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BoSy Pur
Vor dem Vorhang

Musik von Gioachino Rossini, Johann Wilhelm Wilms und Franz Schubert

Aufführungsdauer: ca. 1 h 35' (eine Pause)

Mittwoch, 25. Oktober 2023, 20.00 Uhr
Großer Saal, Anneliese Brost Musikforum Ruhr



Bochumer Symphoniker
(Homepage)

Vom Bekannten zum Unbekannten

Von Thomas Molke

Während die Reihe mit den regulären Symphoniekonzerte unter dem neuen Generalmusikdirektor Tung-Chieh Chuang zu "BoSy Meisterstücke" umbenannt worden ist, firmiert die Konzertreihe "BoSy Pur" noch unter dem alten Namen, was nicht weiter verwundert. Schließlich stellt sich hier das Orchester nach kammermusikalischem Prinzip im größeren Rahmen ohne Dirigent vor. Die musikalische Leitung übernimmt dabei jeweils Raphael Christ, der als 1. Violinist nicht nur Teil der Symphoniker ist, sonder seit 2011 auch als 1. Konzertmeister fungiert. Die erste Veranstaltung in dieser Spielzeit beschäftigt sich unter dem Titel "Vor dem Vorhang" mit Ouvertüren. Dabei geht es jedoch nicht nur um Ouvertüren zu Bühnenstücken, wie man bei dem Titel vielleicht vermuten könnte. Nach der Pause ist auch noch eine Symphonie von Franz Schubert zu hören.

Den Anfang macht eine Opern-Ouvertüre, die sich mittlerweile zu einem regelrechten Paradestück für Orchester entwickelt hat, auch wenn die komplette Oper eher selten auf den Spielplänen der Theater zu erleben ist: La gazza ladra von Gioachino Rossini. Diese Opera semiseria erlebte ihre Uraufführung am 31. Mai 1817 in der Mailänder Scala. Zu der Ouvertüre gibt es eine Anekdote, deren Wahrheitsgehalt sicherlich in Frage gestellt werden darf. Angeblich habe Rossini dieses Vorspiel buchstäblich in letzter Minute am Tag der Uraufführung unter dem Dach der Scala geschrieben, wo ihn der Direktor gefangengesetzt habe. Seite für Seite hätten die ihn bewachenden Maschinisten die Komposition für die Kopisten aus dem Fenster werfen müssen mit dem Auftrag, den Maestro selbst hinunterzuwerfen, solle er nicht rechtzeitig fertig werden. Entstanden ist jedenfalls ein Meisterstück, dessen unvergessliche Oboenmelodie im Mittelteil auch gerne von der Werbung verwendet wird.

Den Bochumer Symphonikern gelingt unter der Leitung von Christ an der Violine ein fulminanter Einstieg in dieses Stück, das von einem anfänglichen martialischen Trommelwirbel in eine großartige Melodie übergeht, die vom ganzen Orchester mit viel Schwung und großer Präzision präsentiert wird. Sehr beschwingt geht es dann mit der erwähnten Oboenmelodie in einen wunderbaren Walzer über, der sich allmählich zu einem für Rossini absolut typischen Crescendo steigert. Während Rossini häufig bei seinen Ouvertüren wenig Bezüge zu der folgenden Bühnenwerken herstellt - die Ouvertüre zum Barbier hat er beispielsweise auch für die beiden ernsten Opern Aureliano in Palmira und Elisabetta regina d'Inghilterra verwendet -, verknüpft er in der Ouvertüre zur diebischen Elster die einzelnen Themen bereits mit den Charakteren der Opernhandlung.

Danach geht es mit einem Komponisten weiter, der heute völlig in Vergessenheit geraten ist: Johann Wilhelm Wilms. Der 1772 in Witzenleben, 35 km nördlich von Köln, geborene Komponist, publizierte ab 1793 eigene Werke und erlebte 1806 seinen Durchbruch mit seiner ersten Symphonie. In den Niederlande zählte er zu der damaligen Zeit zu den am meisten gespielten Komponisten, der sogar Beethoven übertraf und die Ehre hatte, die Melodie der damaligen Nationalhymne zu komponieren. Von seinen fünf Konzert-Ouvertüren, deren genaue Entstehungsdaten nicht bekannt sind, haben die Bochumer Symphoniker die Ouvertüre in D-Dur ausgewählt, die vermutlich die erste war und vielleicht bei einem Konzert der Felix Meritis-Gesellschaft am 27. Februar 1829 aufgeführt worden ist. Auch wenn die Einleitung recht wuchtig klingt, erreicht sie nicht den Spannungsbogen der zuvor gespielten Rossini-Ouvertüre. Anschließend folgen zwei Themen, wobei das Hauptthema als Fuge angelegt ist und das Nebenthema den Holzbläsern überlassen wird. Eine gewisse klangliche Nähe zu Beethoven lässt sich nicht leugnen. Das wird alles hervorragend von den Bochumer Symphonikern präsentiert, bleibt aber nicht wirklich im Ohr hängen, so dass es nicht verwundert, dass dieser Komponist in Vergessenheit geraten ist.

Der Komponist der dritten Ouvertüre ist dann wieder bekannter, wenn auch eher für den Liedgesang als für große Bühnenwerke: Franz Schubert. Vor der Pause gibt es die Ouvertüre zu dem Bühnenwerk Die Zauberharfe, das am 19. August 1820 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde, allerdings ein großer Misserfolg war. Für die Ouvertüre galt das nicht, weshalb sie später als Eröffnungsstück im posthumen Druck zu seiner Rosamunde erschien. Wie bei Rossini im ersten Stück kommen auch hier die Oboen besonders zur Geltung und präsentieren nach dramatischen Eingangsakkorden im Wechsel mit den Violinen eine anrührende Melodie, die in ein heiteres Lustspielthema übergeht. Auch hier geben die Bochumer Symphoniker mit präzisem Spiel einen Beweis dafür, dass der mangelnde Erfolg der Zauberharfe sicherlich nicht der Ouvertüre anzulasten war.

Nach der Pause gibt es dann noch Schuberts Symphonie 1 D-Dur, die er im zarten Alter von 16 Jahren komponierte, die jedoch in ihren vier Sätzen keineswegs nach den tastenden Versuchen eines Anfängers klingt, sondern einen souveränen Eintritt in die Welt der Symphonik beschreibt. Nach den ersten beiden Sätzen zeigt sich das Publikum vom elektrisierenden Spiel der Bochumer Symphoniker derart begeistert, dass es sogar eifrigen Beifall spendet, was ja eigentlich zwischen den einzelnen Sätzen einer Symphonie untypisch ist. Die Orchestermusiker*innen nehmen die Begeisterung mit strahlenden Gesichtern entgegen. Der vierte Satz endet dann mit einem lebhaften "Allegro vivace" genauso fulminant wie der erste Satz und reißt das Publikum zu einem regelrechten Begeisterungssturm hin. Dann ist das Konzert auch leider schon vorbei.

FAZIT

Der Abend bietet mit den drei Ouvertüren beste musikalische Unterhaltung und sorgt für gute Laune. Die Symphonie nach der Pause passt zwar nicht unbedingt thematisch, ist musikalisch aber dennoch ein Genuss.



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Ausführende

Bochumer Symphoniker

Raphael Christ, Musikalische Leitung

 


Werke

Gioachino Rossini
Ouvertüre zu La gazza ladra
(Melodramma)

Johann Wilhelm Wilms
Ouvertüre in D-Dur

Franz Schubert
Ouvertüre zu Die Zauberharfe
Zauberspiel mit Musik in drei Akten D 644

Symphonie Nr. 1 D-Dur D 82
1. Adagio - Allegro vivace
2. Andante
3. Menuetto. Allegretto - Trio
4. Allegro vivace

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den

Bochumer Symphonikern
(Homepage)



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