Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Salzburger Pfingstfestspiele 22.05.2015 - 25.05.2015
Ein Sommernachtstraum Aufführungsdauer: ca. 2 h 35' (eine Pause) Aufführung im Großen Festspielhaus am 24. Mai 2015 |
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Hippolytas Traum Von Thomas Molke / Fotos von Holger Badekow und Wolfgang Lienbacher Shakespeares Stücke haben seit Beginn der Ballettgeschichte Choreographen inspiriert. So entstanden bereits zwischen 1785 und 1834 in zahlreichen Metropolen Handlungsballette zu The Tempest und Romeo and Juliet. Auch Ein Sommernachtstraum hat Choreographen in den letzten Jahrzehnten immer wieder fasziniert. So schuf beispielsweise Heinz Spoerli für die Deutsche Oper am Rhein in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Fassung, die in überarbeiteter Form vor zwei Spielzeiten am Aalto in Essen Premiere feierte, und auch Hans Henning Paar und Ricardo Fernando haben sich in den letzten Jahren in Münster beziehungsweise Hagen diesem Stoff gewidmet. Eine besondere Stellung nimmt bei diesen zahlreichen Bearbeitungen sicherlich John Neumeiers Fassung für das Hamburg Ballett ein, die Neumeier 1977 für seine Compagnie in Hamburg kreierte und die anschließend einen Siegeszug über zahlreiche bedeutende Ballettbühnen angetreten hat. Genannt werden sollen an dieser Stelle nur München (in den 90er Jahren) und Dresden (in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts). Nachdem Cecilia Bartoli vor zwei Jahren zu den Pfingstfestspielen das Ballett des Mariinski-Theaters aus St. Petersburg eingeladen hatte, tritt nun auch das Hamburg Ballett im Großen Festspielhaus auf. Alexandr Trusch als Puck (Foto: Holger Badekow) Neumeier deutet in seiner Choreographie die ganze Geschichte als Hippolytas Traum. Am Vorabend ihrer Hochzeit nimmt sie in einem Prolog während der letzten Vorbereitungen die Liebesverwicklungen ihrer beiden Freundinnen Hermia und Helena wahr. Hermia liebt den jungen Gärtner Lysander, wird aber gleichzeitig auch von dem Offizier Demetrius umworben, der wiederum von Helena verehrt wird. Gleichzeitig erscheint eine Gruppe von Handwerkern, die darum bittet, bei der Hochzeit das Theaterstück Pyramus und Thisbe aufführen zu dürfen. Als Hippolyta ihren zukünftigen Ehemann beim Flirt mit den Hofdamen erwischt, zweifelt sie an seiner Liebe und schläft mit einer Rose, die sie von ihm erhalten hat, ein. Der erste Akt führt nun ins Feenreich. Dort streitet Titania (Hippolyta), die Feenkönigin, mit ihrem Geliebten Oberon (Theseus), dem Elfenkönig. Oberon übergibt seinem Diener Puck (Philostrat) eine Blume, die wie die Rose aus dem Prolog aussieht, um sich an Titania zu rächen und sie in Liebe zu einem Esel zu versetzen, in den zuvor der Weber Zettel bei den Proben zu seinem Bühnenstück verwandelt worden ist. Nach allerlei Liebesverwicklungen, in die auch Hermia, Helena, Lysander und Demetrius einbezogen werden, versöhnen sich Oberon und Titania, und die richtigen Paare finden zueinander. Im zweiten Akt wird dann die Hochzeit gefeiert, die vom Spiel der Handwerker untermalt wird. Die Handwerker bei der Probe im Wald (Foto: Holger Badekow) Neumeier hat für die drei unterschiedlichen Welten in der Geschichte drei recht gegensätzliche Musikstile ausgewählt. Während er für Hippolyta, Theseus, Hermia, Helena, Lysander und Demetrius die berühmte Bühnenmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy auswählt und sie um weitere Kompositionen von Mendelssohn Bartholdy ergänzt, verwendet er für die Feenwelt sehr abstrakte Kompositionen von György Ligeti, in denen dieser in den 60er Jahren des letzten Jahres versuchte, vor allem für Orgel und Cembalo eine neue und dabei besondere Tonsprache zu kreieren. Die Handwerker lässt Neumeier mit einer Drehorgel auftreten, aus der Musik ertönt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den Straßen vom einfachen Volk zu vernehmen war. Damit erhalten die Handwerker im Gegensatz zu den Aristokraten am Hof und den Feen und Elfen im Wald etwas Bodenständiges. Der jeweiligen Musikauswahl ist dann auch die Bewegungssprache der einzelnen Gruppen angepasst. Während man sich am Hof klassisch auf Spitze bewegt, ist das Tanzvokabular unter den Feen und Elfen eher modern abstrakt gehalten. Die Handwerker lassen durch clowneske Bewegungen zahlreiche komische Momente einfließen. Große Hochzeit am Ende (Foto: Holger Badekow) Das Bühnenbild und die Kostüme von Jürgen Rose sind sehr fantasievoll gehalten. Die Kleider am Hof bestechen durch Opulenz. So bedeckt der riesige Schleier Hippolytas zu Beginn des Prologs und bei der Hochzeit im zweiten Akt nahezu den ganzen Bühnenboden. Auch die Offiziere und Hofdamen zeichnen sich durch große Pracht in den Kostümen aus. Hippolytas Zimmer wird mit einem strahlend blauen Vorhang mit goldener Borde ebenfalls recht herrschaftlich gezeichnet. Im Feenreich dominieren eng anliegende glitzernde Kostüme, die den Betrachter in eine andere Welt entführen. Mehrere Bäume sind dabei auf der Bühne positioniert, in denen einzelne Tänzerinnen und Tänzer sitzen und den Wald damit in ein ständiges Flirren und Rauschen versetzen. Oberon klettert dabei häufig auf einen Baum, um die Übersicht über das Geschehen zu behalten. Das Schauspiel der Handwerker ist ebenfalls mit niedlichen Kostümen sehr aufwändig gestaltet. Das Hamburg Ballett beim Schlussapplaus mit Simon Hewett (links) und John Neumeier (rechts) (Foto: Wolfgang Lienbacher) In diesem Ambiente macht das Hamburg Ballett auch tänzerisch deutlich, wieso es zu den renommiertesten Compagnien der Gegenwart zählt. Hélène Bouchet begeistert als Hippolyta mit atemberaubendem Spitzentanz und bewegender Mimik und Gestik und stellt als Titania unter Beweis, dass sie auch zur abstrakten Musik von Ligeti ein modernes Bewegungsvokabular zu bieten hat. Carsten Jung steht ihr als Theseus und Oberon in nichts nach, wobei er in letzterer Partie allerdings wesentlich mehr Entfaltungsmöglichkeiten erhält. Großartig ist dabei das Zusammenspiel mit Alexandr Trusch als Puck, der mit großem Spielwitz über die Bühne tollt und sichtlich Spaß dabei verspürt, alles durcheinander zu bringen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Helenas Brille zu, die Puck aufsetzt und die damit seinen Blick "vernebelt", was als Erklärung dafür dient, dass er die Paare verwechselt.. Die beiden Liebespaare Hermia und Lysander beziehungsweise Helena und Demetrius werden sehr gegensätzlich dargestellt. Während Anne Laudere und Edvin Revazov als Hermia und Lysander mit klassischem Spitzentanz ein ernsthaft verliebtes Paar mimen, setzen Silvia Azzoni und Alexandre Riabko als Helena und Demetrius eher komische Akzente. Riabko legt den Demetrius mit mehreren Slapstickeinlagen als steifen Offizier an, den man nicht ganz ernst nehmen kann. Azzoni stellt die Helena ein wenig tollpatschig, dabei allerdings absolut liebenswert dar. Von daher wirkt es unwahrscheinlich, dass dieses Paar das gleiche Glück finden wird wie beispielsweise Hermia und Lysander. Ein weiterer szenischer Höhepunkt ist das Schauspiel der Handwerker. Konstantin Tselikov gelingt eine Meisterleistung als Flaut, wenn er in die Rolle der Thisbe schlüpft und seine Versuche, auf Spitze zu tanzen, scheinbar nicht von Erfolg gekrönt werden. Wie Aleix Martínez als Löwe bereits an Thisbes Bein nagt, obwohl er doch eigentlich von der fliehenden Thisbe nur das Halstuch bekommen soll, wird großartig umgesetzt. Auch Lloyd Riggins arbeitet als Zettel und Pyramus die leicht überhebliche Art des Webers durch komödiantisches Spiel heraus. Großartig ist auch die Drehorgelmusik, die Fragmente aus Verdis La traviata in einer Bearbeitung für Orchestrion präsentiert und wunderbar zur dargestellten Geschichte passt. Das Mozarteumorchester Salzburg präsentiert unter der Leitung von Simon Hewett Mendelssohn Bartholdy in opulenten Klangfarben - Ligeti wird vom Band eingespielt -, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt. FAZIT Bei dieser fantasievollen Umsetzung lässt es sich gut nachvollziehen, wieso Neumeiers Ballett Maßstäbe gesetzt hat und die Choreographie auch nach fast 40 Jahren in absoluter Frische daherkommt. Weitere Rezensionen zu den Salzburger Pfingstfestspielen 2015 |
ProduktionsteamMusikalische Leitung Choreographie, Inszenierung und Licht Bühne und Kostüme
Mozarteumorchester Salzburg
Solisten
Hippolyta / Titania Helena Hermia Theseus, Herzog von Athen / Oberon
Demetrius, ein Offizier Lysander, ein Gärtner Philostrat, Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe Theseus'
/ Puck Zettel, ein Weber / Pyramus Flaut, ein Bälgenflicker / Thisbe Squenz, ein Zimmermann / Wand Schlucker, ein Schneider / Mondschein Schnauz, ein Kesselflicker / Wand Schnock, ein Schreiner / Löwe Klaus, ein Musiker Hippolytas Freundinnen Zwei Soldaten Zwei Gärtnergehilfen Näherinnen Hofmaler Schatzmeister Spinnweb Bohnenblüte Senfsamen Motte Titanias Gefolge Titanias Lieblingself Die Feen Hofdamen und -herren Demetrius' Begleitung Helenas Brautjungfern Lysanders Begleiter Hermias Brautjungfern Hippolytas Brautjungfern
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