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Kurzweilige JubiläumsfeierVon Thomas Molke
So hatte man zum einen zwei alte Sessel auf die Bühne gestellt, die noch aus dem Theatre Royal stammten, in dem das Festival bis zum Abriss 2006 stattgefunden hatte, bevor an gleicher Stelle das O'Reilly Theatre aufgebaut und 2008 feierlich eröffnet wurde. Der ehemalige künstlerische Leiter Luigi Ferrari schien sich, wie auch ein Großteil des Publikums, noch an den mangelnden Sitzkomfort zu erinnern. Auch ein Originalkostüm aus der ersten Produktion des Festivals 1951, The Rose of Castile von Michael William Balfe, hatte man organisieren können. Des Weiteren wurden auf eine Leinwand hinter den Solisten Fotos von alten Inszenierungen und Programmhefte der früheren Jahre projiziert, die bei den regelmäßig wiederkehrenden Besuchern sicherlich einige Erinnerungen weckten. Zwischen den einzelnen musikalischen Darbietungen wurden Glückwünsche von ehemaligen Künstlern verlesen, deren Werdegang durch das Festival geprägt wurde. So wies Ferrari darauf hin, dass beispielsweise David Pountney in seiner Biographie das Wexford Festival als den Anfang seiner Karriere bezeichne und dass namhafte Solisten, wie zum Beispiel Mirella Freni in I Puritani von Vincenzo Bellini im Jahr 1962, hier debütierten. Auch auf die Mitwirkung des Startenors Juan Diego Florez in der Meyerbeer-Oper L'Étoile du Nord wurde voller Stolz hingewiesen. Doch bei aller Nostalgie kam auch der Humor nicht zu kurz. So warfen sich zu Beginn der künstlerische Leiter, David Agler, und sein Vorgänger, Luigi Ferrari, die Bälle zu, indem sie diskutierten, ob sie den Abend nun mit Balfe oder einem Klassiker von Gilbert and Sullivan eröffnen sollten. Nachdem Tenor Edgardo Rocha dann in einem Gondoliere-Kostüm auf der Bühne erschienen war und sich Ferrari mit The Gondoliers durchgesetzt hatte, übergab Agler nach einer kurzen vierhändigen Präsentation am Klavier die weitere Moderation des Abends seinem Vorgänger, der mit zahlreichen Anekdoten durch den Abend führte. Doch auch die Sänger lieferten nicht einfach ihre Bravourarien ab, sondern inszenierten diese in der Regel recht komödiantisch. So spielten direkt im ersten Duett John Molloy und Krzysztof Szumanski mit der Tradition, in Konzerten vom Blatt zu singen, indem Luigi Boccia und Edgardo Rocha den kompletten Text der Arie auf einer Papierrolle ausrollten und scheinbar etwas genervt hochhielten. Claudia Boyle verwies bei ihrer Auftrittsarie als Kunigunde aus Bernsteins Candide ihre Kollegin Fiona Murphy in ihre Schranken, weil diese die Arie ebenfalls singen wollte, und Daria Masiero und Zuzana Markova ärgerten sich gegenseitig beim "Flower Duet" aus Delibes Lakmé, indem sie sich gegenseitig die als Staubwedel fungierenden Blumensträuße vor das Gesicht hielten. Auch beim "Cats Duet", das ein unbekannter Komponist im Geiste Rossinis komponiert hat, zeigten Claudia Boyle und Nathalie Paulin beim Miauen großes komödiantisches Talent und machten mit Fiona Murphy das Duett kurzerhand zu einem Terzett. Bei der abschließenden Tenorarie "O sole mio" standen nicht nur mit Luigi Boccia, Edgardo Rocha und Ugo Kim drei Tenöre auf der Bühne, die um die Dominanz in den hohen Tönen kämpften, sondern kamen mit Zuzana Markova, Daria Masiero und Fiona Murphy auch noch drei Sopranistinnen hinzu, die die Männer noch übertönten. Bei der Auswahl der Musik wurde zum einen an Produktionen der vergangenen 59 Spielzeiten erinnert, wobei Ferrari nach den ersten drei Nummern, die aus Produktionen der Jahre 1951 bis 1953 stammten, dem Publikum Entwarnung gab, dass jetzt nicht aus jedem Festivaljahr eine Arie komme. Das wäre dann bei allem Genuss sicherlich doch zu lange gewesen, zumal der Abend ohne Pause auch so schon beinahe die Dimension einer Rheingold - Vorstellung annahm. Zum anderen gab es Arien aus bekannten Werken des Opern-Repertoires, die zwar nicht in Wexford auf dem Programm gestanden haben, zu denen es aber gleichnamige unbekanntere Opern gibt, die im Rahmen des Festivals präsentiert wurden. Als Beispiel sei hier auf Paisiellos Il Barbiere di Siviglia hingewiesen, der 1993 in Wexford zu erleben war. Hinzu kamen Songs aus berühmten Musicals und einer für deutsche Ohren ungewöhnlichen Version des Vilja-Liedes aus der lustigen Witwe von Franz Lehá. Erstaunlich war, wie John Molloy bei "Ol' Man River" aus Jerome Kerns Showboat das Publikum nicht nur animieren konnte, den Refrain mitzusingen, sondern es, wenn auch unterstützt durch Mitglieder des Chores, die im Orchestergraben positioniert waren, recht harmonisch klang. Da meinte man schon beinahe, man sei in der Arena di Verona. Fiona Murphy gelang beim Vilja-Lied sogar auf Englisch ein ähnliches Kunststück.
Stimmlich präsentierten sich die Solisten durchweg auf
hohem Niveau, was ebenfalls den sie begleitenden Pianisten zu bescheinigen ist,
so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gab und als
Zugabe wie wohl auch in den Jahren zuvor den Klassiker "Libiamo" aus Verdis
La Traviata den gelungenen Abend abrundete.
FAZIT
135 Minuten können auch ohne Pause sehr kurzweilig sein, wenn das
Programm entsprechend abwechslungsreich ist und man beobachtet, mit wie viel
Spaß alle Beteiligten bei diesem Konzert dabei sind. Beim nächsten Besuch des
Wexford Festivals sollte man dieses Konzert auf jeden Fall einplanen.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2011
Michael William Balfe: The Rose of Castile: Bring the maid (John
Molloy, Krzysztof Szumanski, Brenda Hurley)
Gaetano Donizetti: L'Elisir d'amore: Una furtiva lacrima (Luigi
Boccia, Rosetta Cucchi)
Gaetano Donizetti: Don Pasquale: Cheti, cheti immantinente
(Alessandro Luongo, Alessandro Spina, Rosetta Cucchi)
Giuseppe Verdi: La Traviata: Di provenza il mare il suol (Adam
Kruszewski, Andrea Grant)
Leonard Bernstein: Candide: Glitter and be gay (Claudia Boyle,
Brenda Hurley)
Jerome Kern: Show Boat: Ol' Man River (John Molloy, Adam Burnette)
Gioachino Rossini: Il Barbiere di Siviglia: Largo al factotum
(Alessandro Luongo, Carmen Santoro)
Jules Massenet: Manon: Adieu, notre petite table (Nathalie Paulin,
Andrea Grant)
Ernesto De Curtis: Torna a Surriento (Alessandro Spina, Carmen Santoro)
Xavier Montsalvatge: Lullaby and Canto Negro (Lucia Cirillo,
Brenda Hurley)
Vincenzo Bellini: I Puritani: Qui la voce sua soave (Zuzana
Markova, Carmen Santoro)
Carlos Gardel: El dia que me quieras (Edgardo Rocha)
George Gershwin: Porgy and Bess: Bess, You is my Woman now (Fiona
Murphy, John Molloy, Adam Burnette)
Giacomo Puccini: Tosca: Vissi d'arte (Daria Masiero, Rosetta
Cucchi)
Léo Delibes: Lakmé: Flower Duet (Daria Masiero, Zuzana Markova,
Rosetta Cucchi)
Salvatore Cardillo: Core 'ngrato (Lucia Cirillo, Luigi Boccia, Rosetta
Cucchi)
Franz Lehár: Die lustige Witwe: Vilja-Lied (Fiona Murphy, Carmen
Santoro)
Anonymous nach Gioachino Rossini: The Cats Duet (Claudia Boyle, Nathalie
Paulin, (Fiona Murphy), Andrea Grant)
Eduardo Di Capua: O sole mio (Luigi Boccia, Ugo Kim, Edgardo Rocha,
(Zuzana Markova, Daria Masiero, Fiona Murphy), Rosetta Cucchi) |
ProduktionsteamModerationLuigi Ferrari / David Agler
Pianisten Solisten
Sopran
Mezzosopran
Tenor
Bariton
Bass
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- Fine -