicht weiter verwundert.
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- Fine -