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Musiktheater
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Die Zauberflöte

Deutsche Oper in zwei Aufzügen
Text von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart


in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3h 15' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 19. Dezember 2009


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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Theater, nichts als Theater!

Von Stefan Schmöe / Fotos von Pedro Malinowski


Das Haus ist frisch saniert, der Saal fein herausgeputzt, die dunklen Vertäfelungen glänzen elegant in geheimnisvollem Licht, und über den Zuschauern wölbt sich ein Sternenhimmel aus vielen kleinen Lichtern. Das Theater feiert sich mit der Zauberflöte, und das mag nicht der schlechteste Grund dafür sein, dass Regisseur und Bühnenbildner Michiel Dijkema den Zuschauerraum auf der Bühne fortgesetzt hat, mit mehreren gestaffelten roten Vorhängen und einer sich verjüngenden Perspektive: Theater, nichts als Theater auf der Bühne. Das Musiktheater im Revier (MiR) stellt sich selbst in den Mittelpunkt. Zu Recht, schließlich feiert das MiR seinen 50. Geburtstag und die gelungene Renovierung seines Theaters.

Vergrößerung in neuem Fenster Vorsicht vor alten Damen:
Tamino lässt sich retten.

Zur Feier steht als Hauptwerk Mozarts Zauberflöte auf dem Programm, Zauber- und Maschinentheater aus der Wiener Vorstadt, ein vielgeliebtes und trotzdem mitunter gescholtenes „Machwerk“, keine große repräsentative Festoper, eine Art theatralische Wundertüte, aus der ebenso das Kasperletheater herauskriecht wie die großen humanistischen Ideen. Bunt und manchmal schrill, voller Überraschungen und manchmal eine Zumutung. So jedenfalls präsentiert sie sich in Gelsenkirchen. Dijkema und Bühnenbildnerin Claudia Damm versuchen das Stück ganz konventionell in der Tradition eben des Wiener Vorstadttheaters, aus der das Werk entstanden ist, und doch ganz neu zu erzählen. Vor allem möchten sie überraschen. Manchmal auch überrumpeln.

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Vorsicht Zauberei:
Papageno und das Glockenspiel

Die erste Pointe gelingt ihnen in der Ouvertüre. Wenn nämlich der dreifache Bläserakkord zum zweiten Mal erklingt, öffnet sich für einen kurzen Moment der Vorhang, und man sieht Sarastros Weisheitstempelgesellschaft wie eine Zirkuskapelle in knalligem Rot gekleidet eben diese Akkorde blasen. Später erscheint die Schlange als niedlicher Pappmaschee-Drache, die drei Damen der Königin sind aggressive Rentnerinnen mit Regenschirm und Handtasche, als Zauberflöte wird kurzerhand einem Musiker aus dem Orchester die Querflöte entwendet, und das Glockenspiel ist fachgerecht im Pappkarton mit der Aufschrift „Caution: Magic“ verpackt – darinnen verbirgt sich eine Mini-Celesta samt reichlich verstaubtem Spieler. Die wilden Tiere sind von erstaunlicher zoologischer Vielfalt vom Pinguin bis zur Riesenspinne, und Blitz und Donner gibt es sowieso im Übermaß. Natürlich macht das Spiel da nicht halt vor Orchestergraben und Zuschauerraum. Viel pralles Theater also, dass in vielen Elementen frisch und unverbraucht wirkt und im ersten Akt sehr kurzweilig ist (im zweiten hat sich mancher Effekt dann doch erschöpft und führt zu Längen).

Vergrößerung in neuem Fenster Rettungsdienst im Einsatz:
Die drei Knaben und Tamino

Das liegt allerdings auch daran, dass Dijkema sich schwer mit der „Bedeutungsebene“ tut. Die Königin der Nacht erscheint als ziemlich knapp bekleidetes glatzköpfiges Mädel, die einen Panzer mit etlichen Brüsten wie eine prähistorische oder „primitive“ Muttergottheit vorgehängt hat. Die Königin als Ur- oder Übermutter? Darüber kann man ja diskutieren, aber welcher hochtheatralische Auftritt wird hier verschenkt! Die Figur scheint derart vollgehängt mit Symbolik, dass sie ihre menschlichen Züge weitgehend einbüßt. Mindestens genauso problematisch ist die Figur des Sarastro. Bei seinem ersten Auftritt erscheinen er und seine Gefolgschaft als Jagdgesellschaft, die gerade all' die niedlichen Tiere aus der Szene zuvor erlegt hat. In seinem Staat werden Sklaven misshandelt, und die 77 Sohlenstreich für Monostatos, klarer Fall von Folter, erledigt er gleich selbst. Das ist ein Bild durchaus mit Schockeffekt, weil es gänzlich unvorbereitet kommt, eine Art „Widerhaken“ gegen eine allzu glatte und gefällige Rezeption. Aber von da an gerät die Inszenierung in eine Schieflage.

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Komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung:
Die Königin der Nacht und Pamina

Gerade bei einer so verspielten Inszenierung müsste der Konflikt zwischen Gut und Böse, so unübersichtlich die Grenzlinie dazwischen in der Zauberflöte auch verläuft, mehr und mehr ins Zentrum rücken. Hier aber ist die Königin nicht recht ernst zu nehmen (wenn sie am Ende mit Morgenstern und Panzerfaust anrückt schon gar nicht), Sarastro ist ein unangenehmer Despot (was rezeptionsgeschichtlich betrachtet inzwischen schon wieder ziemlich „out“ ist), Papageno ein Wesen aus dem Kasperletheater und Pamina und Tamino dadurch ziemlich auf sich gestellt. Bei Dijkema schnurrt die Maschinenkomödie, aber das Humanitätsdrama wird angezweifelt. Wenn eine Inszenierung aber das Theater feiern will, warum verweigert sie dann den utopischen Schluss? „Das Theater ist eine Sonne“ heißt es als Regieanweisung bei Mozart und Schikaneder im Finale. Hier sind es dann doch nur ein paar Lampen, weil das Regieteam die Humanitätsidee anzweifelt.

Den drei Damen, der Königin und Monostatos werden im Finale die Kehlen aufgeschnitten - und stehen zum Schlusschor dann aber munter wieder auf. So ist letztendlich alles Theater, nichts als Theater. Das ist einerseits ziemlich viel, andererseits aber doch ein bisschen wenig.

Vergrößerung in neuem Fenster Gewaltbereite Spaßgesellschaft:
Sarastro und Gefolge

Musikalisch glänzt vor allem die Neue Philharmonie Westfalen unter der sehr differenzierten Leitung von Rasmus Baumann. Der wählt zügige, unpathetische Tempi und hat auch klanglich sehr genau gearbeitet. Lars-Oliver Rühl ist ein Tamino mit lyrischer, weicher Stimme, der auch sehr schön phrasiert (etwas störend ist, dass manchmal der erste Ton einer Phrase unsauber angestoßen wird). Petra Schmidt ist eine warm leuchtende Pamina mit wunderbar substanzvollem Pianissimo. Die beiden geben optisch wie stimmlich ein attraktives „hohes Paar“ ab. Sehr solide ist der unprätentiöse Sarastro von Michael Tews, mit profunder Tiefe, aber keineswegs altväterlich gesungen.

Piotr Prochera gibt einen volkstümlichen Papageno, der ordentlich gesungen ist, aber noch konturierter sein könnte, Alfia Kamalova ist eine jugendlich frische Papagena. Mit scheinbar müheloser Leichtigkeit singt Diana Petrova die Koloraturen der Königin, allerdings fehlt der kleinen, lyrischen Stimme alles „Hoheitliche“ und damit auch das Dämonische. Die drei Damen (Richetta Manager, Noriko Ogawa-Yatake, Anna Agathonos) liefern spielerisch wie sängerisch ein komödiantisches Kabinettstückchen ab, sehr homogen und klangschön singt das Knabenterzett (Migena Gjata, Engjellushe Duka und Denitsa Pophristova). E. Mark Murphy ist ein stimmlich beweglicher Monostatos, Björn Waag ein solider Sprecher. Sehr homogen und differenziert singt der Chor (Einstudierung: Christian Jeub), wobei die Feinabstimmung mit dem Orchester noch besser sein könnte.


FAZIT

Viel gelungener Theaterzauber, aber bei der tieferen Bedeutung wird's unübersichtlich: Eine Inszenierung, die ambivalente Eindrücke hinterlässt. Musikalisch sehr überzeugend.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rasmus Baumann

Inszenierung und Bühne
Michiel Dijkema

Kostüme
Claudia Damm

Licht
Jürgen Rudolph

Chor
Christian Jeub

Dramaturgie
Juliane Schunke



Statisterie des
Musiktheater im Revier

Opernchor und Herren
des Extrachores des
Musiktheater im Revier

Neue Philharmonie
Westfalen


Solisten

* Alternativbesetzung

Sarastro
Michael Tews
/* Dong-Won Seo

Tamino
Lars-Oliver Rühl

Sprecher
Björn Waag
/* Joachim G. Maaß

Priester
William Saetre

Königin der Nacht
Diana Petrova

Pamina
Petra Schmidt

1. Dame
Richetta Manager

2. Dame
Noriko Ogawa-Yatake

3. Dame
Anna Agathonos
/* Almuth Herbst

Papageno
Piotr Prochera

Papagena
Alfia Kamalova

1. Knabe
Migena Gjata

2. Knabe
Engjellushe Duka

3. Knabe
Denitsa Pophristova

Monostatos
E. Mark Murphy

Erster Geharnischter
William Saetre

Zweiter Geharnischter
Joachim G. Maaß
/* Dong-Won Seo




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Da capo al Fine

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