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Konkurrenz für MilanoVon Christoph Wurzel
So verworren die Handlung erscheint, so simpel ist die Rezeptionsgeschichte des Troubadour: Schon Temistocle Solera, Librettist anderer Opern Verdis, wünschte dem Textdichter eine lebenslange Galeerenstrafe an den Hals und nicht zuletzt Hans Pfitzner machte sich über die Leierkastenmusik Verdis lustig. Dem Troubadour haftet ein denkbar schlechter Ruf an und zahlreichen Parodien dient er als Stoff für die Veräppelung der Oper schlechthin. Wenn ein Opernhaus wie Stuttgart dieses Werk in den Spielplan nimmt, so geschieht das aber sicherlich nicht allein aus dem Grund, eine publikumswirksame Oper zu produzieren, sondern es geht ebenso darum, ein Stück spannendes Musiktheater zu erzählen. Und in Stuttgart hat der vielgescholtene Troubadour so etwas wie eine Rehabilitierung erfahren. Der Staatsoper ist wieder einmal eine prächtige Ensembleleistung gelungen, die sowohl szenisch wie musikalisch kaum einen Wunsch offen lässt. Mit enormem Feuer geht der italienische Dirigent Nicola Luisotti vom ersten Takt an ans Werk und gibt damit sein furioses Debut auf deutschen Bühnen. Alle Facetten der musikalischen Gestaltung entfaltet er mit dem Orchester in einer Lebendigkeit, die wirklich mitreißt. Das Banale, Laute, Schrille in der Partitur wird nicht versteckt, enorme dramatische Steigerungen werden entwickelt, die lyrischen Passagen werden verhalten ausgespielt - bis hin zur spannungsgeladenen Stille. Das Orchester folgt in bewährter Souveränität. Wieder einmal zeigt sich der Chor, sängerisch sowieso, aber auch besonders darstellerisch von seiner besten Seite. So bietet dieser Troudadour in Stuttgart eine gehörige Portion Italianitá. Und wer die jüngste CD-Produktion aus der Scala gehört hat, wird ein Nord-Süd-Problem bekommen, denn dort ist man viel verhaltener an die Sache herangegangen. (Siehe unsere CD-Rezension). ![]() 2. Akt: Ist er der Sohn der Zigeunerin? Azuncena (Tichina Vaughn) und Manrico (Vladimir Kuzmenko). Regisseur Nicolas Brieger hat die Geschichte als eine Reihe von Situationen erzählt und wirkungsvolle szenische Tableaus entworfen. In dem schlichten schwarzen Raum der tiefen Bühne (Karl Kneidl kommt mit nur wenigen Requsiten aus) sind die Szenen arrangiert. Es herrscht Krieg in Aragonien und dieser Umstand bedingt offensichtlich einen allgemeinen Sittenverfall, dem vor allem die Frauen zum Opfer fallen. Verfolgt und als Hexe gebrandmarkt (eine der stärksten Szenen ist die Gefangennahme Azucenas durch die feixende Soldateska Lunas im 3. Akt) wird die grenzenlose Rachsucht der Zigeunerin hautnah erfahrbar. Tichina Vaughn scheint diese Rolle auf den Leib geschrieben. Sie gestaltet sie mit großer darstellerischer Kraft und stimmlicher Verve. Der Ferrando von Attila Jun gibt sich als wahrer Demagoge, wenn er gleich zu Beginn des 1. Akts in seiner Erzählung der Vorgeschichte die Männer zum Hass gegen die Zigeunerin aufstachelt.
Ein sehr ungleiches Brüderpaar sind der Graf und Manrico. Luna, nach außen cool, etwas verklemmt und steif, zeigt kein Gefühl, doch es brodelt in ihm die unstillbare Leidenschaft für die Frau, die er wohl weniger lieben als besitzen will. Durchaus stimmig ist es daher, dass er in dieser Lage, omnipotent wie er sich fühlen muss, zu einem skandalösen Trick greift, um Leonora im Kloster zu überraschen: Er stellt sich an einem meterhohen Kruzifix an die Stelle Christi - ein wahrhaft "gewagtes Unternehmen", wie Ferrando zutreffend bemerkt. Der finnische Bariton Raimo Laukka füllt die Partie mit einer weich timbrierten, geschmeidig cantablen Stimme aus, wenn er auch an diesem Abend stellenweise einige Intonationsschwierigkeiten zu haben schien. Ein Verschnitt aus Schlagerstar und Jungsiegfried ist Vladimir Kuzmenko in der Rolle des Manrico. Mit seinem Auftreten erhält die Inszenierung auch einen Anflug von Ironie. Was Luna an hilfloser Gefühlskälte zeigt, stellt Manrico an schwärmerischem Überschwang vor. Das Duell der Beiden entbehrt nicht der komischen Tragik. Mit mannsgroßen Schwertern hauen sie aufeinander ein wie unreife Jungs beim Ritterspiel. Ironisch kommentiert auch Leonora nach dem Liebesduett im 3. Akt dieses falsche männliche Heldentum Manricos, indem sie ihm mit einer Geste des Unverständnisses eine Pistole für den bevorstehenden Kampf übergibt, als wollte sie sagen "...wenn du dich unbedingt in dein Unglück stürzen musst". Kuzmenko, am Abend der besprochenen Aufführung als indisponiert gemeldet, singt dennoch mit bemerkenswert schöner Stimme. Manches Fortissimo allerdings muss er stemmen, gibt aber insgesamt keinen schlechten Troubadour ab. ![]() 3. Akt: Catherine Naglestad (Leonora) Vladimir Kuzmenko (Manrico). Der Star im Sängerensemble ist in dieser Produktion aber zweifellos Catherine Naglestad mit ihren Debut als Leonora. In Statur und Stimme gleichermaßen verkörpert sie das Idealbild der Rolle. In mehreren großen Partien (Poppea, Alcina, Violetta, Elisabetta und Tosca , die Norma wird im Juni folgen) hat sie sich zum Publikumsliebling in Stuttgart emporgesungen; und ihre engelsgleiche Stimme, die so makellos geführt ist, rechtfertigt diese Position nur allzu sehr. Doch sie ist auch eine beeindruckende Darstellerin und gehört in allen erwähnten Inszenierungen zu den Glanzpunkten der Aufführungen. FAZIT Nicht als Opernspektakel, sondern als Musikdrama mit seriösem Hintergrund - so kommt der Troubadour in Stuttgart über die Rampe. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne, Kostüme
Licht
Chor
Dramaturgie
SolistenGraf LunaRaimo Laukka
Leonora, Hofdame
Azucena, eine Zigeunerin
Manrico, der Troubadour
Ferrando, Hauptmann
Inez, Leonoras Vertraute
Ruiz, Soldat
Ein alter Zigeuner
Ein Bote
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- Fine -