Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Salzburger Pfingstfestspiele 22.05.2015 - 25.05.2015
Semele in englischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln Aufführungsdauer: ca. 3 h 5' (eine Pause) Konzertante Aufführung im Haus für Mozart am 23. Mai 2015 |
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Konzertante Aufführung mit szenischen Elementen Von Thomas Molke / Foto von Wolfgang Lienbacher Unter den Oratorien, die Händel für London komponiert hat, nehmen Semele und Hercules eine besondere Stellung ein. Es sind nämlich die einzigen beiden, in denen Händel nichtreligiöse Themen verarbeitete. Vielleicht lässt sich auch damit der Misserfolg erklären, den ihm beide Werke bescherten. Schließlich erinnerten sie in ihrer Struktur wieder an die Art Oper, die sich zu der Zeit in London keiner großen Beliebtheit mehr erfreute. Auch der Chor nahm hierbei gewissermaßen nur eine Pseudo-Funktion ein und stand nicht mehr so zentral im Mittelpunkt wie im gefeierten Messiah. Das Libretto von William Congreve war übrigens fast vierzig Jahre zuvor für John Eccles verfasst worden, der damit den Versuch starten wollte, nach Purcell erneut die englische Oper zu etablieren. Zu einer Aufführung kam es allerdings nicht, und nach Händels Rinaldo interessierte sich sowieso niemand mehr für die Renaissance einer englischsprachigen Oper. Diese bittere Erfahrung musste dann eben auch Händel selbst 40 Jahre später machen, als er diese Vorlage bearbeitete. Mit Händel-Festspielen in Halle, Göttingen, Karlsruhe und London ist die Situation heute natürlich eine ganz andere, und auch bei den Pfingstfestspielen in Salzburg wird die konzertante Aufführung dieses selten gespielten Werkes vom Publikum frenetisch gefeiert. So konzertant ist der Abend allerdings auch gar nicht, da die Solisten geschickt einige szenische Elemente in die Vorstellung einbauen. Schlussapplaus: von links: Diego Fasoli, Rebeca Olvera (Iris), Cecilia Bartoli (Semele), Peter Kálmán (Cadmus / Somnus), Liliana Nikiteanu (Ino), Andreas Scholl (Athamas), Birgit Remmert (Juno) und Charles Workman (Jupiter), dahinter I Barocchisti Der Mythos von Semele, der Tochter des Kadmos (Cadmus), des Königs von Theben, und Harmonia, der Göttin der Eintracht, ist vor allem aus den Metamorphosen Ovids bekannt. Jupiter verliebt sich in die schöne Königstochter und gewinnt ihr Herz, weil sie stolz darauf ist, von einem Gott begehrt zu werden. Doch Jupiters Frau Juno will die Geliebte, die auch noch ein Kind von Jupiter erwartet, vernichten. Also sucht sie Semele in Gestalt einer alten Amme auf und weckt in ihr den Zweifel, ob ihr Geliebter wirklich der Göttervater Jupiter ist. Semele soll einfordern, dass Jupiter sich ihr in seiner ganzen göttlichen Pracht zeigt. Semele lässt sich überzeugen, ohne zu wissen, dass sie beim Anblick des Gottes verbrennen muss, und entlockt Jupiter das Versprechen, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Als sie ihn dann auffordert, ihr als Gott zu nahen, ist ihr Schicksal besiegelt. Jupiter kann noch das ungeborene Kind retten, indem er es bis zur Geburt in seinen Oberschenkel einnäht. Der Sohn Jupiters und Semele wird dann Dionysos (Bacchus) sein. In der Oper kommt Semeles Schwester Ino noch eine größere Bedeutung zu. Einerseits liebt sie Athamas, Semeles Verlobten, und leidet darunter, dass Athamas' Herz zunächst nur für Semele schlägt. Andererseits schlüpft Juno in ihre Gestalt, um Semele zu überreden, Jupiter aufzufordern, sich ihr als Gott zu zeigen. Juno suggeriert ihr in der Oper damit, dass Semele durch den Anblick selbst Unsterblichkeit erlangen werde. Auch wenn bei dieser Aufführung kein Regie-Team Hand angelegt hat, beweisen die Solisten, dass sie mit eindringlicher Rolleninterpretation diesen Abend durchaus szenisch gestalten können. Allen voran ist hier natürlich Cecilia Bartoli zu nennen, die es sich nicht nehmen lässt, die Titelpartie zu übernehmen. Mit wunderbarer Mimik spielt sie die Naivität der Königstochter aus und vermag es, mit ihrem Gesang die unterschiedlichen Emotionen der Titelfigur differenziert herauszuarbeiten. So wirkt sie bei ihrem ersten Auftritt, wenn sie in den Tempel geführt wird, um Athamas zu heiraten, fast wie ein Opferlamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und drückt ihre Verzweiflung mit variablem Sopran aus. Wenn Jupiter sie dann am Ende des ersten Aktes in Gestalt eines Adlers auf einen Berg entführt hat, wird bei ihren sprudelnden Koloraturen in der großen Arie "Endless pleasure, endless love" ihre Begeisterung regelrecht spürbar. Doch dieses Gefühl der überbordenden Freude hält nicht an, und so gibt sie sich in "O sleep, why dost thou leave me" wieder absolut gelangweilt, weil sie ohne Jupiter auf dem Berg nichts mit sich anfangen kann. Der absolute musikalische und szenische Höhepunkt gelingt Bartoli dann im dritten Akt in ihrer Arie "Myself I shall adore". Juno hat ihr einen verzauberten Spiegel gereicht, in dem sie noch schöner erscheint, und wie Bartoli diese Selbstverliebtheit mit halsbrecherischen Koloraturen und den unterschiedlichsten Posen vor dem Spiegel ausspielt, ist nicht nur musikalisch atemberaubend, sondern begeistert auch in der Komik. Birgit Remmert als Juno und Diego Fasolis am Pult des Orchesters I Barocchisti tragen dazu nicht unwesentlich bei. Wie Juno dagegen ankämpfen muss, nicht offen zu zeigen, dass Semele sie hier absolut demütigt, wird von Remmert mit großartiger Mimik ausgespielt. Fasolis rückt dann schon fast beiläufig den Notenständer beiseite, um Bartoli für ihre Selbstbetrachtung mehr Raum auf der Bühne zu geben. Während Bartoli in dieser Arie die Koloraturen selbstverliebt perlen lässt, beweist sie in der folgenden Auseinandersetzung mit Jupiter in der Arie "No, no! I'll take no less", dass sie auch durchaus fordernd sein kann. Hier präsentiert sie sich schon beinahe als rasende Furie, die keine Kompromisse mit dem Gott eingehen will. Zu spät erkennt sie ihren Fehler und hat dann einen sehr leisen Abgang. Auch die anderen Solisten stehen Bartoli in nichts nach. Birgit Remmert begeistert als Juno mit großartigem Mezzo und verleiht der Göttin darstellerisch eine derartige Autorität, so dass man sich keineswegs mit ihr anlegen möchte. Schon ihr Auftritt im zweiten Akt zeigt ihre große Ungeduld. Wie barsch sie dann Iris in ihrer Arie unterbricht und sie mit "Hence, Iris, hence away" von der Bühne jagt, wird von Remmert musikalisch und szenisch absolut glaubhaft umgesetzt. Auch die Komik kommt im Zusammenspiel mit Bartoli nicht zu kurz. Charles Workman punktet als Jupiter mit einem baritonal eingefärbten Tenor, der sich in den Koloraturen durch enorme Beweglichkeit auszeichnet. Zu nennen sind hier seine beiden großen Arien im zweiten Akt, wenn er einerseits beklagt, dass Semeles fordernde Art ihm einiges abverlangt und er ihr andererseits in absoluter Verliebtheit ewige Freude verspricht. Liliana Nikiteanu spielt mit warmem Mezzo die Leiden von Semeles Schwester Ino wunderbar aus. Musikalische Höhepunkte stellen bei ihr die beiden Duette im ersten und zweiten Akt dar. Im ersten Akt beklagt sie gemeinsam mit Andreas Scholl als Athamas, dass ihre Liebe nicht erfüllt wird. Im zweiten Akt genießt sie mit Bartoli den arkadischen Frieden auf dem Berg. Peter Kálmán setzt als Cadmus mit profundem Bass weitere Akzente und amüsiert als schlafender Somnus, der sich von Juno nur mit dem Versprechen wecken lässt, seine Geliebte Pasithea wiederzusehen. Rebeca Olvera stattet die Götterbotin Iris mit leichtem Sopran aus. Nur Andreas Scholl klingt als Athamas ein bisschen erschöpft. Sein Countertenor strahlt nicht so, wie man es sich im Rahmen dieser hochkarätigen Solistenriege gewünscht hätte. Dennoch setzt auch er im Duett mit Nikiteanu und seiner großen Arie im dritten Akt musikalische Akzente. Der Coro della Radiotelevisione Svizzera präsentiert sich stimmgewaltig, und auch Diego Fasolis lotet mit dem Orchester I Barocchisti die Feinheiten der Partitur differenziert aus. Dabei sorgt Fasolis auch mehrmals szenisch für komische Momente. Wenn am Ende als Zeichen für die Geburt des Bacchus Sekt an die Solisten verteilt wird, macht er mehr als deutlich, dass er ebenfalls ein Glas bekommen möchte. So gibt es nicht nur zum Schluss frenetischen Applaus für eine konzertante Aufführung, die die szenische Umsetzung in keinem Moment vermissen lässt. FAZIT Dieses Ensemble benötigt kein Regie-Team, um aus einer konzertanten Aufführung auch einen szenischen Höhepunkt der diesjährigen Pfingstfestspiele zu machen. Weitere Rezensionen zu den Salzburger Pfingstfestspielen 2015 |
ProduktionsteamMusikalische Leitung Chor
Coro della Radio Svizzera Italiana I Barocchisti Continuo Cembalo
Solisten
Semele Jupiter / Apollo Juno Ino
Iris Athamas Cadmus / Somnus
Weitere |
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