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Musiktheater
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Rusalka

Lyrisches Märchen in drei Akten
Text von Jaroslav Kvapil
Musik von Antonin Dvorak


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 29. April 2012


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Musiktheater im Revier
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Sie konnten zueinander nicht kommen, das Wasser war viel zu tief

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Pedro Malinowski, © Musiktheater im Revier


Rusalka, die vorletzte, 1901 im Prager Volkstheater uraufgeführte Oper Antonin Dvoraks ist heute sicherlich sein am häufigsten aufgeführtes und erfolgreichstes Musiktheaterwerk. Das war nicht immer so. Im Anschluss an die deutsche Erstaufführung 1929 verschwand die Oper für weitere 20 Jahre, bevor sie erneut und heute mehr denn je rezipiert wird. Libretto-Vorlagen sind De La Motte-Fouqués Märchen und E.T.A. Hoffmanns Oper Undine bzw. Hans Christian Andersens Kleine Meerjungfrau. Allerdings schuf Jaroslav Kvapil keine romantische Identifikationsfigur, sondern eher eine tragische Symbolgestalt der Jahrhundertwende, dem Dvorak mit liedhaften Arien und Tanzformen das musikalisch schillernden Gewand einer romantischen Märchenoper verlieh.

Zur ursprünglichen Geschichte: Die Nixe Rusalka liebt einen Prinzen, sehnt sich nach Menschengestalt und menschlicher Seele und willigt in den unmenschlichen Preis ein, fortan zu verstummen. Am Hochzeitstage von ihrem Liebsten verstoßen muss sie mit ansehen, wie eine fremde Fürstin den Prinzen verführt. Voller Trauer kehrt Rusalka in ihre Welt zurück. Zur Strafe in ein Irrlicht verwandelt, lehnt sie das Rettungsangebot der Hexe ab, Rache zu üben und den Prinzen zu töten. Vor Sehnsucht krank geworden sucht der Prinz schließlich seine verstoßene Geliebte auf und bittet sie um Erlösung – trotz der Warnung Rusalkas, der rettende Kuss werde ihm den Tod bringen.


Foto kommt später

Rusalka (Petra Schmidt)

Der Natur- und Märchenmystik beraubt führt Regisseurin Elisabeth Stöppler in ihrer vielschichtigen Inszenierung ein aufwühlendes, symbolistisch-freudianisches Seelen-, Liebes- und Beziehungsdrama vor Augen, das auch die Rolle der Medien miteinbezieht. Passend zu den Brüchen der Erzählung und den manchmal abrupt wechselnden musikalischen Emotionen werden disparate, psychische Dimensionen des Ichs, des weiblichen und männlichen unerfüllten Begehrens und Lustempfindens beleuchtet.

Die Bühne stellt zunächst einen mit glatten, kaltweißen Wänden bestückten, fenster- und türlosen Guckkasten dar, der mit einem Scheinwerfer, Eimer, Wasserkran, -kiste ausgestattet ist. Zu den Klängen der Ouvertüre sieht man die barfüßige, nur mit einem Hemd bekleidete Rusalka mit dem Rücken zum Publikum sich an der Rückwand vorsichtig und sehnsuchtsvoll aufwärts bewegen, strecken, schwimmen. Der erste Blick ins Publikum beim Hornmotiv ist angsterfüllt. Schwermut und Selbstmordgedanken plagen sie. Mit Angst betrachtet sie das neckische Spiel der mit Strapsen und hochhackigen Pumps bekleideten Nixen. Das inständige Bitten um Hilfe wird von der schillernden Edelpuffmutter Jezibaba mit prüfendem Befühlen der Scham beantwortet.


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Rusalka und der Prinz

Für die gespaltene Persönlichkeit des Mannes bringt Stöppler zwei Figuren auf die Bühne: Den Bürger mit Künstlerschal und Jagdgewehr und den nackten Prinzen. Wie fremdbestimmt, Opfer ihrer widersprüchlichen Psyche tauschen Beide mehrfach ihre Rollen. Schmerz- und leiderfüllte Liebeserfahrungen stehen dabei neben erotischen Abenteuern und zärtlichen, erfüllenden Begegnungen Rusalkas mit ihrem Prinzen.

Auch den zweiten Akt inszeniert Stöppler aus der Perspektive Rusalkas. Wenn zu Beginn Heger und Küchenjunge mit in Desinfektionskleidung gewandetem Reinigungspersonal aufmarschieren, das Liebespaar aus seinem Traum wecken und wie eine Reinigungswalze den Raum von entstandenen Gefühlswelten und Liebeszauber entkernen, ahnt man schon, wie sehr diese fremdbestimmte, starre männliche Gesellschaft sie trotz hilfsbereiter, mitfühlender Gesten verletzt und zum Verstummen gebracht hat. Doch Rusalka weiß sich zu wehren. Der Stimme beraubt schleudert sie beim Anblick der Fürstin, die als Domina mit erotischen Spielen den Liebsten in Bann zieht, ein Glas mit schwarzer Farbe gegen die Wand.


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Hexe Jezibaba und Rusalka

Im dritten Akt regieren Tod und Untergang. Der Raum ist zunächst und am Ende wieder von seiner erdrückenden Geschlossenheit befreit. Und die mit Wörtern wie Liebe und Tod schwarz gefärbte Rückwand lässt einen kleinen Fleck für das bedeutungsvolle „Sehnen" und „Hass". Die schwarze, zunächst quasi freischwebende Decke lastet drohend, doch Rusalka lehnt die von Jezibaba angebotene Schere ab. Ihr weißes Unterkleid kontrastiert augenfällig mit den ehemals verführerischen Elfen. Blutbefleckt, ohne Perücke und Rehgeweih singen sie ihr Terzett, werden sich weiter mit schwarzer Hass-Farbe verunstalten, um als Medienirrlichter zu enden. Der Jäger leidet, findet kein Vergnügen am gewaltsamen Verkleiden des Küchenjungen, bedroht und schießt auf die Rache sinnende Fürstin. Beide nehmen sich schließlich das Leben. Das Ende bleibt düster und konfrontiert den Zuschauer mit einer höher gestellten, richtenden Macht: Nachdem der sehnende Prinz erscheint, sein verstört in der Ecke hockendes „sanftes weißes Rehlein" lockt, sie umarmt und ihren rettenden Todeskuss sucht, steht Rusalka am Ende aufrecht. Den Blick aufs Publikum gerichtet verkündet sie zu Trauermarsch und in Schwärze und Finsternis gehüllten Tiefen des Gewässers die Worte „...sei dir Gott geneigt". Die Scheinwerferleiste senkt sich und richtet ein golden gefärbtes Licht aufs Publikum.

Stöpplers Interpretation hinterlässt Befremden und Beklemmung. Zugleich erzeugen dramatische Komplexität und Entwicklung und eine detaillierte, Mitfühlen und Widersprüche nicht scheuende Personenregie plakative, mehrdimensionale, assoziationsreiche Bilder und eine spannungsvolle Geschichte, die viel Raum für eigene Projektionen und gesellschaftspolitische Verknüpfungen lässt. Wunderbar auch die entschlackte, poetische Bilder nicht scheuende deutsche Übersetzung.


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Desilusionierendes Finale: Rusalka und der Prinz

Rasmus Baumann, die Neue Philharmonie Westfalen und ein engagiert singendes, differenziert schauspielendes Ensemble machen den Opernabend zu einem Erlebnis der besonderen Art. Dvoraks romantische Musik wird klangfarbenreich und dynamisch differenziert dargeboten, wobei Baumann den musikdramatischen Fluss und die verschiedenen ariösen Entfaltungsmöglichkeiten gleichermaßen unterstützt. Mit viel Applaus bedachte das Premierenpublikum die Darbietung Petra Schmidts als Rusalka. Variantenreich in Gestik und Mimik, dramatisch schillernd findet sie für Rusalkas Arien, vor allem das „Lied an den Mond“, lyrisch flexible Farben, mal im Pianissimo ersterbend, mal zart aufleuchtend, um dem verträumten Sehnen Ausdruck zu verleihen. Auch Lars-Oliver Rühl gestaltet den Prinzen differenziert mit lyrisch schlanker, hell timbrierter, in der Höhe zart vibrierender Stimme. Mezzosopranistin Gudrun Pelker ist eine mit klangvoller Tiefe ausgestattete Jezibaba, Majken Bjerno eine klangschöne, lyrisch leuchtende Fürstin. Dong-Won Seo charakterisiert den Wassermann weniger in der Höhe, dafür umso mehr in den tiefen Lagen der Partie mit warmen, gebundenen Farben. Transparent, homogen und schlank überzeugt das Elfenterzett.


FAZIT

Musikalisch im schillernden Gewand einer romantischen Märchenoper ist Dvoraks Rusalka in der Regie Elisabeth Stöpplers ein sehenswertes, modernes symbolistisches Psychodrama, ein vielschichtiges, aufwühlendes Trauerspiel, das viel Raum für eigene Projektion lässt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rasmus Baumann

Inszenierung
Elisabeth Stöppler

Bühne
Annett Hunger

Entwurfskonzeption Bühnenbild
Rebecca Ringst
Annett Hunger

Kostüme
Frank Lichtenberg

Choreinstudierung
Christian Jeub

Dramaturgie
Anna Melchers
Ulla Theissen


Statisterie und Opernchor des
Musiktheater im Revier

Neue Philharmonie Westfalen


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Rusalka
Petra Schmidt

Prinz
Lars-Oliver Rühl

Fremde Fürstin
Majken Bjerno

Wassermann
Dong-Won Seo

Hexe
Gudrun Pelker

Der Heger
* Piotr Prochera
Sejong Chang

Der Jäger
Rafael Bruck

Küchenjunge
Alfia Kamalova

1. Elfe
Dorin Rahardja

2. Elfe
Silvia Oelschläger

3. Elfe
* Suzanne Pye /
Sibylla Maria Müller



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