Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Internationale Gluck-Opern-Festspiele
Nürnberg

20.07.2012 - 28.07.2012

 

Les Pragois à Paris

Konzert mit Werken von Christoph Willibald Gluck, Jan Ladislav Dusík und Antonín Reicha


Aufführungsdauer: ca. 1h 50' (eine Pause)

Konzert im Opernhaus Nürnberg am 23.07.2012


Homepage

Böhmische Komponisten in Paris 

Von Thomas Molke / Pressefoto vom Staatstheater Nürnberg


Bei den Internationalen Gluck-Opern-Festspielen in Nürnberg widmet man sich nicht nur Kompositionen Christoph Willibald Glucks, sondern berücksichtigt auch andere Komponisten, die mit der von Gluck vorangetriebenen musikalischen Entwicklung in Verbindung stehen. Im zweiten Konzert der diesjährigen Festspiele hat man dabei das Augenmerk auf im weitesten Sinne böhmische Komponisten gerichtet, deren Weg unter anderem nach Paris geführt hat. Während Gluck im zarten Alter von drei Jahren nach Böhmen übersiedelte und er zumindest einige Jahre in Prag studierte, Jan Ladislav Dusík aus
Časlav in Böhmen stammte und er von Prag aus seinen Weg in die großen europäischen Metropolen einschlug, ist Antonín Reicha in Prag geboren und ließ sich ab 1809 in Paris nieder. Das Konzert verbindet nun recht bekannte Werke Glucks mit eher seltenen beziehungsweise seit der Uraufführung wahrscheinlich nie wieder präsentierten Stücken.

Der Abend beginnt mit drei Auszügen aus Glucks 1774 in Paris uraufgeführten Oper Orphée et Eurydice, der französischen Fassung seiner ersten Reformoper Orfeo ed Euridice,  in der Gluck Elemente der französischen und italienischen Oper zusammenführt. Neu in der französischen Fassung sind vor allem die Erweiterung der Balletteinlagen, die in der damaligen französischen Oper ein fester Bestandteil waren. Während die Ouvertüre aus der italienischen Fassung übernommen wurde, erweiterte Gluck den berühmten "Reigen der seligen Geister", unter denen sich Eurydice befindet um eine Flötenstimme und gab dem lautmalerischen Stück damit eine neue Farbe. Neu in der französischen Fassung ist das "Furien-Ballett", mit dem Gluck Orphées Eintritt in die Unterwelt beschreibt und das er seinem eigenen Ballett Don Juan entnommen hat. Dabei beschreibt das erregte Agitato der Streicher genauso gut das Höllenfeuer für Don Juan wie die Schrecken des Hades in der heidnisch-antiken Vorstellung, bevor man zu den Gefilden der Seligen gelangt. Marcus Bosch führt die Staatsphilharmonie Nürnberg sehr eindringlich durch diese drei musikalisch recht unterschiedlichen Stücke und vermag es vor allem, mit dem furiosen "Air de Furies" beim Publikum eine Gänsehaut zu erzeugen.

Bild zum Vergrößern

Jitka Čechová

Jan Ladislav Dusík war zu seiner Zeit ein regelrechter Klavier-Star, der später als Bindeglied zwischen Mozart und Beethoven galt und dessen Virtuosität am Klavier bereits auf Chopin hinweist. Dusík war nicht nur der erste Pianist, der bei seinen Konzerten den Flügel parallel zur Bühnenkante aufstellen ließ, sondern er hat auch mit englischen Klavierbauern wesentlich zur Erweiterung des Tonumfangs und des Klangvolumens der damaligen Hammerklaviere beigetragen. Sein Konzert für Klavier und Orchester g-Moll ist sein einziges Klavierkonzert in einer Moll-Tonart. Wahrscheinlich versuchte er, mit dem düsteren Klang die schweren Ereignisse seines Lebens zu verarbeiten, da er um 1800 vor der Justiz in London fliehen musste und seine Familie dort zurückließ. Das Werk erschien 1801 in Paris und besteht aus drei Sätzen. Der erste Satz beginnt in einer tiefsinnigen Melancholie des Orchesters, bis das Klavier mit einem wild-virtuosen Solo einsetzt und sich anschließend erneut mit dem Orchester der Melancholie des Anfangs hingibt. Den zweiten Satz dominiert das Klavier in leicht sentimentalem Spiel, wobei es vom Orchester lediglich leise untermalt wird. Den dritten Satz durchzieht ein volksliedhafter Ton, wobei mehrmals der Versuch gestartet wird, in die Dur-Tonart zu wechseln, das Stück dann aber doch eher untypisch in Moll endet. Jitka Čechová gelingt es, mit eindringlichem Spiel am Klavier diese unterschiedlichen Stimmungen einzufangen, wobei sie in der Staatsphilharmonie Nürnberg unter der Leitung von Marcus Bosch einen verlässlichen Partner hat.

Nach der Pause geht es mit Antonín Reicha weiter, der heute vor allem durch seine virtuosen Bläserquintette und die theoretischen Schriften zur Kompositionslehre ein Begriff ist. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Hector Berlioz, Franz Liszt und Charles Gounod. Seine 14 Bühnenwerke blieben jedoch ohne jegliche Resonanz und sind bis heute nicht wiederentdeckt worden. Die Staatsphilharmonie Nürnberg unter der Leitung von Marcus Bosch präsentiert zunächst die Ouvertüre aus seiner 1816 uraufgeführten Oper Nathalie ou La famille russe, einem Gelegenheitsstück in der Tradition der Opéra comique. Diesem Werk war schon bei der Uraufführung kein Erfolg beschieden. Ob der desaströse Russland-Feldzug der Grund dafür war, kann nur gemutmaßt werden. Die Musik der Ouvertüre klingt schön, lässt aber das Besondere vermissen und bleibt somit nicht in Erinnerung.

In seiner Tragédie-lyrique Sapho greift Benda eine Geschichte um die gleichnamige griechische Dichterin auf und versucht, mit der Verwendung zweier Harfen und einer Celesta in der Ouvertüre die musikalischen Eigenheiten des Handlungsortes, der Insel Lesbos, und der Handlungszeit, der griechischen Antike, einen sphärischen Klang zu geben. Sapho ist eine Dreiecksgeschichte, bei der sich der junge Phaon aus Liebe zu Néris aus den Fängen Saphos befreit. Die weiteren präsentierten Auszüge aus der Oper zeigen nun Phaons schlechtes Gewissen, weil er Sapho verlassen hat und Néris' Versuche, den Geliebten zu beruhigen, bis beide in einem anmutigen Duett ihre gemeinsame Liebe besingen und in ihrer Verbundenheit dem Ende ihrer glücklichen Tage gefasst ins Auge sehen. Tilman Lichdi verfügt über einen weichen lyrischen Tenor, der die bangen Gefühle Phaons glaubhaft zum Ausdruck bringt und auch in den hohen Passagen mit einer klaren Stimme zu überzeugen weiß. Michaela Maria Meyer präsentiert Néris mit einem weichen, recht dunkel timbrierten Sopran und stellt so einen geeignete Gegenpart zu Phaons Ängsten dar. Auch dieser Teil des Konzertes wird vom Publikum mit großem Applaus bedacht.

FAZIT

Das Konzert verbindet geschickt Bekanntes mit Unbekanntem. Dass so viele Plätze frei blieben, lag sicherlich nicht an der Qualität des Abends. Vielleicht war es für einen Montagabend dann doch zu viel, parallel zu diesem Konzert noch zwei Aufführungen der Oper Ezio zu präsentieren.

Weitere Rezensionen zu den Internationalen Gluck-Opern-Festspielen 2012


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Ausführende

Jitka Čechová, Klavier

Michaela Maria Mayer, Sopran

Tilman Lichdi, Tenor

Marcus Bosch, Musikalische Leitung


Staatsphilharmonie Nürnberg


Werke

Christoph Willibald Gluck
Suite aus der Oper Orphée et Eurydice
1. Ouvertüre
2. Menuet des Ombres heureuses
3. Air de Furies

Jan Ladislav Dusík
Konzert für Klavier und Orchester g-Moll, op. 49
1. Allegro ma espressivo
2. Adagio
3. Rondo: Allegro non troppo

Antonín Benda
Ouvertüre zur Oper Nathalie ou La famille russe
Auszüge aus Sapho
1. Ouvertüre
2. Szene, Cavatine und Duett Phaon - Néris
"L'āpreté de ces lieux convient à ma douleur"
"Ç'est trop longtemps vouloir vous en défendre"
"Ah! Si j'étais trahi par celle qui m'est chère"


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Staatstheater Nürnberg
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2012 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -