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Musiktheater
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Tosca

Melodramma in drei Akten
Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach dem Drama La Tosca von Victorien Sardou
Musik von Giacomo Puccini

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 5. September 2014




Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Düsterer Saisonstart


Von Thomas Molke / Fotos von Uwe Stratmann

Viel Unmut hatte es im Vorfeld um die Entscheidung des neuen Opernintendanten Toshiyuki Kamioka gegeben, in der kommenden Spielzeit auf ein festes Musiktheater-Ensemble zu verzichten und sämtliche Produktionen im Stagione-Betrieb nur noch mit Gästen zu bestreiten. Mit großer Skepsis wurde folglich die Eröffnungspremiere erwartet. Doch gemessen an den Reaktionen des Premieren-Publikums lässt sich Kamioka ein gelungener Einstieg in die neue Spielzeit und die neue Struktur des Opernhauses attestieren. Eine gewisse Aufwertung des Sinfonieorchesters im Opernbetrieb erkennt man unter anderem auch daran, dass jetzt im Programmheft auf dem Besetzungszettel die einzelnen Musiker namentlich genannt werden.

Viel wurde auch im Vorfeld darüber diskutiert, ob es nicht einfallslos sei, einen kompletten Spielplan nur mit großen, gängigen Werken der Opernliteratur zu bestreiten. Doch Kamioka will zunächst auf Nummer sicher gehen und strebt in erster Linie eine hohe Platzauslastung an, was bei Stefano Podas Inszenierung der Tosca durchaus gelingen dürfte. Denn Poda, der gleichzeitig für das Bühnenbild, die Kostüme und die Beleuchtung verantwortlich zeichnet, verschreckt das Publikum nicht mit einer radikalen Umdeutung, sondern bleibt im Großen und Ganzen der Geschichte um die Sängerin Tosca treu, die durch den Mord an dem skrupellosen Chef der Geheimpolizei, Scarpia, versucht, ihren Geliebten, den Maler Cavaradossi, zu retten, der dann aber doch von dessen Schergen hingerichtet wird, so dass Tosca mit einem Sprung von der Engelsburg den Freitod wählt. Für die einzelnen Akte wählt er dabei recht abstrakt gehaltene Bühnenbilder, die durch die gedämpfte Beleuchtung den düsteren Charakter des Stückes trefflich einfangen.

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Tosca (Mirjam Tola, vorne Mitte) verlässt die Kirche, beobachtet von Scarpia (Mikolaj Zalasinski, links dahinter) (im Hintergrund: Chor).

Für die Kirche im ersten Akt wählt er ein überdimensionales schräg herabhängendes dunkles Kreuz, dessen grau-weiße Streifen einerseits an eine kostbare Marmorierung erinnern, andererseits wie Blitze an einem nachtschwarzen Himmel wirken. Die Bühnenseiten werden durch riesige Setzkästen mit Grablichtern eingegrenzt. Ebenso dunkel wie die Bühne sind auch die Kostüme gehalten. Der Einsatz der Drehbühne ermöglicht dabei unterschiedliche Blicke auf das Kreuz und gibt auch die Sicht auf das Bild frei, das Cavaradossi in der Kirche bearbeitet und das an einer quaderförmigen Säule, die das Kreuz abzustützen scheint, in einer Höhe hängt, die der Maler ohne Leiter gar nicht erreichen kann. Die Familienkapelle, in der sich Angelotti auf der Flucht vor der Geheimpolizei versteckt, befindet sich unter einer Klappe im Bühnenboden. Durch das riesige Kreuz ist die Bühne bereits so voll, dass der komplette Opern-, Extra- und Kinderchor keinen Platz mehr auf der Bühne finden würden. So werden Teile des Chors in die Seitenlogen der Ränge ausgelagert, was musikalisch zu einem wunderbaren Gesamtklang im Opernhaus führt.

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Tosca (Mirjam Tola) und Scarpia (Mikolaj Zalasinski, rechts) im Palazzo Farnese (in der Mitte: Spoletta (Johannes Grau))

Szenisch bleiben allerdings ein paar Fragen offen. So wird nicht verständlich, wieso ein Teil des Chores einen roten Streifen um die Augenpartie trägt, der wie eine Binde wirkt. Soll hiermit angedeutet werden, dass die Kirchenleute die Augen vor dem brutalen Regime verschließen? Ebenfalls wenig nachvollziehbar bleibt, wieso der Mesner während seines Gebets in der Kirche Liegestütze macht. Auch der Einsatz der Drehbühne wirkt im ersten Akt ein wenig inflationär. Greg Ryerson hat als Angelotti stellenweise Schwierigkeiten, mit seinem Bariton über das fulminant aufspielende Sinfonieorchester zu kommen. Kamioka lotet zwar mit den Musikern die vielschichtige Partitur gefühlvoll aus, nimmt dabei aber nicht immer Rücksicht auf die Solisten. Bei Mikolaj Zalasinski als Scarpia ist das kein Problem, da dieser mit seinem kräftigen Bariton regelrecht spielerisch über das Orchester kommt und die Figur dabei nichts von ihrer Diabolik einbüßt. Mikhail Agafonov kann sich als Cavaradossi ebenfalls mit großem Volumen gegen das Orchester durchsetzen, klingt allerdings besonders in den Höhen nicht immer sauber.

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Tosca (Mirjam Tola) und Cavaradossi (Mikhail Agafonov) vor seiner Hinrichtung

Der zweite Akt im Palazzo Farnese wird von einem langen Tisch dominiert, auf dem zahlreiche Papiere liegen. Was das erotische Zwischenspiel von Spoletta und Sciarrone mit der Kokserei zu Beginn des zweiten Aktes soll, entzieht sich ebenfalls dem Verständnis. Mirjam Tola wirkt in der Titelpartie in ihrem weiten schwarzen Kleid mit dem blutroten Mantel absolut mondän und begehrenswert, so dass man Scarpias Verlangen nach ihr durchaus nachvollziehen kann. Leider kann sich Tola stimmlich nicht immer gegen das auftrumpfende Orchester durchsetzen, so dass ihre Verzweiflung und ihr innerer Kampf häufig nur aus der Musik abgeleitet werden können. Im berühmten "Vissi d'arte" findet sie zu einer bewegenden Innerlichkeit, die in den Spitzentönen allerdings noch ein bisschen ausbaufähig ist. Dass Tosca Scarpia am Ende erschießt und nicht ersticht, mag man hinnehmen, auch wenn die Übertitel im dritten Akt etwas anderes besagen.

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Schlussbild: Tosca (Mirjam Tola) in gleißendem Licht

Für den dritten Akt findet Poda die eindrucksvollsten Bilder des Abends. Zunächst kommen zahlreiche silberne dünne Stäbe aus dem Schnürboden herab, die Tosca und Cavaradossi auf der Bühne regelrecht einsperren. Unterstützt wird dieser Eindruck noch von einer hervorragenden Lichtregie, die mit einem Schattenspiel diese Stäbe in Schwarz vervielfacht. Der Mord an Cavaradossi wird dann nicht auf der Bühne gezeigt, sondern findet unterhalb der Bühne ab. Erst danach wird der tote Maler wieder aus dem Boden auf die Bühne hochgefahren. Wenn Tosca dann erkennt, dass die Scheinexekution ihres Geliebten ein Betrug war und Scarpias Anhänger sie festnehmen wollen, springt sie in Podas Inszenierung nicht. Stattdessen fällt ein Schuss, der aber nicht Tosca, sondern die schwarze Rückwand samt der Verfolger umkippen lässt. In gleißendem hellen Licht tritt Tosca nun in einem weißen Mantel aus einem Loch in der Wand heraus, als ob man sich nun vor dem Jüngsten Gericht befände, wo sich alle nun für ihre Taten verantworten müssen. Ein großartiges Schlussbild, das vom Publikum auch mit tosendem Applaus gefeiert wird. 

FAZIT

Toshiyuki Kamioka hat mit kleinen Abstrichen die Feuerprobe als neuer Opernintendant bestanden.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Toshiyuki Kamioka

Inszenierung, Bühne, Kostüme und
Licht
Stefano Poda

Chöre
Jens Bingert

 

Opernchor und Extrachor der
Wuppertaler Bühnen

Statisterie der
Wuppertaler Bühnen

Kinderchor der
Wuppertaler Bühnen

Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

Floria Tosca
Mirjam Tola

Mario Cavaradossi
Mikhail Agafonov

Baron Scarpia
Mikolaj Zalasinski

Mesner
Dieter Goffing

Angelotti
Greg Ryerson

Spoletta
Johannes Grau

Sciarrone
Jan Szurgot

Kerkermeister
Jochen Bauer

Hirtenjunge
Dominik Eitner

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

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