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Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Hohes Niveau gerät öfter ins WankenVon Ruth Schmüdderich / Fotos von Martin Kaufhold
Daran schließt sich eine Szene im Hause von Higgins an, das aufklappbar wie ein altes englisches Puppenhaus ist. Nur leider findet sich darin nicht die erwartete anheimelnde Ausstattung, sondern nur ein paar Sitzmöbel, die es kaum schaffen, diesem düster gestrichenen Raum einen Hauch von Wohnlichkeit zu verleihen. Selbst wenn das Haus die Gefühlskälte von Prof. Higgins widerspiegeln soll, so ist es doch bei jedem Erscheinen ein wahrer Stimmungskiller. Verwöhnt wird das Auge dann wieder beim Ascot-Rennen, wo auf Vorhang und Prospekt Figuren oder Pferde dargestellt sind, die im Stile von René Magritte gemalt sind. Über dieser Szene schwebt eine wunderschöne leichte Stimmung. Ebenfalls beeindruckend ist der imposante Ballsaal, der ganz in schwarz gehalten ist und indem sogar die bühnenwirksame große Freitreppe nicht fehlt. Leider sind diese üppigen Bühnenbilder nur im ersten Akt zu finden, der zweite geht in dieser Hinsicht ziemlich leer aus.
Was die Kostüme betrifft, so korrespondieren deren Qualität sehr mit der des Bühnenbildes. Gerade die Ensemble-Szenen im ersten Akt sind sehr üppig und mit einer Prise Ironie ausgestattet. Beispielsweise findet sich beim Ascot-Rennen eine so riesige Ansammlung von spießigen Damenkostümen, wie man sie nicht einmal bei großbügerlichen Veranstaltungen von Rang anträfe. Es macht sich auch bemerkbar, dass das Stück in die Jetzt-Zeit verlegt worden ist, denn die heutige Alltagskleidung hat natürlich nicht die Bühnenwirksamkeit der Jahrhundertwende-Kostüme des Originals. Insgesamt hat Frank Hoffmann eine Fülle von guten Einfällen, so dass gar nicht auf alles eingegangen werden kann. Jedoch ein gutes Beispiel ist die Idee, Eliza während des Liedes "Wart's nur ab" an Stelle von Henry Higgins, eine Praline aufs grausamste massakrieren zu lassen. Sein Talent zur Ironie stellt er bei der Persiflage des oberflächlichen Gehabes der besseren Gesellschaft unter Beweis. In der Ascot-Szene läßt er die Akteure so gekünstelt einander zu winken und ihre "Hallos" zu gespielt freundlich zurufen, daß im Gesamtbild ein durchchoreographierter Bewegungsablauf entsteht.
Auch die Idee die Handlung in die Jetzt-Zeit zu verlegen, bietet Platz für einige gelungene Adaptionen. Beispielsweise werden antiquierte Aufnahmegeräte durch Videokamera und Großbild TV ersetzt. Das belebt die Szenen in Higgins Haus ein wenig. Überraschend komisch ist es, wenn Monitore von oben herabgelassen werden, die mal die Buchstaben der Sprachübungen anzeigen oder am Schluß einfach ein klopfendes Herz. Doch auch die guten alten Tricks begeistern das Publikum. So schweben verschiedene Gegenstände an einem Seil aus dem Bühnenhimmel. Was besonders passend ist, wenn Freddy (Axel Mendrok) bei "In der Straße, mein Schatz, wo du lebst" vor Glück schwebt. Er macht selbst noch am Seil hängend eine gute Figur. Nicht allein vom Typ her ist er eine Idealbesetzung für den Freddy, besonders seine schöne Stimme lassen jeden einfach dahin schmelzen. Zudem hat er auch von der schauspielerischen Leistung her überzeugen können. Er wurde in der Gunst des Publikums nur noch von Franz Nagler als Alfred Doolittle übertroffen, denn er verkörperte die Rolle des Müllkutschers mit ausgesprochener Hingabe und gewinnender Herzlichkeit. Auf diese Weise riss er als herausragender Schauspieler bei all seinen Auftritten das Publikum einfach mit. Erfreulicherweise war er auch von Akteuren, wie P. Velazquez, H.-G. Buchweitz, E. Herold und G. Scheer umgeben, die ebenso Spaß an ihren Rollen hatten und zudem stimmlich hervorragend harmonierten.
Die Hauptdarsteller, die wie alle anderen auch mit einem Mikro verstärkt wurden, brauchten anfänglich eine Weile, um in ihre Rollen zu finden. Marianne Larsen als Eliza glänzte dann mit großem Stimmumfang, wobei ihre Stimme selbst in hohen Lagen noch angenehm voll klang. Musikalisch souverän verjazzte sie sogar ihre Lieder. Bemerkenswert war Larsens Darstellung der charakterlichen Verwandlung der Eliza, die sehr glaubhaft war. Higgins (Ulrich Gebauer) wirkte als ewiges Muttersöhnchen gerade anfänglich ein wenig farblos und seine Dialoge waren dann kraftlos und deshalb weniger überzeugend. Doch er lief im Laufe des Stückes zu besserer Form auf. Nikolaus Haenel als Oberst Pickering bildete im diesem Trio den ruhigen Pol, wie es der Rolle entspricht. Er wirkte, genauso wie Evelyn Matzura (Mrs. Higgins) durch große Bühnenpräsenz. Insgesamt laßt sich resümieren, daß alle Darsteller den mehr oder weniger feinsinnigen Humor des Stückes rüberbrachten. Besonders taten das auch Mrs. Pearce (Leandra Overmann) und die anderen Hausdiener (T. Sahrio, K. Mauel, C. Raucamp, J. Flögl), wobei der stimmlichen den darstellerischen Qualiäten nicht zurück standen. Das Orchester gab dazu ein lebhaftes Tempo vor, das während des ganzen Stückes beibehalten wurde. Die Qualität blieb dabei erfreulicherweise nicht auf der Strecke.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Choreographie
Bühne
Kostüme
Licht
Choreinstudierung
Dramaturgie
Solisten
Henry Higgins
Eliza Doolittle
Alfred P. Doolittle
Oberst Pickering
Mrs. Higgins
Mrs. Pearce
Freddy Eynsford-Hill
Mrs Eynsford-Hill
Prof. Zoltan Karpathy
Harry
Jamie
1. Cockney
2. Cockney
3. Cockney
4. Cockney
Mrs. Hopkins
Wirtin
Zofe
1. Butler
2. Butler
3. Butler
4. Butler
Königin von Transsylvanien
Prinzgemahl
Lakai
Dr. Themistocles Stefanos
Ärgerliche Leute
Guido Scheer, Reinhard Dingel-Schulten,
Mehrfachbesetzungen in alphabetischer
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