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Aspects of Love

Musical in zwei Akten
Gesangstexte von Don Black & Charles Hart, basierend auf der gleichnamigen Novelle von David Garnett
Deutsche Übersetzung von Michael Kunze
Musik von Andrew Lloyd Webber

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Premiere im Großen Haus des Theaters Münster am 26. Oktober 2022

 



Theater Münster
(Homepage)

Alles, nur nicht einsam sein

Von Thomas Molke / Fotos: © Martina Pipprich

Andrew Lloyd Webber verbindet man vor allem mit Musicals wie Cats, The Phantom of the Opera, Starlight Express, Jesus Christ Superstar und Evita, die entweder jahrelang in den großen kommerziellen Musical-Tempeln gespielt worden sind oder wie beispielsweise Starlight Express in Bochum immer noch laufen. Sein 1989 im Prince of Wales Theatre in London uraufgeführtes Stück Aspects of Love zählt mit seinem kammerspielartigen Charakter zu den eher unbekannten Werken. Auch wenn Webber es einmal als sein persönlichstes Musical bezeichnet haben soll, weil es weniger um Show, Effekte und bloßes Spektakel, sondern vielmehr um eine durch und durch emotionale Geschichte gehe, konnte es weder in London noch ein Jahr später am Broadway einen finanziellen Erfolg verbuchen, so dass nach relativ kurzer Laufzeit der letzte Vorhang fiel. Nun wagt man sich in Münster an dieses Stück und hat als Regisseur Carsten Lepper engagiert, der 1999 bei der Schweizer Erstaufführung die Partie des Alex Dillingham interpretierte und 2020 die österreichische Erstaufführung in Wien inszenierte.

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Alex (Mark Roy Luykx) hat sich in Rose (Katja Berg) verliebt (im Hintergrund: Jerome (Tim Stolberg)).

Die Handlung basiert auf dem gleichnamigen 1955 veröffentlichten Roman von David Garnett und erzählt von den komplizierten Beziehungsgeflechten zwischen fünf Personen. Da ist zunächst der junge Engländer Alex Dillingham, der in Frankreich die Schauspielerin Rose Vibert kennenlernt und sich sofort in sie verliebt. Bei einem Treffen erzählt er ihr von der verwaisten Villa seines Onkels George Dillingham nahe der Pyrenäen und überredet sie, mit ihm dorthin zu fahren. Nach einer kurzen Romanze taucht George in der Villa auf und verliebt sich ebenfalls in Rose. Rose glaubt, in George den Mann ihres Lebens gefunden zu haben, und heiratet ihn. Alex begibt sich zu einem Militäreinsatz nach British Malaya. Jahre später trifft Alex Rose in Paris wieder, wo sie als Schauspielerin große Erfolge feiert. Rose ist immer noch mit George glücklich verheiratet und hat mittlerweile eine jugendliche Tochter Jenny. Ungeachtet des Altersunterschiedes verliebt sich Jenny in Alex, was ihrem Vater sehr missfällt. Als er Alex in Jennys Schlafzimmer überrascht, erleidet er einen Herzanfall und stirbt. Zum Begräbnis erscheint auch aus Italien Giulietta, mit der George vor Rose viele Jahre ein Verhältnis gehabt hat. Alex ist von ihr ebenfalls fasziniert und muss sich nun zwischen drei Frauen entscheiden. Rose möchte nach dem Tod ihres Gatten ihre alte Beziehung zu Alex wieder aufleben lassen. Jenny bittet ihn, auf sie zu warten, bis sie volljährig ist. Alex entscheidet sich aber schließlich für Giulietta, und Jenny und Rose bleiben mit gebrochenem Herzen zurück.

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Giulietta (Floor Krijnen, rechts) gratuliert Rose (Katja Berg, Mitte links) und George (Gregor Dalal, Mitte links) zur Hochzeit (Mitte rechts: Marcel (Lars Hübel) und Elizabeth (Barbara Bräckelmann)).

Lepper verzichtet mit seinem Regie-Team auf eine Modernisierung des Stückes, weil er auf die Aktualität der emotionalen Thematik vertraut. Dabei enthält Webbers Werk selbst für die heutige Zeit noch einige pikante Szenen. Immerhin ist Alex zu Beginn noch nicht volljährig, als er auf Rose trifft, und Jenny ist im zweiten Akt sogar noch jünger, wenn sie mit Alex eine Liebesbeziehung im Haus ihrer Eltern eingeht. Das Stück lebt von schnellen Szenenwechseln, die im Bühnenbild von Charles Quiggin rasant umgesetzt werden. So deuten häufig nur einzelne Elemente, die aus dem Schnürboden herabgelassen werden, die jeweiligen Orte an. Ein Fenster mit den bruchstückhaften Teilen einer Wand stellt beispielsweise die Villa in den Pyrenäen an, in der Rose erst mit Alex und später mit George lebt. Zwei weitere variable Bühnenelemente auf der rechten und linken Seite lassen durch leichte Verschiebungen ebenfalls blitzschnell neue Räume entstehen. Die Sprünge in Zeit und Ort werden durch Videoprojektionen erläutert, die in verschnörkelter Schrift andeuten, wann und wo man sich gerade befindet. Aleš Valášek wählt Kostüme aus, die für die Zeit typisch sind und den jeweiligen Charakter der einzelnen Figuren gut unterstreichen. Nur die Tontechnik ist am Premierenabend noch nicht ganz perfekt. So wird beispielsweise Mark Roy Luykx als Alex häufig ein wenig übersteuert. Da hätte man die Verstärkung ruhig ein wenig herunterdrehen können. Bei Gregor Dalal als George fällt stellenweise das Mikrophon aus, was aber von Dalal gut überbrückt wird. Das Sinfonieorchester Münster nimmt sich unter der Leitung von Henning Ehlert in diesen Momenten so zurück, dass man Dalal immer noch gut verstehen kann.

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Wiedersehen nach vielen Jahren: Rose (Katja Berg) und Alex (Mark Roy Luykx)

Sieht man von diesen kleinen technischen Schwierigkeiten ab, lässt der Abend keine Wünsche offen und löst beim musical-affinen Publikum große Begeisterung aus. Da ist zunächst Mark Roy Luykx als Alex Dillingham zu nennen. Direkt zu Beginn der Vorstellung führt er das Thema des Stückes mit der wohl bekanntesten Nummer "Love Changes Everything" ("Wer weiß, was Liebe ändern kann") ein und punktet mit flexibler Musicalstimme. In einer glaubhaften Personenregie durchläuft er die verschiedenen Liebesbeziehungen und macht deutlich, dass Alex Rose eigentlich nie vergessen hat. Auch wenn er sich später zu Roses Tochter Jenny hingezogen fühlt, ist es aber doch wohl eher Rose, die er in dem jungen Mädchen sucht. Überzeugend gestaltet er auch Alex' inneren Kampf, wenn er eigentlich keine Liebesbeziehung mit Jenny eingehen möchte, weil er weiß, dass sie viel zu jung für ihn ist. Katja Berg begeistert als Rose durch große Wandlungsfähigkeit. Zu Beginn des Stückes ist sie noch eine unbedeutende und wenig erfolgreiche Schauspielerin, die vor allem von Georges Reife angezogen wird. Alex erhört sie zunächst wahrscheinlich nur, da er einer der wenigen ist, der sie auf der Bühne bewundert. Bei ihrem Treffen mit Alex im zweiten Akt hat sie sich in eine gefeierte reife Schauspielerin verwandelt, erkennt jedoch zu spät, welche Gefahr von ihrer Tochter Jenny ausgeht. Deike Darrelmann gibt die frühreife Jenny mit reizendem Spiel und punktet durch eine Portion frische Naivität. Floor Krijnen hingegen legt die Figur der Giulietta als Femme fatale an, die die Männer verzaubert. Dass sie George an Rose verliert, nimmt sie Rose nicht übel, sondern quittiert es nur mit einem leidenschaftlichen Kuss. Zielstrebig zeigt sie sich am Ende bei Alex, und hat auch hier keine Schwierigkeiten, ihn für sich zu gewinnen. Gregor Dalal scheint als George über den Dingen zu stehen. So gelingt es ihm problemlos, seinem Neffen Alex Rose auszuspannen. Nur wenn seine Tochter sich in Alex verliebt, zeigt George Schwäche, was von Dalal glaubhaft umgesetzt wird. Auch die kleineren Partien sind mit Mitgliedern des Opernchors und der Ballettsparte gut besetzt.

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Jenny (Deike Darrelmann, Mitte) will Alex (Mark Roy Luykx, Mitte) erobern (links: George (Gregor Dalal), rechts: Rose (Katja Berg)).

So bleibt nur die Frage, ob das Stück zu Unrecht ein Schattendasein führt. Auch wenn die Inszenierung kurzweilig ist und der Anfangs-Song "Love Changes Everything" so eingängig ist, dass er auch nach dem Vorstellungsbesuch noch lange nachhallt, mag die restliche Musik zwar wunderbar die Stimmung des Stückes und die verschiedenen "Aspekte der Liebe" einfangen, bleibt aber alles in allem ein wenig zu eintönig. Bei einem Großteil der Nummern hat man das Gefühl, dass es sich nur um Variationen des Eingangs-Themas handelt. Bei aller Romantik und Schönheit der Melodie hätte man sich für das ganze Stück doch ein bisschen mehr Abwechslung gewünscht. Lediglich zwei weitere Melodien ragen aus dem Rest heraus. Dabei handelt es sich um ein Quartett im zweiten Akt, wenn Alex sich in Jenny verliebt, was George und Rose mit großem Unbehagen wahrnehmen. Hier begeistern Luykx, Berg, Dalal und Krijnen mit großen Stimmen und intensiver Interpretation. Das zweite Stück ist die Szene, in der George Alex im Schlafzimmer von Jenny überrascht und stirbt. Hier traut sich Webber, der Szene angemessen beinahe schon atonal zu komponieren und beweist, dass er Georges Gefühle hier sehr bewegend in Musik umzusetzen versteht. Vielleicht lässt sich auch noch Giuliettas Song am Ende des ersten Aktes nennen, in dem sie ihre Verführungskünste mit einem Balletttänzer zum Besten gibt. Insgesamt bleibt das jedoch zu wenig. So ist wohl bei aller Begeisterung bei der Premiere in Münster nicht damit zu rechnen, dass Aspects of Love in Zukunft einen Siegeszug durch die Welt des Musicals antreten wird.

FAZIT

Dem Theater Münster ist es hoch anzurechnen, dieses selten gespielte Stück von Andrew Lloyd Webber in einer kurzweiligen Inszenierung auf den Spielplan zu stellen. An Erfolge wie Evita, Jesus Christ Superstar und The Phantom of the Opera kann das Stück aber nicht heranreichen.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Henning Ehlert

Inszenierung
Carsten Lepper

Bühne
Charles Quiggin

Kostüme
Aleš Valášek

Choreographie
Vanni Viscusi

Lichtdesign
Stephanie Erb

Videographie
Christian Ariel Heredia

Choreinstudierung
Anton Tremmel

Dramaturgie
Laura Herder

 

Sinfonieorchester Münster

Opernchor des Theater Münster

 

Solistinnen und Solisten

Alex Dillingham
Mark Roy Luykx

Rose Vibert
Katja Berg

George Dillingham
Gregor Dalal

Giulietta Trapani
Floor Krijnen

Jenny Dillingham
Deike Darrelmann

Marcel
Lars Hübel

Eizabeth
Barbara Bräckelmann

Hugo Le Meunier / Aspekt der Liebe
Joshua Edelsbacher

Dance Captain / Aspekt der Liebe
Marieke Engelhardt

Aspekt der Liebe
James Atkins

Jerome / Ensemble
Tim Stolberg

Ensemble
Salyma Chatty
Amani El Sadek

in weiteren Rollen
Enrique Bernardo /
Christian Kai Sander
Juan Ramirez Hurtado /
Ki Wan Nam
Kiyotaka Mizuno /
Kihoon Yoo
Leonie Helferich


Weitere
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Theater Münster
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Da capo al Fine

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