Das Rheingold
Der Ring des Nibelungen - Vorabend
von Richard Wagner
Premiere an der Oper der Bundesstadt Bonn
am 7. September 1997
Von Stefan Schmöe
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Fotos von Thilo Beu
Mit neuem Intendanten wird in Bonn wieder alles gut:
Das Rheingold als göttliches bürgerliches Lustspiel
In Bonn ist das Jahr 1 nach Giancarlo del Monaco angebrochen. Dem
Intendanten, der die Bonner Oper in repräsentativ-langweiligen
künstlerischen Stillstand geführt hat und immer so herrlich gegen
die bösen Kritiker wetterte, ist mit Dr. Manfred Beilharz eine
Persönlichkeit nachgefolgt, die künstlerische Wiederbelebung
verspricht. Als Eröffnungspremiere seiner Intendanz Wagners doch
vergleichsweise sperriges "Rheingold" auszuwählen ist ebenso
zukunftsweisend (zur Jahrtausendwende soll der "Ring" sich schließen)
wie mutig. Das Risiko eines Publikumsmißerfolges wußte Beilharz
freilich zu mindern: Die Inszenierung Siegfried Schoenbohms ist eine Art
"remake" des Kasseler "Rheingoldes", welches das Duo Beilharz/Schoenbohm
dort schon einmal im Jahre 1983 auf die Bühne stellten, offenbar mit
Erfolg.
Wehende Tücher markieren den Rhein, die Felslandschaft der Götter
ist eine liebevoll auf Tuch gemalt, und der Abstieg nach Niebelheim
vollzieht sich wie vom Meister persönlich noch so gewünscht vor
einem Prospekt, der abgespult wird: Schoenbohm bietet jede Menge quasi
barocken Theaterzauber mit viel Nebel, wobei die ganze Theatermaschinerie
aufgefahren wird - so hat's sich auch Goethe im Vorspiel auf dem Theater
erbeten (Drum schonet mir an diesem Tag /Prospekte nicht und nicht
Maschinen). In diesem Sinne faßt Schoenbohm auch das "Rheingold" auf.
Der Vorabend der hochdramatischen Tetralogie als Lustspiel - mit Betonung
auf der zweiten Silbe.
Die Götter, dekadente Großbürger des 19. Jahrhundert, hat es
mitsamt Dienstpersonal auf einer Reise ins unwirtliche Hochgebirge
verschlagen. Sie zelebrieren eine bürgerliche Komödie, in der der
korrekte Sitz von Frickas Frisur allemal wichtiger ist als das
Überleben der Gattung. Alberich, zunächst ein netter Kerl, wandelt
sich zum schmierigen Fabrikbesitzer, der uns die Schattenseiten des
Frühkapitalismus vorführt. Schoenbohm führt uns ins
vergangene Jahrhundert, das offenbar die Übel des jetzigen sich dem
Ende neigenden in sich birgt: Walhall ist ein (vermutlich
atombombensicherer) Bunker.
Das ist nicht neu und nicht unbedingt originell, aber es ist hervorragend
gemacht. An der Personenführung hat der Regisseur detailbesessen
gefeilt, und die Bildlösungen sind zwingend. Mit dem überragenden
Franz-Josef Kapellmann als Alberich und Alfons Eberz als furiosem und
intrigantem Loge hat er zwei effektsichere Protagonisten zur Verfügung,
die den Spannungsbogen durch den Abend aufrecht erhalten, selbst wenn Eberz
den Schwung seiner wahrlich grandios gestalteten Auftrittsszene in der
Premiere nicht bis zum Ende beibehalten konnte. Etwas blaß blieb der
zu sehr liedhaft gestaltete Wotan von Max Wittges, exzellent dagegen
präsentierte sich das hervorragend aufeinander abgestimmte
Rheintöchter-Terzett.
Dem Kammerspiel-Gestus der Inszenierung gemäß beschränkte
sich Marc Soustrot darauf, mit dem Orchester die Sänger dezent zu
begleiten. Ein wenig akzentuierter hätte es ruhig aus dem
Orchestergraben klingen dürfen. Den Erfolg des vergnüglichen
Abends (dem die für den Fortgang des Dramas nötigen bedrohlichen
Untertöne aber keineswegs fehlten) schmälerte dies aber kaum.
FAZIT:
Jetzt neu in Bonn: Gelungenes Ensembletheater statt tristem Starkult.
Daß sich mit Franz-Josef Kapellmann, als Alberich gerade zu CD-Ehren
gekommen, dennoch ein Star einschlich, nimmt man gerne in Kauf.