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Don Sebastiano

Musik von Gaetano Donizetti
Libretto von Eugène Scribe

Szenische Erstaufführung der von Elio Boncompagni
wiederhergestellten Wiener Fassung
in der italienischen Übersetzung von Giovanni Ruffini

Premiere am Theater Aachen
am 31. Januar 1998

Von Heike Schumacher / Fotos von Ludwig Koerfer




Opulente szenische Erstaufführung

Aachenes GMD hat mit der szenischen Erstaufführung von Donizettis letzter Oper „Don Sebastino“ in der von ihm selbst rekonstruierten Fassung einen guten Griff getan. Die Oper hat das Format zum Ohrwurm zu werden, auch wenn die Handlung teilweise etwas schwer zu entwirren ist. Im Grunde geht es zum einen um eine tragische Liebesgeschichte zwischen dem König von Portugal, Don Sebastiano und einer Maurenprinzessin, zum anderen um Thronfolgestreitigkeiten und Auseinandersetzungen mit der spanischen Inquisition. Verbindendes Element zwischen beiden Handlungssträngen stellt die Figur des portugiesischen Nationaldichters Camoes dar, der sich selbst als „Sänger, Dichter, Soldat“ bezeichnet und prophetisch auf den Untergang des portugiesischen Heeres hinweist.

Boncompagnis Verdienst ist die Wiederherstellung der italienischen Fassung, die Donizetti für Wien überarbeitet hatte und die anstelle des französischen Librettos die italienische Übertragung von Giovanni Ruffini enthielt. Gegenüber der Pariser Uraufführung von 1843 sind unter anderem die langen Rezitative gekürzt worden. Die Lissabonner Aufführung von 1845 brachte dann schwere musikalische und textliche Eingriffe mit sich - nicht zuletzt aus politischen Gründen. Und in dieser Fasung wurde die Oper dann 1865 publiziert. Wegen Donizettis zunehmender Erkrankung geriet die ursprüngliche Fassung in Vergessenheit.

Musikalisch ging Donizetti mit dieser Oper neue Wege, die manche Entwicklung bei Verdi bereits vorausnahm. Diese seine letzte Oper hat Donizetti selbst als sein Hauptwerk betrachtet. Es war auch sein erster Versuch auf dem Feld der Grand Opéra. Umso interessanter war es, diesen ganz anderen Donizetti nun in Aachen nicht nur konzertant (wie bei der Uraufführung in Stuttgart 1996 ), sondern auch szenisch gelungen vorgeführt zu bekommen.

Foto: Aachen/Don Sebastiano Foto 1:
Monica Minarelli (Zaida), Götz Seiz (Don Enrico), Randall Jakobsch (Don Giovanni da Silva), Robert Woroniecki (Don Sebastiano), Ettore Kim (Camoens) und Andreas Joost (Don Antonio)

Die Inszenierung des Teams aus der mit Aachen kooperierenden Oper Bilbao brachte opulente Bilder, wunderschöne Kostüme in einem abwechslungsreichen und dennoch schlichten Bühnenbild. Sehr gut gelöst war z.B. die Ausgestaltung des maurischen Palastes einfach durch schwere, geraffte Samtvorhänge und Kissen oder der Säulenwald des Palastes, in dem sich das Eifersuchtsdrama zwischen Zaida und Abaialdo abspielte. Zusammen mit einer gelungenen Personenführung ergab sich eine „große Oper“ im klassischen Sinn. Es war vielleicht nicht die modernste Inszenierung, aber sie bestach durch Liebe zum Detail und grandiose Massen-Tableaus. Die an alte Meister erinnernden Arrangements boten den gelungenen Rahmen für die Donizetti’sche Musik.

Foto: Aachen/Don Sebastiano Foto 2:
Monica Minarelli (Zaida) und Robert Woroniecki (Don Sebastiano)

Boncompagni zeigte eine großartige Ensemble-Leistung. Die Partie der Zaida, allein unter so vielen Männerstimmen, bot immense Schwierigkeiten: Koloraturen, Kadenzen, riesige Belcanto-Partien - hier wurde der Mezzosopranistin Monica Minarelli einiges abverlangt. Sie meisterte dies bravourös in hohen und auch den überraschend tiefen Lagen. Besonders anrührend sang sie die lyrischen Passagen des zweiten Teile nach der Pause. Robert Woroniecki in der Titelpartie des Don Sebastiano war ihr da ein ebenbürtiger Partner - auch er hatte seine Stärken in den lyrischen Partien, die dramatischen Ausbrüche waren in den Höhen etwas scharf. Szenenapplaus erhielt zu Recht Ettore Kim als Dichter Camoes. Der junge Tenor präsentierte ein wunderbares Belcanto, fließend und ausdrucksstark. Mario Taghadossi als Abaialdo verkörperte mit leidenschaftlichem Ausdruck und biegsamer Stimme den eifersüchtigen Herrscher eindrucksvoll. Randall Jakobsch als Don Giovanni rundete mit voller und gut geführter Baßstimme das Bild eines großartigen Ensembles ab. Große Qualität bewiesen die Sänger auch in dem kompositorischen Meisterstückchen des Septetts im vierten Akt, in dem sechs männliche Solisten, ein dreistimmer Männerchor und als einzige Frauenstimme die der Zaida zusammengeführt werden. Dieser schwierige Zusammenklang gelang mühelos unter der sicheren Führung von Boncompagni.

Überhaupt lebt diese Oper von den großartigen Tableaus und Chorszenen. Fast in jeder Szene tritt der Chor oder Teile des Chores mit auf, muß agieren, reagieren und den Zusammenklang halten. Der Aachener Opernchor zusammen mit dem Extrachor kann sich da sehen lassen. Klanglich und schauspielerisch boten sie eine Meisterleistung, perfekt einstudiert von Norbert Hebel.

Das Aachener Publikum honorierte die Leistung aller Beteiligten zu Recht mit begeistertem Applaus.


FAZIT:

Eine gelungene Wiedererweckung, die die Reise ins Grenzland lohnt.

Logo: Theater Aachen

Musikalische Leitung
Elio Boncompagni

Inszenierung
Luis Iturri

Bühnenbild und Kostüme
Carlos Cugat

Kostüme
Jesus Ruiz

Choreinstudierung
Norbert Hebel

Dramaturgie
Astrid Sadrieh


Solisten

Don Sebastiano, König von Portugal
Robert Woroniecki

Don Antonio, sein Onkel, Regent
Andreas Joost

Don Giovanni da Silva, oberster Richter
Randall Jakobsch

Camoens, Soldat und Dichter
Ettore Kim

Ben Selim, Herrscher von Fez
Wolfgang Biebuyck

Zaida, dessen Tochter
Monica Minarelli

Abaialdo, Herr der Arabischen Völker
Mario Taghadossi

Don Enrico, Statthalter von Don Sebastiano
Götz Seiz

Erster Richter
Andreas Joost

Zweiter Richter
Willy Schell

Dritter Richter, Inquisitor
Götz Seiz

Ein Soldat
Wolfgang Biebuyck


Opernchor des Theaters Aachen
Extrachor des Theaters Aachen

Sinfonie Orchester Aachen
GMD Elio Boncompagni





Weitere Aufführungen

Februar ‘98 6., 8.
März ‘98 10., 13., 15., 19.,
21., 26., 29.
April '98: 1., 3., 11., 22.
Mai '98: 23.





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