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Die Stars von morgenVon Thomas Molke / Fotos von Roxana Vlad
Noch herrscht Spannung unter den Teilnehmern der Meisterklasse. Wer wird der diesjährige Preisträger sein? (von links: Matija Mei ć, Marco Simonelli, Marina Viotti, Sara Blanch, Silvia Aurea De Stefano, Gheorghe Vlad, Alessandra Contaldo, Daniele Caputo, Sara Bañeras, Laurent Kubla und Muriel Fankhauser)Einen Vorgeschmack auf das Können der jungen Künstlerinnen und Künstler hatte man ja bereits im ersten Konzert eine Woche zuvor bekommen können. Dabei sind allerdings nicht alle Teilnehmer des ersten Konzertes auch eine Woche später zu erleben. Die chinesische Delegation, die an der Meisterklasse teilgenommen hat, ist zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon abgereist und damit nicht mehr vertreten. Auch der vielversprechende Tenor César Arrieta und die Mezzosopranistin Ana Victoria Pitts, die beide bereits mit relativ großen Rollen in weiteren Produktionen des diesjährigen Festivals zu hören waren, wirken in dem zweiten Konzert nicht mit. Dafür präsentieren allerdings die Sopranistin Sara Blanch und der Bassbariton Laurent Kubla, die beide bereits in L'Italiana in Algeri als Mustafà und dessen Gattin Elvira zu erleben waren, eine Arie, Blanch sogar direkt zwei. Kubla begeistert mit profunden Tiefen bei der großen Arie des Alidoro aus Rossinis La Cenerentola, die er auch schon in der Inszenierung in Liège in der letzten Spielzeit interpretiert hat. Blanch hat zunächst einen fulminanten Auftritt als Königin der Nacht, wobei sie die Koloraturen absolut sauber ansetzt und der "Hölle Rache" in den Spitzentönen spürbar macht. Auch in der Arie der Berenice aus Rossinis Farsa L'occasione fa il ladro fasziniert Blanch das Publikum mit beweglicher Stimmführung und wird nicht zu Unrecht am Ende des Konzertes vom Festspielleiter Jochen Schönleber mit dem diesjährigen Publikumspreis ausgezeichnet. Matija Mei ć (rechts) mit Lorenzo Regazzo (Mitte) als Dr. Malatesta und Don Pasquale im Buffo-Duett (am Klavier: Francis Benichou)Dass Schönleber zugibt, beim Publikumspreis, der am Applaus bei den beiden Vorstellungen gemessen wird, ein bisschen gemogelt zu haben, da Blanch eigentlich "nur" den zweiten Platz belegt habe, sieht man ihm nach. Auch wenn er nicht explizit sagt, wer den meisten Applaus bekommen hat, ist es klar, dass es sich um einen der beiden Preisträger für den Internationalen Belcanto Preis handeln muss und Schönleber daran gelegen war, bei dem hohen Niveau in der Meisterklasse möglichst viele junge Künstler auszeichnen zu können. Erneut wird der Hauptpreis geteilt, da man zwischen den beiden wirklich verdienten Preisträgern qualitativ keinen Unterschied feststellen kann. Dass Matija Mei ć mit dem Preis ausgezeichnet wird, war eigentlich schon zu erwarten. Im vergangenen Jahr hatte er bereits in der szenischen Produktion von Il viaggio a Reims als Don Alvaro mit profunden Tiefen und großartigem Spiel begeistert, und auch in diesem Jahr konnte er erneut seine ganze Bandbreite zeigen. Während er als Taddeo in L'Italiana in Algeri sein Buffo-Talent ausspielte und zum Publikumsliebling avancierte, zeigte er als König Carlo in Lindpaintners Il vespro siciliano, dass er auch das ernste Fach stimmlich und darstellerisch beherrscht. Im Konzert präsentiert er sich dann als Liedsänger und löst mit seiner Interpretation von Liszts vertontem Petrarca-Sonett "Pace non trovo" einen Begeisterungssturm beim Publikum aus. Schönleber kommentiert hinterher etwas trocken, dass er es nicht für möglich gehalten habe, dass man mit Liszt den Internationalen Belcanto Preis gewinnen könne.Marina Viotti als Malcolm aus Rossinis La donna del lago (am Klavier: Francis Benichou) Die zweite Preisträgerin ist die Mezzosopranistin Marina Viotti, die das Wildbader Publikum auch als Isabella in L'Italiana in Algeri begeisterte und in Rossinis Bianca e Falliero Biancas Amme Costanza interpretierte. Das zweite Konzert eröffnet sie mit der Arie des Malcolm aus Rossinis La donna del lago und überzeugt mit einer wohl-timbrierten Mittellage, die die Melancholie des jungen Mannes nachvollziehbar macht. Auch in den Höhen verfügt ihr Mezzo über eine dramatische Strahlkraft. Beeindruckend ist auch ihre Darstellung der Angelina aus La Cenerentola im Duett mit Gheorghe Vlad, in dem sich Prinz Ramiro und Angelina zum ersten Mal begegnen. Bei diesem Duett wird auch deutlich, welcher Stellenwert die szenische Umsetzung der einstudierten Arien und Duette in Regazzos Meisterklasse zukommt. Viotti tritt mit einem Tablett auf, das sie beim Anblick des schönen Prinzen vor Schreck fallen lässt. Als sie sich dann am Ende etwas gefangen hat, und alles wieder aufgehoben hat, führt ein Kuss Ramiros dazu, dass das Tablett ihr erneut entgleitet. Beim Applaus gibt Viotti dann aber ganz die Diva und lässt Vlad die heruntergefallenen Sachen von der Bühne schaffen. Große Komik entfalten auch Alessandra Contaldo und Silvia Aurea De Stefano als Fiordiligi und Dorabella in dem Duett "Prenderò quel brunettino" aus Così fan tutte, in dem die Treue der beiden Frauen zu ihren Geliebten zu schwinden beginnt. Contaldo und De Stefano tragen dabei ein Porträt der beiden Meisterklassen-Teilnehmer Daniele Caputo und Marco Simonelli bei sich, die dann zum Ende des Duettes leibhaftig auftreten und von den beiden Frauen in bequemen Sesseln verführt werden. Jochen Schönleber (vorne kniend) kürt Lorenzo Regazzo (Mitte) zum Meister (Teilnehmer links: Marina Viotti, Sara Blanch und Silvia Aurea De Stefano, auf der rechten Seite von links: Gheorghe Vlad, Alessandra Contaldo, Daniele Caputo und Sara Bañeras) Ein weiterer Anwärter auf den Preis wäre sicherlich auch Daniele Caputo gewesen, der in der Auftrittsarie des Figaro aus Rossinis Il barbiere di Siviglia mit kräftigem Bariton und lebhaftem Spiel begeistert. Neben den drei Erasmus-Studenten, die das Konzert am Klavier begleiten, setzt sich auch Lorenzo Regazzo selbst ans Klavier und interpretiert auf eindringliche Weise "Oh! quand je dors" von Franz Liszt, das Alessandra Contaldo mit weichem Sopran bewegend umsetzt. Für das Finale hat sich Regazzo wieder einen besonderen Höhepunkt einfallen lassen. Gemeinsam mit Matija Mei ć präsentiert er das berühmte Buffo-Duett "Cheti, cheti, immantinente", in dem Don Pasquale und Dr. Malatesta planen, Norina / Sofronia der Treulosigkeit zu überführen. Dass Regazzo mit seiner überbordenden Bühnenpräsenz als Don Pasquale Meić in der Partie des Malatesta nicht an die Wand spielt, ist wohl Meićs großem komischem Talent zu verdanken, das hoffen lässt, dass auch er eine internationale Buffo-Karriere vor sich haben wird. Mit welcher Leichtigkeit die beiden dabei durch die Parlando-Stellen eilen und weder dem Pianisten noch dem Publikum die Gelegenheit zur Pause geben, ist wirklich großartig. Am Ende treten dann alle Solisten des Konzertes auf und präsentieren die schnellen Läufe noch einmal als Zugabe, bei der man den Eindruck bekommt, dass diese Meisterklasse die jungen Künstlerinnen und Künstler nicht nur auf ihrem Karriereweg weitergebracht, sondern ihnen auch eine gehörige Portion Spaß bereitet hat.
Nach der Verteilung der Preise ehrt Schönleber auch noch
Regazzo für seinen unermüdlichen Einsatz für das Festival in Bad Wildbad und
überreicht ihm feierlich zum zehnjährigen Festival-Jubiläum ein T-Shirt, das ihn
zum Meister ernennt, der Bad Wildbad hoffentlich noch viele Jahre erhalten
bleibt.
FAZIT
Die Konzerte der Meisterklasse haben sich mittlerweile zu einem weiteren
Höhepunkt des alljährlichen Festivals entwickelt. Wer schon einmal einen Blick
auf die potentiellen Stars von morgen werfen will, sollte diese Konzerte in Bad
Wildbad nicht verpassen.
Weitere Rezensionen zu Rossini in
Wildbad 2015
Programm des Konzertes
Gioachino Rossini: La donna del lago (1819): Rezitativ und Arie des
Malcolm "Mura felici (Marina Viotti, Mezzosopran, Francis Benichou, Klavier)
Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte (1791): Arie der Königin der
Nacht "Der Hölle Rache" (Sara Blanch, Sopran, Francis Benichou, Klavier)
Wolfgang Amadeus Mozart: Le nozze di Figaro (1786): Duett Susanna -
Marcellina "Via resti servita" (Alessandra Contaldo, Sopran, Sara Bañeras, Sopran, Jacopo Brusa, Klavier)
Wolfgang Amadeus Mozart: Le nozze di Figaro (1786): Arie des Bartolo "La
vendetta" (Marco Simonelli, Bass, Alessandra Iaiza, Klavier)
Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Duett Angelina - Don Ramiro "Un
soave non so che" (Marina Viotti, Mezzosopran, Gheorghe Vlad, Tenor, Francis
Benichou, Klavier)
Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Arie des Alidoro "La del ciel
nell'arcano profondo" (Laurent Kubla, Bassbariton, Jacopo Brusa, Klavier)
Gioachino Rossini: La Cenerentola (1817): Arie des Don Ramiro "Sì,
ritrovarla io giuro" (Gheorghe Vlad, Tenor, Jacopo Brusa, Klavier)
Domenico Cimarosa: In convito (1782): Arie der Alfonsina "Son Didone
abbandonata" (Sara Bañeras, Alessandra Iaiza, Klavier)
Gioachino Rossini: Il barbiere di Siviglia (1816): Kavatine des Figaro
"Largo al factotum" (Daniele Caputo, Bariton, Alessandra Iaiza,
Klavier)
Wolfgang Amadeus Mozart: Così fan tutte (1790): Duett Fiordiligi -
Dorabella "Prenderò quel brunettino" (Alessandra Contaldo, Sopran, Silvia
Aurea De Stefano, Mezzosopran, Jacopo Brusa, Klavier)
Vincenzo Bellini
Franz Liszt: "Oh! quand je dors" Searle-Verzeichnis 282/1 (1842) (Alessandra
Contaldo, Sopran, Lorenzo Regazzo, Klavier)
Franz Liszt: "Pace non trovo" (Sonetto del Petrarca) Searle-Verzeichnis 270/1
(1839) (Matija Meić, Bariton, Francis Benichou, Klavier)
Gioachino Rossini: L'occasione fa il ladro (1812):
Arie der Berenice "Voi la sposa pretendete" (Sara Blanch, Sopran,
Francis Benichou, Klavier)
Gaetano Donizetti: Don Pasquale: Duett Malatesta - Pasquale "Cheti, cheti
immantinente" (Matija Meić, Bariton, Lorenzo Regazzo, Bass, Francis Benichou,
Klavier)
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AusführendeFrancis Benichou, Klavier Teilnehmer der Masterclass Marco Simonelli Silvia Aurea De Stefano Marina Viotti Gheorghe Vlad
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- Fine -