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Festival pour l'humanité Lyon, 15. März - 3. April 2016

La juive (Die Jüdin)

Oper in fünf Akten
Libretto von Eugène Scribe
Musik von Jacques-Fromental Halévy

In französischer Sprache

Koproduktion mit der Opera Australia, Sydney
Premiere am 16. März 2016 an der Opera de Lyon

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)


Homepage

Opera de Lyon
(Homepage)

Der verkohlte Wald als Menetekel

Von Roberto Becker / Fotos © Stofleth


Die Jüdin von Jacques Fromental Halévy (1799-1862) profitiert von der kleinen Konjunktur, die die Gand Opéra gerade erlebt. Hinzu kommt in Zeiten, in denen religiöse Hintergründe für die Erklärung von politischem Handeln immer wichtiger werden, die Brisanz der Geschichte. Der Jude Eléazar, nach dem die Oper genauso gut benannt sein könnte, ist kein Leisetreter. Er ist herausfordernd selbstbewusst, wenn er in Konstanz zu Zeiten des Konzils das Gebot bricht, am Feiertag nicht zu arbeiten. Man könnte meinen, dass er die Konfrontation mit den Fundamentalisten auf der christlichen Seite geradezu sucht. Andererseits ist deren Oberhaupt Kardinal Brogni durchaus um einen modus vivendi bemüht.

Vergrößerung

Einsam vor dem gespenstischen Wald

Wenngleich er das absurde Gebot, Liebesbeziehungen zwischen Paaren über die Religionsgrenzen hinweg mit dem Tode zu bestraften und die entsprechenden Urteile auf ziemlich barbarische Weise zu vollstrecken, tatsächlich durchsetzt. Dass er dabei unwissentlich die eigene, tot geglaubte, aber von Eléazar als Jüdin erzogene Tochter dem Henker übergibt, ist die belehrende, an die Vernunft und Toleranz appellierende Pointe dieser Oper.

Vergrößerung Wie sich die Losungen gleichen ...

Die emotionale Parteinahme für den Menschen hinter seiner religiösen Maske ist die Brücke zum Hier und Heute, auch wenn man die Geschichte in einer mehr oder weniger weiten zeitlichen Ferne zur Gegenwart und in einem historischen Gewand erzählt. Peter Konwitschny hat gerade in seiner Deutung, die nach Gent und Antwerpen inzwischen auch in Mannheim auf dem Programm steht, das Exemplarische einer Gruppendynamik, die vom Hass lebt und in der Gewalt mündet, packend herausgearbeitet. Anders in Nürnberg. Dort hat Gabriele Rech ihre Deutung in die Zeit der deutschen Besetzung in Frankreich verlegt.

Vergrößerung

Von oben herab: Der Kardinal und der Jude

Olivier Py setzt jetzt in Lyon auf die dunkle Seite der Romantik. Nur die französischen Losungen der Massen in der Eröffnungsszene bedienen sich beim aktuellen fremdenfeindlichen Vokabular der neuen europäischen Rechten. Das reicht von "Frankreich den Franzosen", "Schließt die Grenzen" bis zu "Tod den Fremden". Ausstatter Pierre-André Weitz füllt die Bühne mit der Kombination aus einer gewaltigen, die ganze Bühnenbreite ausfüllenden Freitreppe und der Imagination eines verkohlten Waldes im Hintergrund. Das erinnert durchaus an Caspar David Friedrich, hat aber nichts Anheimelndes. Dieser gespenstische Wald erweist sich vielmehr als metaphorischer Eingang zur Hölle. Wenn eine Gruppe von Menschen mit Hut, Mantel und Koffer in der Hand in diesem Wald verschwindet, dann bezieht sich Py damit auf den Holocaust als dem zentralen Großverbrechen des zwanzigsten Jahrhunderts. Ähnlich verhält es sich mit den brutalen Vernehmungen von Eléazar, Rachel und Leopold durch die Schwarzuniformierten, die im Hintergrund zu sehen sind. Ansonsten beherrschen riesige Bücherregalwände die Bühne und werden immer wieder zu wechselnden angedeuteten Räumen. Sie stehen für die Welt des Juden. In diesem düster dräuenden Rahmen einer stringent dunklen Ästhetik geht die Geschichte ihren verhängnisvollen Gang bis hin zum tragischen Ende.

Vergrößerung Eleazar: machtlos und wütend

Daniele Rustione, der avisierte neue Chef des Lyoner Opern-Orchesters, sorgte für eine exzellente musikalische Qualität im Graben. Er liefert die Dramatik und Prachtentfaltung ganz im Stile der Grand Opéra mit großer Geste, bleibt dabei aber stets präzise und, wo nötig, auch hoch sensibel. Zum Orchesterluxus kommt ein exzellentes handverlesenes Ensemble: Von Nikolai Schukoffs selbstbewusst herrischem Eléazar, über die wunderbar leuchtende Rachel von Rachel Harnisch und die (ein wenig zu) lasziv angelegte Sabina Puértolas als Prinzessin Eudoxie bis zu Enea Scala (als strahlkräftigem Leopold) und Roberto Scandiuzzi (Kardinal Brogni).


FAZIT

In Lyon hat Olivier Py das aktuelle Opernfestival mit einer Jüdin gekrönt, die nicht nur durch die packende Inszenierung besticht, sondern auch durch ihr hohes musikalisches Niveau.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Daniele Rustioni

Inszenierung
Olivier Py

Ausstattung
Pierre-André Weitz

Licht
Bertrand Killy

Chor
Philippe White


Orchestre de l'Opéra de Lyon


Solisten

Eléazar
Nikolai Schukoff

Rachel
Rachel Harnisch

La Princesse Eudoxie
Sabina Puértolas

Leopold
Enea Scala

Cardinal Brogni
Roberto Scandiuzzi

Ruggiero
Vincent Le Texier

Albert
Charles Rice

Crieur
Paul-Henry Vila

Officier
Brian Bruce

Burreau
Alain Sobieski



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opera de Lyon
(Homepage)


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