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Nostalgie pur auf dem Friedensplatz
Von Thomas Molke / Fotos: © Stephan Schütze Oberbürgermeister Thomas Westphal (Mitte) und Initiator der Cityring Konzerte Dirk Rutenhofer (links) begrüßen das Publikum zur Musical-Gala. Traditionell steht seit 2019 am zweiten Abend der Cityring Konzerte eine Musical-Gala auf dem Spielplan, die gewissermaßen die Brücke zwischen klassischer Oper und Operette am Freitag und großer Filmmusik zum Abschluss am Sonntag schlägt und damit die ganze Bandbreite der Dortmunder Philharmoniker zeigt, die als "Orchester der Stadt" alle Konzerte begleiten. In diesem Jahr gibt es allerdings nicht wie in den Jahren zuvor einen Querschnitt durch das Genre, sondern man konzentriert sich auf die wohl berühmteste schwedische Pop-Band aller Zeiten: ABBA. 50 Jahre ist es nun her, dass ihre Karriere mit dem Sieg beim damaligen Eurovision Song Contest in Brighton begann. Bis 1982 reihte die Band Hit an Hit, bevor sie keine weiteren Songs mehr produzierte und die Sängerinnen Agnetha und Anna-Frid eine Solo-Karriere anstrebten, während Benny und Björn sich anderen musikalischen Projekten wie beispielsweise dem Musical Chess widmeten. Ab Anfang der 1990er Jahre leitete das Synthie-Pop-Duo Erasure ein Revival ein, indem sie vier ABBA-Songs coverten. Ab 1999 eroberte dann auch das Musical Mamma Mia! mit zahlreichen Hits der Band die Musical-Bühnen der Welt und führte dazu, dass die Songs der Band auch für jüngere Generationen noch genauso aktuell sind wie vor 50 Jahren. Deswegen gibt es auf dem Friedensplatz "A Tribute to ABBA" für "50 Jahre "Waterloo". Mittanzen und Mitsingen seien ausdrücklich erwünscht, sagt Dirk Rutenhofer, der in passendem silbernem Glitzer-Jackett gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Westphal das Publikum auf dem Friedensplatz begrüßt und seiner Begeisterung für die Musik der Band freien Lauf lässt. Als Gäste für diesen Abend hat man die ABBA-Coverband Super Swede eingeladen, die in die Rollen ihrer Idole schlüpft und einen Zeitsprung zurück in die 1970er Jahre macht. Für die Cityring Konzerte hat Christoph Huber ihr Programm ABBA Fever mit sinfonischen Arrangements für die Dortmunder Philharmoniker versehen, so dass der Disco-Sound in neuem Philharmonikerglanz erstrahlt. Das mag für "ABBA-Puristen" im ersten Moment ein wenig ungewohnt klingen, schmälert den Genuss der großartigen Musik aber keineswegs, auch wenn die Aussteuerung des sinfonischen Klangs speziell bei den Songs mit Jeanette Wernecke als Agnetha nicht immer ganz optimal ist und die Sängerin stellenweise ein wenig überdeckt. Aber da ein Großteil des Publikums sowieso mitsingt und mittanzt, stört das auch nicht weiter. Rutenhofer betont in seiner Ankündigung außerdem, dass Huber sich die Zeit genommen hat, dieses Konzert auch selbst zu dirigieren, obwohl er am nächsten Tag schon in Wien sein müsse, um dort eine Auszeichnung als bester Nachwuchsdirigent Österreichs in Empfang zu nehmen. Jeanette Wernecke (Mitte links) und Yvonne Ernicke (Mitte rechts) eröffnen den Abend mit "Waterloo". Auch kostümtechnisch taucht die Band in die 1970er Jahre ein und erweckt die Illusion eines Zeitsprungs. So beginnen Jeannette Wernecke und Yvonne Ernicke als Agnetha und Anna-Frid den Abend mit dem Sieger-Titel "Waterloo" in den Kostümen, die dem damaligen Auftritt der Band in Brighton relativ exakt nachempfunden sind. Im weiteren Verlauf liefern die beiden nicht nur einen Song nach dem nächsten mit großer Begeisterung ab, sondern verbinden die Songs auch mit kleinen Anekdoten und Geschichten aus dem Leben der Band. So erwähnt Ernicke vor "Money, Money, Money", dass die Band nach der Trennung ein Angebot von 1.000.000 US-Dollar für einen erneuten gemeinsamen Auftritt ausgeschlagen habe. Auch dass im Text von "Knowing me knowing you" die Band gewissermaßen versucht habe, die Trennung der beiden Paare zu verarbeiten, mag vielen im Publikum unbekannt gewesen sein. Wernecke weist darauf hin, dass der Song "So long" ein wenig in der Melodieführung an "Waterloo" erinnere und ein Versuch der Band gewesen sei, den Erfolg des Grand-Prix-Sieges 1974 vier Monate später zu wiederholen, was aber nicht gelungen sei. Zum Glück habe es aber zahlreiche andere Songs gegeben, die die Band wochenlang an die Spitzen der Charts katapultierten. Das Publikum wird nicht nur aufgefordert, mitzutanzen und mitzusingen, sondern bekommt bei einzelnen Songs auch noch besondere Aufgaben übertragen. Beim berühmten "S.O.S" fordern Wernecke und Ernicke die Zuschauerinnen und Zuschauer auf, mit ihnen in einen Dialog zu treten und jeweils das "S.O.S" zu übernehmen. So entsteht ein ungeheures Gemeinschaftsgefühl auf dem Friedensplatz. Bei "Fernando" kurz vor der Pause erstrahlt dann der ganze Platz in einem Lichtermeer mit den Handys der Zuschauerinnen und Zuschauer. Auch nach der Pause geht es mit gemeinsamen Aktionen weiter. Hier hat nun Tom Luca als Björn seinen großen Auftritt, wenn er die Damen im Publikum auffordert, beim "Aha" in "Honey Honey" kurz aufzustehen und sich wieder hinzusetzen und "dabei den ganzen Körper schwingen zu lassen", während die Männer bei "Honey Honey" jeweils mit der Hand winken sollen. Als er den Move der Damen mit Kopfstimme vormacht und die Damen im Publikum ihm wohl dabei nicht richtig folgen wollen, kommentiert Luca humorvoll, ob er denn hier die einzige Frau auf dem Platz sei. Jeanette Wernecke (links) und Yvonne Ernicke (rechts) als "Dancing Queens" Agnetha und Anna-Frid Schon beim Einlass sind Zettel mit dem Liedtext von "I have a dream" verteilt worden, so dass klar wird, dass auch bei dem Song wieder Mitsingen angesagt ist. Ernicke und Wernicke begründen das damit, dass bei diesem Song ja eigentlich ein Chor beteiligt sei, den man aber nicht habe mitbringen können, so dass das Publikum jetzt eben für den Chor einspringen solle. Durchleuchtet man den Text des Songs, mag es aber auch noch einen weiteren Grund geben, wieso man ausgerechnet dieses Lied ausgewählt hat. In Zeiten wie diesen kann ein Traum bzw. ein Lied vielleicht wirklich helfen, mit der harten Realität der aktuellen politischen Situation fertig zu werden. Für den berühmten Song "Dancing Queen" haben dann Wernecke und Ernicke ein weiteres legendäres ABBA-Outfit angelegt und leiten damit das Ende des Abends ein. Danach bleibt ihnen eigentlich nur noch, "Thank you for the music" zu sagen. Schlussapplaus: von links: Björn (Tom Luca), Anna-Frid (Yvonne Ernicke), Christoph Huber, Agnetha (Jeanette Wernecke) und Benny (Jascha Wonerow) Natürlich lässt das Publikum die Band nach diesem mitreißenden Abend nicht ohne Zugaben gehen. Zunächst gibt es ein Medley aus zahlreichen Songs, die im Programm bereits präsentiert worden sind, bevor die Band den eher unbekannten Song "Summer Night City" aus dem Hut zaubert. Damit soll dann eigentlich Schluss sein, doch da hat man die Rechnung ohne Rutenhofer gemacht, der nicht nur in seinem Glitzer-Jackett und zahlreichen Sonnenblumen erneut die Bühne betritt und das Publikum anheizt weiterzuklatschen, sondern auch noch seiner Begeisterung darüber freien Lauf lässt, dass die Musik der Band ein junges Publikum, das im Gegensatz zu ihm die Original-Band nicht mehr live habe erleben könne, genauso begeistert wie die älteren Besucherinnen und Besucher und damit Generationen verbindet. Und da die "Sperrstunde" auf dem Friedensplatz noch nicht erreicht sei, fordert er noch eine weitere Zugabe von der Band. So gibt es noch einmal "Dancing Queen", bevor das Publikum beschwingt und von Nostalgie beseelt den Friedensplatz verlässt. FAZIT Der Abend macht deutlich, wie zeitlos die Musik der größten schwedischen Pop-Band ist. Programm des Konzertes
"Waterloo"
"Chiquitita"
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Produktionsteam
Musikalische Leitung Dortmunder Philharmoniker Super Swede, Band Backing Vocals
Solistinnen und Solisten
Jeanette Wernecke |
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