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Der verkohlte Wald als MenetekelVon Roberto Becker / Fotos © StoflethDie Jüdin von Jacques Fromental Halévy (1799-1862) profitiert von der kleinen Konjunktur, die die Gand Opéra gerade erlebt. Hinzu kommt in Zeiten, in denen religiöse Hintergründe für die Erklärung von politischem Handeln immer wichtiger werden, die Brisanz der Geschichte. Der Jude Eléazar, nach dem die Oper genauso gut benannt sein könnte, ist kein Leisetreter. Er ist herausfordernd selbstbewusst, wenn er in Konstanz zu Zeiten des Konzils das Gebot bricht, am Feiertag nicht zu arbeiten. Man könnte meinen, dass er die Konfrontation mit den Fundamentalisten auf der christlichen Seite geradezu sucht. Andererseits ist deren Oberhaupt Kardinal Brogni durchaus um einen modus vivendi bemüht. Einsam vor dem gespenstischen Wald
Wenngleich er das absurde Gebot, Liebesbeziehungen zwischen Paaren über die Religionsgrenzen hinweg mit dem Tode zu bestraften und die entsprechenden Urteile auf ziemlich barbarische Weise zu vollstrecken, tatsächlich durchsetzt. Dass er dabei unwissentlich die eigene, tot geglaubte, aber von Eléazar als Jüdin erzogene Tochter dem Henker übergibt, ist die belehrende, an die Vernunft und Toleranz appellierende Pointe dieser Oper. Wie sich die Losungen gleichen ...
Die emotionale Parteinahme für den Menschen hinter seiner religiösen Maske ist die Brücke zum Hier und Heute, auch wenn man die Geschichte in einer mehr oder weniger weiten zeitlichen Ferne zur Gegenwart und in einem historischen Gewand erzählt. Peter Konwitschny hat gerade in seiner Deutung, die nach Gent und Antwerpen inzwischen auch in Mannheim auf dem Programm steht, das Exemplarische einer Gruppendynamik, die vom Hass lebt und in der Gewalt mündet, packend herausgearbeitet. Anders in Nürnberg. Dort hat Gabriele Rech ihre Deutung in die Zeit der deutschen Besetzung in Frankreich verlegt. Von oben herab: Der Kardinal und der Jude
Olivier Py setzt jetzt in Lyon auf die dunkle Seite der Romantik. Nur die französischen Losungen der Massen in der Eröffnungsszene bedienen sich beim aktuellen fremdenfeindlichen Vokabular der neuen europäischen Rechten. Das reicht von "Frankreich den Franzosen", "Schließt die Grenzen" bis zu "Tod den Fremden". Ausstatter Pierre-André Weitz füllt die Bühne mit der Kombination aus einer gewaltigen, die ganze Bühnenbreite ausfüllenden Freitreppe und der Imagination eines verkohlten Waldes im Hintergrund. Das erinnert durchaus an Caspar David Friedrich, hat aber nichts Anheimelndes. Dieser gespenstische Wald erweist sich vielmehr als metaphorischer Eingang zur Hölle. Wenn eine Gruppe von Menschen mit Hut, Mantel und Koffer in der Hand in diesem Wald verschwindet, dann bezieht sich Py damit auf den Holocaust als dem zentralen Großverbrechen des zwanzigsten Jahrhunderts. Ähnlich verhält es sich mit den brutalen Vernehmungen von Eléazar, Rachel und Leopold durch die Schwarzuniformierten, die im Hintergrund zu sehen sind. Ansonsten beherrschen riesige Bücherregalwände die Bühne und werden immer wieder zu wechselnden angedeuteten Räumen. Sie stehen für die Welt des Juden. In diesem düster dräuenden Rahmen einer stringent dunklen Ästhetik geht die Geschichte ihren verhängnisvollen Gang bis hin zum tragischen Ende. Eleazar: machtlos und wütend
Daniele Rustione, der avisierte neue Chef des Lyoner Opern-Orchesters, sorgte für eine exzellente musikalische Qualität im Graben. Er liefert die Dramatik und Prachtentfaltung ganz im Stile der Grand Opéra mit großer Geste, bleibt dabei aber stets präzise und, wo nötig, auch hoch sensibel. Zum Orchesterluxus kommt ein exzellentes handverlesenes Ensemble: Von Nikolai Schukoffs selbstbewusst herrischem Eléazar, über die wunderbar leuchtende Rachel von Rachel Harnisch und die (ein wenig zu) lasziv angelegte Sabina Puértolas als Prinzessin Eudoxie bis zu Enea Scala (als strahlkräftigem Leopold) und Roberto Scandiuzzi (Kardinal Brogni). FAZIT In Lyon hat Olivier Py das aktuelle Opernfestival mit einer Jüdin gekrönt, die nicht nur durch die packende Inszenierung besticht, sondern auch durch ihr hohes musikalisches Niveau. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Ausstattung
Licht
Chor
Solisten
Eléazar
Rachel
La Princesse Eudoxie
Leopold
Cardinal Brogni
Ruggiero
Albert
Crieur
Officier
Burreau
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