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Dresden

Wagner-Geburtstagskonzert I

Die Sächsische Staatskapelle

In Kooperation mit den Dresdner Musikfestspielen und der Stiftung Frauenkirche Dresden

18. Mai 2013 in der Frauenkirche Dresden

 



Sächsische Staatskapelle Dresden
(Homepage)

Außergewöhnliche Geburtstagschöre

Von Bernd Stopka / Fotos von Matthias Creutziger

Zwei Sonderkonzerte veranstaltet die Sächsische Staatskapelle Dresden zum 200. Geburtstag Richard Wagners. Am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren, verbrachte er seine Kindheit und frühe Jugend in Dresden und kehrte nach seinen Studien- und ersten Wanderjahren zurück, um dort zu erster größerer Bedeutung zu gelangen. Von 1843 bis 1848 war der Dichterkomponist Hofkapellmeister und adelte das Orchester mit dem heute immer noch geläufigen Titel Wunderharfe.  Auch die Leitung der Dresdner Liedertafel hatte er eine Zeitlang inne. So ist es nur folgerichtig, dass Christian Thielemann als sein Nachfolger an der Spitze des Weltklasseorchesters für das erste Geburtstagskonzert Chorwerke aus der Dresdner Zeit des jungen Komponisten ausgewählt hat.

Bild zum VergrößernDen Festgesang "Der Tag erscheint" komponierte Wagner 1843 zur Einweihung eines Denkmals für König Friedrich August I (das heute am Dresdner Schlossplatz steht). 1844 wurden die sterblichen Überreste Carl Maria von Webers auf Wagners Initiative nach Dresden überführt. Zu diesem Anlass komponierte er eine Trauermusik für Blasorchester nach Motiven aus Webers Oper Euryanthe und einen Männerchor An Webers Grabe. So ehrt man musikalisch den Leiter der Dresdner Liedertafel und erinnert gleichfalls an Weber, ohne dessen Einfluss Wagner nicht Wagner geworden wäre. Die Herren des Sächsischen Staatsopernchores Dresden meistern ihre Aufgaben bravourös mit Stimmkultur, Wohlklang und tadelloser Intonation.  Die Bläser der Staatskapelle beweisen mit Präzision und üppig sattem, aber nicht erschlagendem Klang, in der Trauersymphonie auch mit zarten, sanft strahlenden Tönen, dass auch Blasinstrumente Teil einer (Wunder-) Harfe sein können. Chefdirigent Christian Thielemann dirigiert mit sparsamer aber exakter Zeichengebung, die Klänge geradezu modellierend. Die viel gescholtene Akustik der Frauenkirche ist für die Singstimmen außerordentlich gut, für das Orchester aber doch sehr hallig, so dass manche Nuancierung verschwimmend verloren geht.

Bild zum VergrößernDies gilt auch und leider im Besonderen für Mendelssohns Reformationssymphonie, deren Aufnahme in das Programm auf den ersten Blick befremdlich erscheint. Doch es verweist auf eine Programmgestaltung, wie sie für Wagners Hofkapellmeisterjahre nicht unüblich war. Wagner selbst dirigierte Symphonien von Mendelssohn, den er trotz aller – bis heute nachhallenden – Vorwürfe, Schmähungen und Feinseligkeiten als Komponist durchaus schätzte.  Neben der menschlich problematischen Verbindung gibt es mehrfach eine musikalisch-motivische. An diesem Abend ist es das „Dresdner Amen“, ein musikalisches Motiv aus der Liturgie, das in gleicher Fassung sowohl von Mendelssohn verwendet wurde, als auch viele Jahre später von Wagner als Gralsmotiv im Parsifal. An hohen kirchlichen Feiertagen erklingt es in Dresden auch heute noch zum Ende des Gottesdienstes. So auch am Tag nach dem Konzert, im Pfingstsonntags-Festgottesdienst in der Kreuzkirche. Wie aus einer anderen Welt lässt Thielemann es im ersten Satz der Reformationssymphonie aus den kraftvollen Bläserakkorden sanft heraufsteigen. Das Allegro vivace nimmt er mit angenehmer Leichtigkeit, ganz unprätentiös (gerade auch hier verschleiert der Nachhall manches schöne Detail). In geradezu himmlische Sphären führt Thielemann uns zu Beginn des Andante, setzt diesem Eindruck aber kontrastreich klare Akzente entgegen. Wundervoll gelingt im Übergang zum Schlusssatz das überirdisch zarte Einführen des „Ein feste Burg“ –Themas, das der Dirigent in der Durchführung immer wieder energisch als christlich-protestantisches Bekenntnis – welches Mendelssohn so wichtig war – Klang werden lässt. Typisch für Thielemann wird das Finale intensiv ausgekostet, indem die Klänge zu einer pathetischen Schlussapotheose aufgetürmt und gehalten werden.

Bild zum VergrößernDass dieses Konzert ein geschichtliches Ereignis ist, liegt im abschließenden Werk begründet. Hat doch Wagner sein Liebesmahl der Apostel für die Frauenkirche konzipiert und bei der Uraufführung 1843 die Männerchorgruppen teils sichtbar, teils unsichtbar auf verschiedene Ebenen des Kirchengebäudes verteilt. Das erzeugt eine ganz wundervolle, fast mystische akustische Wirkung - damals wie heute. Es hat besondere Bedeutung, wenn dieses nur äußerst selten aufgeführte Werk am Ort seiner Uraufführung erklingt - und am Pfingstwochenende die Ausgießung des Heiligen Geistes beschreibt. Der ausgesprochen üppig besetzte Chor ist in Gruppen von Jüngern unterteilt, die im Dialog mit den 12 Aposteln stehen. Himmlische Stimmen aus der Höhe verheißen den das Abendmahl Feiernden die Macht des Heiligen Geistes, der mit mächtigem Brausen des Orchesters herabfährt, Jünger und Apostel gleichermaßen zutiefst ergreift und ihnen die Kraft zum „Gehet hinaus in alle Welt…“ verleiht. Aus vielen Formulierungen, Klängen und Bildern lugt hier schon der spätere Wagner hervor. Chorführung, Harmonik und manche Wendung erinnern zuweilen an Lohengrin und Tannhäuser und manchmal klingt selbst schon Parsifal an. Andere Passagen erscheinen im typischen Klanggewand der Männergesangsvereine, die zusammen mit der Dresdner Liedertafel das Werk 1200-stimmig aus der Taufe hoben. Mit der Textpassage „Gemeinsam sei Euch Hab’ und Gut!“ nimmt Wagner eine Regel der ersten christlichen Gemeinde auf – es deutet sich damit aber auch eine gesellschaftspolitische Haltung Wagners an.

Pablo Assante, der Direktor des Sächsischen Staatsopernchores, hat die Männerstimmen aus sieben verschiedenen Chören einstudiert, sie exakt aufeinander abgestimmt und sie zu einem konzentriert, engagiert und hochkultiviert singenden ausgesprochen harmonischem Ganzen zusammengeführt. Zwei Drittel des etwa halbstündigen Werkes werden a capella gesungen, bevor das Orchester einsetzt. Während des ersten Teils helfen einzelne instrumentale Tonangaben, die Intonation zu halten, was bei der Größe des Chores eine Herausforderung ist, die mit Bravour gemeistert wird - ebenso wie die exakten Einsätze, die stimmliche Ausgewogenheit und die Transparenz des Gesamtklanges, der mit dem ersten Einsatz verzaubert und gerade auch durch die ungewöhnliche Aufstellung zu einem außergewöhnlichen Klangerlebnis wird, das mit den verheißenden Stimmen aus der Kuppel einen mystischen Höhepunkt erreicht. Christian Thielemann gelingt es, das Pathos nicht zu verweigern, es aber zu bändigen und ganz wundervolle Wirkungen zu erzielen. Besonderes Augenmerk legte er dabei darauf, auch große Stimmmassen leicht klingen zu lassen. Den theatralischen Effekt der Sängerverteilung auf den Altarraum, die Seitenemporen darüber, die noch höher liegende Orgelempore und die Kuppel nutzt er nicht effektheischend, sondern effektnutzend mit einer differenziert ausgestalteten musikalischen Interpretation dieses eindrucksvollen Werkes.

FAZIT

Ein Geburtstagskonzert jenseits ausgetretener Pfade mit einer mutigen und versöhnlichen Verbindung zwischen Wagner und Mendelssohn Bartholdy, angemessen, um Wagner mit weniger bekannten Werken seiner Dresdner Zeit in Dresden zu ehren. Und das in musikalisch höchster Qualität. Das Liebesmahl der Apostel am Ort der Uraufführung zu erleben, ist ein ganz besonderes Ereignis, das einen großartigen und tiefen Eindruck hinterlässt, der so nur hier zu erreichen ist.



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Ausführende

Dresdner Kammerchor
MDR Rundfunkchor Leipzig
Philharmonischer Chor Dresden
Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Sinfoniechor Dresden
Tschechischer Nationalchor Prag
Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn

Gesamteinstudierung der Chöre:
Pablo Assante

Sächsische Staatskapelle Dresden

Christian Thielemann, Dirigent

 

Werke

Richard Wagner

Der Tag erscheint
Festgesang für Männerchor
und Blechbläser

Trauermusik
nach Motiven aus
Carl Maria von Webers Euryanthe
für Blasorchester (Trauersymponie)

An Webers Grabe
für Männerchor a capella


Felix Mendelssohn Bartholdy

Symphonie Nr. 5 d-Moll op. 107
"Reformations-Symphonie"


Richard Wagner

Das Liebesmahl der Apostel
Eine biblische Szene für Männerstimmen
und großes Orchester


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Sächsischen Staatskapelle Dresden

(Homepage)



Da capo al Fine

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