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Wohlgenährt beim Militär Von Thomas Molke / Fotos: © Jochen Quast Gaetano Donizetti, dessen Produktivität von Heinrich Heine süffisant mit der "Fruchtbarkeit von Kaninchen" verglichen worden ist - immerhin komponierte Donizetti unter anderem 71 Opern -, eroberte zu Beginn der 1840er Jahre auch die Bühnen Frankreichs. Dass in allen vier Opernhäusern der französischen Metropole quasi zeitgleich Werke des Komponisten aus Bergamo auf dem Spielplan standen, bezeichnete Berlioz daher als einen "wahren Invasionskrieg". Dabei beherrschte Donizetti aber nicht nur den italienischen Stil, sondern schuf mit seiner Opéra-Comique La fille du régiment auch ein Werk, das in Frankreich bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs den Status einer Nationaloper genoss und regelmäßig am Abend des 14. Juli zur Erinnerung an den Sturm auf die Pariser Bastille 1789 auf den Spielplan gestellt wurde. Die schmissige Cabaletta "Salut à la France" galt quasi als zweite Nationalhymne, die häufig vom Publikum mit der "Marseillaise" angestimmt wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor man das Interesse an diesem Werk, was wohl dem hier und da etwas plump aufscheinenden Patriotismus geschuldet war. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr die Oper wieder etwas mehr Aufmerksamkeit, unter anderem durch Joan Sutherland in der Titelpartie und Luciano Pavarotti in der Rolle des Tonio, der sich in seiner berühmten Tenorarie "Ah! mes amis, quel jour de fête!" neunmal zum hohen C emporschwingt. Im Theater Duisburg wird nun eine Produktion wieder aufgenommen, die hier bereits vor 23 Jahren Premiere feierte. Die Marquise de Berkenfield (Susan Maclean) berichtet Sulpice (Günes Gürle, Mitte) von ihrer Vergangenheit (rechts: Hortensius (Valentin Ruckebier)). Erzählt wird die Geschichte der Marketenderin Marie, die als kleines Kind von den Soldaten des 21. Regiments aufgenommen worden ist und seitdem als "Regimentstochter" ein glückliches Leben führt. Ihr einziges Problem ist, dass sie sich in den Zivilisten Tonio, einen jungen Burschen aus Tirol, verliebt hat, als Tochter des Regiments aber nur einen Soldaten aus der Truppe heiraten darf. Tonio überlegt nicht lange und tritt, obwohl er als Tiroler eigentlich ein Feind der Franzosen ist, dem Regiment als Soldat bei, um diese Auflage zu erfüllen. Doch da erscheint die Marquise de Berkenfield und erkennt in Marie ihre uneheliche Tochter, die das Ergebnis einer Liaison mit dem französischen Hauptmann Robert ist. Marie gegenüber gibt sie sich als Tante aus und nimmt sie mit auf ihr Schloss, um sie in die adelige Gesellschaft einzuführen und mit dem einflussreichen Duc de Crakentorp zu vermählen. Marie kann sich zwar nur schwer an das Leben im Schloss gewöhnen, ist aber bereit, aus Pflichtgefühl den Duc zu heiraten. Kurz vor der Unterzeichnung des Ehevertrags stürmt Tonio mit dem Regiment in das Schloss und offenbart Maries Vergangenheit im Regiment. Damit ist eine adelige Ehe undenkbar geworden. Die Marquise lenkt ein und ist bereit, Tonio die Hand ihrer Tochter zu gewähren. Marie (Elena Sancho Pereg) und Sulpice (Günes Gürle) träumen vom Militär. Hortensius (Valentin Ruckebier, im Hintergrund liegend) ist erschöpft. Das Regie-Team um Emilio Sagi unterstreicht den komödiantischen Charakter des Werkes und siedelt die Geschichte in einem recht surrealen Ambiente an, das der kolumbianische Maler und Bildhauer Fernando Botero kreiert hat und nicht nur die Soldaten der Truppe recht wohlgenährt zeigt. An Hunger oder Entbehrung scheint das Regiment nicht zu leiden. Da geht es den Soldaten wohl genauso gut wie den Adeligen im zweiten Akt. Dass Marie in diesem Regiment die einzige Frau ist, wird durch eine üppige Statue unterstrichen, die im ersten Akt die Bühne beherrscht. Das darunter liegende Podest dient einzelnen Soldaten als Auftrittsmöglichkeit. In den leicht verkitschten Kostümen kann man diese Truppe nicht wirklich als eine Bedrohung wahrnehmen. So wirkt es glaubhaft, dass Marie hier gewissermaßen das Sagen hat, auch wenn sie sich ihren Ehemann nicht selbst aussuchen darf. Tonio, der eigentlich zu den Feinden der Truppe gehört, passt sich optisch wunderbar an und wird demgemäß von der Truppe auch freudig aufgenommen. Skandal bei der Marquise de Berkenfield (Susan Maclean, links): Marie soll den Duc de Crakentorp nun doch nicht heiraten (in der Mitte: Duchesse de Crakentorp (Florian Simson)): Der zweite Akt spielt dann im Schloss der Marquise de Berkenfield, der mit einem Flügel im riesigen Saal die Bedeutung der Kunst für die adeligen Kreise unterstreicht. Das Schachbrettmuster auf dem Boden zeigt, dass hier alles nur ein Spiel ist. Durch eine große Fensterfront im hinteren Teil des Raumes blickt man auf das umfangreiche Hinterteil der Statue, wovor die Marquise nur allzu gerne die Augen verschließen möchte und daher stets fordert, die Vorhänge zuzuziehen. Der Aufmarsch der adeligen Gesellschaft, die sich zur bevorstehenden Hochzeit im Schloss eingefunden hat, besteht aus zahlreichen anderen berühmte Operngestalten. So tauchen hier die Sängerinnen Floria Tosca und Adriana Lecouvreur genauso auf wie der namenlose Wanderer mit Augenklappe aus Wagners Siegfried. Unklar bleibt lediglich, wieso die Rolle der Duchesse de Crakentorp von einem Mann in Frauenkleidern gespielt wird. Der Travestie-Gedanke, der vielleicht dahinterstecken mag, wird keinesfalls ausgespielt und verkommt so zu einem billigen und daher überflüssigen Gag. Happy End für Marie (Elena Sancho Pereg) und Tonio (Andrés Sulbarán, Mitte) (links: Sulpice (Günes Gürle)) Ansonsten bietet die Produktion allerdings gute Unterhaltung, was vor allem dem spielfreudigen Ensemble zu verdanken ist. Da ist zunächst die großartige Elena Sancho Pereg zu nennen, die optisch und stimmlich als Idealbesetzung für die Titelpartie bezeichnet werden kann. Zum einen verfügt sie über eine jugendliche Ausstrahlung und Natürlichkeit, die glaubhaft werden lässt, dass ihr das unkonventionelle Leben im Regiment wesentlich besser gefallen hat als die vornehme Etikette der adeligen Gesellschaft. Mit großem Spielwitz bricht sie daher im zweiten Akt immer wieder aus ihrer Rolle als brave Tochter aus. Zum anderen begeistert sie in den zahlreichen Koloraturen mit einem strahlenden und leuchtenden Sopran. Eindringlich gelingt ihr die Kavatine "Par le rang et par l'opulence" im zweiten Akt, in der sie in Hoffnungslosigkeit versinkt, wenn sie Tonio nicht heiraten darf. Großes komödiantisches Talent zeigt sie in ihrer Gesangsstunde zu Beginn des zweiten Aktes, wenn sie immer wieder in den Marschgesang abdriftet. Beim "Salut à la France" lässt sie es noch einmal so richtig krachen. Susan Maclean bildet als Marquise de Berkenfield einen herrlich affektierten Gegensatz dazu und punktet durch zur Schau getragene adelige Arroganz. Erst wenn sie der Hochzeit mit Tonio zustimmt, zeigt sie auch stimmlich eine gewisse Wärme. Günes Gürle gestaltet mit warmem Bass den Sulpice als liebevollen Schelm und macht deutlich, wieso Marie so großes Vertrauen in ihren "Vater" setzt. Andrés Sulbarán verfügt als Tonio über einen recht hellen Tenor, der bei den zahlreichen hohen Cs ein kleines bisschen zu kämpfen hat, ansonsten aber tenoralen Schmelz verströmen lässt und nachvollziehbar macht, wieso Marie ihr Herz an ihn verloren hat. Antonino Fogliani erweist sich am Pult der Duisburger Philharmoniker als wahrer Meister des Belcanto, zaubert mit den Holzbläsern mit sauberem Klang ein regelrechtes Alpenpanorama und unterstreicht mit leichter Hand den leicht operettenhaften Klang der Partitur. Der von Gerhard Michalski einstudierte Chor zeigt als Soldaten, einfaches Volk und adelige Gesellschaft ebenfalls große Spielfreude und punktet durch homogenen Klang. Leider bleiben im Saal zahlreiche Plätze frei, was an dem Termin mitten in der Woche liegen mag.
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ProduktionsteamMusikalische Leitung Inszenierung Bühne und Kostüme Licht Chor Spielleitung
Duisburger Philharmoniker Violoncellosolo Chor der Deutschen Oper am Rhein Statisterie der Deutschen Oper am Rhein
Solistinnen und SolistenMarie
Tonio
Sulpice
Marquise de
Berkenfield
Duchesse de Crakentorp
Hortensius
Le Duc
Le Caporal
Pianistin
Un paysan
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