Premiere der Deutschen Oper am Rhein am 21.12.1996 im Theater Duisburg
Graf Luna - Mikel Dean Leonora - Rebecca Turner Azucena - Vera Baniewicz Manrico - Corneliu Murgu Ferrando - Johann Tilli Ines - Marianna Váradi Ruiz - Wilhelm Richter Ein Zigeuner - Gunther Korth Ein Bote - Elimar Köster
Markus Lüpertz, bildender Künstler mit Hang zur Selbstdarstellung, hat die Bühne mit riesigen bemalten Bettlaken aushängen lassen, die nach bewährter Art des Schultheaters mal Kloster (Spitzbögen, gotisch), mal Gefängnis darstellen oder einfach nur der Phantasie ihren Lauf lassen. Das ist hübsch, geht allerdings mit der Zeit etwas auf die Nerven. Die Sänger stellen sich an die Rampe, singen ihre Nummer mehr oder weniger souverän herunter, verbeugen sich pathetisch und gehen ab. Wären nicht die aufwendigen Kostüme, die jede Charakterisierung des dramatischen Personals von vornherein ausschließen, aber farblich wunderschön mit dem Bühnenbild korrespondieren, so könnte man meinen, das Ensemble habe sich verlaufen und wolle eigentlich im nächstbesten Wunschkonzert auftreten.
So aber stolpern sie in ihrer drolligen Aufmachung etwas unbeholfen über die Bühne, tun sich nichts zuleide und ärgern insofern das Publikum, als das sie hin und wieder, insbesondere in den Chorpartien, neckische Tanzschritte einstudiert haben, die offensichtlich "provokant" sein sollen. Wir setzen das Wort in Anführungsstriche, da uns die Bedeutung dieses niedlichen choreographischen Elements auch nicht annähernd klar geworden ist, uns der passendere Begriff "Verarschung" in unserem grundanständigen Online Musik Magazin aber nur schwer über die Tastatur geht.
Das Publikum, zunächst noch brav jede Arie beklatschend, verlor irgendwann die Beherrschung und entlud die angestauten Agressionen an dem an sich unschuldigen Corneliu Mugru, der den Manrico insgesamt ganz ordentlich zu Gehör brachte, aber nach den unerwarteten (und speziell für ihn auch unberechtigten) Buhrufen für den Rest des Abends die Fassung verlor. Mikel Dean, als Luna traditionell Manricos Rivale (in dieser Inszenierung haben sich aber irgendwie alle ganz lieb), entschuldigte sich als indisponiert und griff sich permanent an den Hals, als wolle er auch noch optisch auf erhebliche stimmliche Defizite aufmerksam machen. Rebecca Turner als Leonora blieb sehr blaß und ziemlich unsauber, so daß nur Vera Baniewicz als Azucena überzeugen konnte. Ira Levin dirigierte die Duisburger Sinfoniker, als handele es sich hier um ein besonders heiteres Werk. So schließt sich der Kreis: "Il trovatore", dargeboten als nette Operette.
Die Nervosität, die das Ensemble nie ablegen konnte, mag man damit entschuldigen, daß einige Tage vor der Premiere Constantin Dumitru, der den Ferrando singen sollt, plötzlich verstarb, was an den Kollegen sicher nicht spurlos vorrübergegangen ist. Die inszenatorische Konzeptlosigkeit, die im Programmheft damit gerechtfertigt wird, daß die Handlung ja eh blöde ist, und die durch das einigermaßen phantasievolle Bühnenbild nicht annähernd aufgefangen werden kann, ist eher Anzeichen für eine künstlerische Krise der Deutschen Oper am Rhein.