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Die lustige Witwe

Operette in drei Akten
Buch von Victor Léon und Leo Stein
Fassung von Saskia Kuhlmann
Musik von Franz Lehár

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere am 16. Dezember 2022 im Haus der Kunst, Sondershausen
(rezensierte Aufführung: 28. Dezember 2022)


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Theater Nordhausen
(Homepage)
Dem Charme von Lehárs Musik können sich auch schlecht gelaunte Provinzgrafen nicht entziehen

Von Stefan Schmöe / Fotos vom Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen

"Dann geh' ich ins Maxim", teilt der Graf Danilo mit, und da ist er bekanntlich sehr intim und nennt alle schönen Damen bei ihren Kosenamen. Aber so recht glücklich mit dem frivolen Pariser Leben ist er offensichtlich nicht geworden, jedenfalls nicht in dieser Produktion. Marian Kalus gibt ihn als dauerverkaterten Misanthropen (so viel Missmut scheint sich auch auf die enge, oft angestrengte Stimme zu übertragen), der dringend einen Psychotherapeuten benötigt, würde ihn die schwerreiche Witwe Hannah Glawari nicht mit einem simplen Trick weg von den Grisetten und hinein in den bürgerlichen Hafen der Ehe lotsen. Ein bisschen mehr Leichtigkeit dürfte er schon verkörpern, denn so ganz schlecht lebt es sich in der französischen Hauptstadt gar nicht. Jedenfalls kann man die flotte Inszenierung von Saskia Kuhlmann durchaus eine nostalgische Hommage an das Paris der 1920er- und 1930er-Jahre verstehen.

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Danilo (rechts) wird von Konsul Baron zeta im mondänen Paris beauftragt, im Dienste des pontevedrinischen Vaterlands die reiche Witwe Hanna Glawari zu ehelichen, auf dass deren Millionenerbe in der Heimat versteuert werde.

Im hübschen Bühnenbild (Birte Wallbaum) dominieren im ersten Akt die französischen Nationalfarben, und auf eine Leinwand im Hintergrund werden immer wieder historische Fotographien projiziert. Dazu kommt ein bisschen Revuetheater mit sechs leichtbekleideten Damen des Ballettensembles, aber auch die kokette Botschaftergattin Valencienne (mit schöner, nicht zu leichter Stimme: Julia Gromball) gibt sich gegenüber ihrem Verehrer Camille de Rossilon (Kyounghan Seo mit puccinitauglich großem, dadurch ab und zu den klanglichen Rahmen sprengendem Tenor) ziemlich freizügig. "Ich bin eine anständ'ge Frau" - na ja, kommt wohl darauf an, wie eng oder weit man das Adjektiv "anständig" fasst.

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Prinzipiell heiratswillig unter solchen Voraussetzungen geben sich auch der Vicomte Cascada und Raoul de St. Brioche

Sie trägt das viel aufregendere und raffiniertere Kleid als die Hauptfigur (Kostüme: Roy Böser und Adriana Mortelliti). Sicher, diese Hanna Glawari ist (wie Danilo) ein Pflänzchen aus der südosteuropäischen Provinz, wo man den Operettenstaat Pontevedro wohl verorten muss, der ihr Millionenerbe Richtung Frankreich abfließen sieht, wenn nicht schnell für Hanna ein geeigneter Gatte pontevedrinischer Herkunft gefunden wird. So kann man durch ihre Herkunft erklären, warum sie nicht die neueste Pariser Mode trägt (wie man auch verstehen kann, dass Lebemann Danilo im Grunde ein Versager auf dem Pariser Parkett ist, das er schon deshalb allzu bereitwillig gegen die Halbwelt tauscht). Das ist Dramaturgenlogik. Gemäß der höheren Operettenlogik wäre das nicht weiter wichtig und auf der Bühne dürfte und müsste Hanna ruhig allen Frauen die Show stehlen (und Danilo alle Männer charmant an die Wand spielen). Die Regie bürdet dem ersten Paar am Platze ein wenig viel biographische und interpretatorische Last auf, was das Stück zum Glück wegstecken kann. Zinzi Frohwein adelt die Hanna mit voller, in der Höhe etwas wackliger Stimme, fühlt sich beim großformatig gesungenen Vilja-Lied offensichtlich wohler als beim leichten Operetten-Parlando, gibt der Partie auf jeden Fall Format.

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Geschlechtergerechtigkeit: Das Studium der Männer ist schwer, befinden die Choristinnen als Replik auf die Nummer der Herren zuvor, die selbiges von der Damenwelt behaupteten.

Insgesamt aber gelingt es der Regie, unaufgeregt und ohne Aktualisierungen und Umdeutungen (dafür mit ein paar Umstellungen) das Stück amüsant auf der kleinen Bühne im Haus der Kunst in Sonderhausen in Szene zu setzen - das Theater in Nordhausen wird derzeit saniert, und in dieser Zeit werden die Aufführungen an den Sitz des Orchesters ins Nachbarstädtchen verlegt. Auch mit minimaler Bühnentechnik ist die Inszenierung gut anzusehen und trägt, von ein paar Längen am Ende des zweiten Akts abgesehen, unterhaltsam über die zweienhalb Stunden Spieldauer hinweg. Das sehr zuverlässige Loh-Orchester (das seinen Namen von "Loh", einem Wäldchen unterhalb des Schlosses in Sondershausen erhielt, wo lange Zeit Freiluftkonzerte gegeben wurden) sitzt unsichtbar hinter der Bühne (die Abstimmung mit den Sängerinnen und Sängern klappt gut) und spielt in der hier besprochenen Aufführung unter Leitung von Chenglin Li mit üppigem Klang, der an Lehárs opernhafteres Land des Lächelns denken lässt. Und die unmittelbare Nähe zur Bühne zieht das Publikum quasi in das Stück hinein. Auch dadurch wird viel Theater geboten in Sondershausen.

Vergrößerung in neuem Fenster Fast schon befürchtete man, das "Vilja-Lied" der Hanna Glawari sei gestrichen - die Regie schiebt es ziemlich weit ans Ende des Abends.

Aus dem spielfreudige Ensemble können auch die kleineren Rollen gut besetzt werden. Jens Bauer als Vicomte de Cascada und Marvin Scott als Raoul de St. Brioche agieren mit viel Witz, Thomas Kohl gibt einen operettentypisch biederen Konsul Baron Zeta, Adriana Mortelliti (auch für die etwas schlichte Choreographie zuständig) spielt mit slapstickhafter Beweglichkeit den Botschaftskanzlisten Niegus (hier ein Hotelpage). Der Chor singt prachtvoll (Einstudierung: Markus Fischer) und spielt engagiert, nur mit dem Tanzen hapert's - merkwürdigerweise verzichtet man auf das vielerorts erprobte Mittel, aus dem Ballettensemble ein paar Tanzpaare zu rekrutieren und an die Rampe zu schicken. So besingen Hanna und Danilo im Walzertakt ihre Liebe ("Lippen schweigen, s'flüstern Geigen: Hab' mich lieb") vornehmlich sitzend. Ein bisschen peinlich scheint der Regie das happy end zu sein, so schnell, wie sie darüber hinwegspielt, aber das Publikum nimmt es dankbar hin - wie überhaupt die Chance, Lehár ohne große Verfremdungen und doch einigermaßen kitschfrei zu erleben.


FAZIT

Dem Theater Nordhausen gelingt eine schwungvolle und publikumswirksame Operettenproduktion.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Julian Gaudiano /
* Chenglin Li

Inszenierung
Saskia Kuhlmann

Bühne
Birte Wallbaum

Kostüme
Roy Böser
Adriana Mortelliti

Choreographie
Adriana Mortelliti

Chor
Markus Fischer

Dramaturgie
Juliane Hirschmann


Opernchor des Theaters Nordhausen

Damen des Ballettensembles

Loh-Orchester Sondershausen


Solisten

Baron Mirko Zeta
Thomas Kohl

Valencienne, Baron Zetas Frau
Yuval Oren /
* Julia Gromball

Graf Danilo Danilowitsch
Marian Kalus

Hanna Glawari
Zinzi Frohwein

Camille de Rosillon
Kyounghan Seo

Vicomte Cascada
Jens Bauer

Raoul de St. Brioche
Marvin Scott

Bogdanowitsch, pontevedrinischer Konsul
Matthias Röttig

Sylviane, Frau von Bogdanowitsch
Katharina Blum

Kromow, pontevedrinischer Gesandtschaftsrat
Dimitar Radev

Olga, Kromows Frau
Carla Antunes

Njegus, Kanzlist bei der pontevedrinischen Gesandtschaft
Adriana Mortelliti



Weitere
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Da capo al Fine

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