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Die Gründungsurkunde der amerikanischen Sinfonik als krönender Abschluss des Beethovenfestes
Abschlusskonzert des 6. Internationalen Beethovenfestes 2001
Beeindruckende Virtuosität, die nicht zulasten der Ausdruckskraft ging, lieferte der 17jährige Shunsuke Sato aus Tokio. Perfekt ausgewogener Tonfall, hervorgezaubert von unverfolgbar dahinflitzenden Fingern, das alles frei von sichtbarer Aufregung oder peinlich künstelndem Gehabe, ein wenig sunny-boy, doch nicht zuunrecht.
Unter Metzmachers Taktstock geriet die Dynamik in wechselvolle Spannung; hier hörte man, was es heißt, wenn ein großes Orchester tutti pp spielt, und wenig später vermittelten satte Streicher-forti einen Eindruck von der ursprünglichen Frechheit der harmonischen Rückungen, grandios beim Übergang vom 2. zum 3. Satz. Dem kam eine selten zu sehende Sitzordnung zupass, welche die Kontrabässe hinter Violine 1 postierte und damit einen breiten Bogen tiefer Streicher konstituierte, saßen doch neben Violine 1 die Celli, gefolgt von den Violen.
Doch auch Ingo Metzmacher gönnte dem Proszenium mehr Zuwendung als nur die seines Rückens, wenn er zu Beginn der 2.Konzerthälfte einige Erläuterungen zu Charles Ives und seiner Stellung in der Musikszene abgab.
Er sprach von Ives’ frühen musikalischen Erlebnissen, wie sie sich aus der Begegnung mit amerikanischen Kleinkapellen ergaben und deren mehrere er zusammentreffen ließ, dabei jede einzelne ihre eigene Hymne weiterspielend ganz ohne Abstimmung auf Takt, Lautstärke oder Geschwindigkeit der Nachbarkapelle. Dorthin gehört ebenfalls das Experimentieren mit Vierteltönen.
Dazu passte freilich auch der immense Aufwand, da das Orchester ergänzt wurde durch Orgel, Chor, Flügel sowie "back stage" und "off stage" Gruppen, letztere von Ives als "distant choir" bezeichnet. Hinter der Bühne postiert waren lediglich einige Schlagwerker, die im 4.Satz ihren eigenen Rhythmus pflegen, unbeeindruckt vom sonstigen Geschehen.
Der 2.Satz Allegretto greift zur Comedy, es bietet sich genau dies Tohuwabohu aus den bereits zitierten Bläserthemen jener amerikanischen Dorfkapellen, die unvermittelt durcheinander quäken. Auch die "Fugue" bietet kein eigentliches Thema, wie es die europäische Tradition kennt. Die Choralartigen Einwürfe der Posaunen gemahnen denn auch mehr an die bereits gehörten Dorfcombos als an Bach. Dennoch wandern die Stimmen, und die Streicher entfalten wieder jenen vollen, warmen und bassigen Klang, der uns schon beim Beethovenschen Violinkonzert begeistert hatte.
Das Largo maestoso beendet das gut halbstündige Werk mit unsichtbarem Beginn, da dieser dem backstage-Schlagwerk übertragen ist, dem zunächst die Kontrabässe leise antworten, bis zum vollen Orchester auch distant choir, Orgel und Melismen singend der Chor einfallen. Dem Bonner Beethovenfest seien auch weitere erfolgreiche Highlights dieser Art gewünscht, wenngleich der Rezensent nicht erkennen kann, welche Vorteile die seit etwa 5-6 Jahren neu gefundene Trägerschaftsform gegenüber der vorherigen, rein öffentlich-rechtlichen gebracht haben soll. Insoweit wäre die Tradition als seit 1845 ungebrochen zu verstehen und die soeben beendete Runde nicht als 3. oder 6. sondern mindestens 50. durchzuzählen! Zuletzt sei noch darauf verwiesen, dass dieses Konzert im Radio nachgehört werden kann: WDR3 überträgt seine Aufzeichnung am 26.10 um 20.05 Uhr, die Deutsche Welle bringt ihren Mitschnitt am 28.10 gleich 3mal, nämlich 14.35 Uhr, 18.35 Uhr und 22.35 Uhr.
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- Fine -