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Neuburger Kammeroper
23.07.2016 - 31.07.2016


Abenteuerlust
(Joconde ou Les Coureurs d'aventures)

Opéra-comique in drei Akten
Libretto von Charles Guillaume Etienne
für die Neuburger Kammeroper übersetzt und bearbeitet von Annette und Horst Vladar
Musik von Nicolas Isouard

In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Premiere im Stadttheater am 23. Juli 2016
(rezensierte Aufführung: 24.07.2016)

 


 

 

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Die Sache mit der Treue

Von Thomas Molke / Fotos: © Ralf Pauli

Seit 1969 kann man an der Neuburger Kammeroper in jedem Sommer Opernausgrabungen erleben, die der künstlerische Leiter Horst Vladar gemeinsam mit seiner Frau Annette Vladar in den Archiven aufspürt, gegebenenfalls übersetzt und für die Kammeroper einrichtet. Damit begeistert er nicht nur Liebhaber von Opernraritäten, sondern leistet auch für die Stadt Neuburg eine nicht zu unterschätzende Außenwirkung. Als 1996 eine Oper des maltesischen Komponisten Nicolas Isouard auf dem Spielplan stand, entwickelte sich sogar eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Naxxar, der mehrere Gegenbesuche folgten. Leider brach der Kontakt mit dem Wechsel des maltesischen Bürgermeisters wieder ab. Vielleicht kann die Auswahl des diesjährigen Stückes als Versuch betrachtet werden, die Freundschaft zwischen den beiden Städten wieder aufleben zu lassen. Erneut steht nämlich eine Opéra-comique auf dem Programm, die Isouard auf ein Libretto von Charles Guillaume Etienne für Paris vertonte. Bis 1816 konnte Isouard hier große Erfolge feiern und galt ein wichtiger Wegbereiter für die Entwicklung der typischen französischen komischen Oper. Dass allerdings sein ehemaliger Freund François-Adrien Boieldieu ihm bei der Wahl zum Mitglied des Institut de France vorgezogen wurde, konnte Isouard nicht verkraften, und so starb er bereits 1818 im Alter von nur 44 Jahren.

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Joconde (Patrick Ruyters, rechts) und Graf Robert (Karsten Münster, links) zweifeln an der Treue ihrer beiden Verlobten Edile (Astghik Kanamiryan, rechts) und Mathilde (Annika Liljenroth, links).

Isouards 1814 uraufgeführte Oper Joconde ou Les Coureurs d'aventures spielt auf subtile Weise mit dem Thema Treue. Graf Robert und sein Vertrauter Joconde wollen ihre beiden Verlobten, die Comtesse Mathilde und deren Freundin Edile, testen, indem sie gegenseitig versuchen, die Verlobte des jeweils anderen zu verführen. Die Frauen durchschauen mit Hilfe von Lysandre das Spiel und lassen sich zum Schein darauf ein. Daraufhin beschließen Robert und Joconde, sich an ihren Verlobten zu rächen, als Troubadoure unerkannt durchs Land zu ziehen und dabei zahlreiche amouröse Abenteuer zu erleben. Mathilde und Edile folgen den beiden als verkleidete Zigeunerinnen. Auf ihrer Reise gelangen die beiden Männer in ein abgelegenes Dorf der Grafschaft, wo das Rosenfest mit der Wahl der Rosenkönigin vorbereitet wird. Das junge Bauernmädchen Jeannette hofft, als unschuldigstes Mädchen diese Wahl zu gewinnen, obwohl sie bereits mit dem Bauernburschen Matthes liiert ist. Mit ihrem Liebreiz erweckt sie natürlich auch die Aufmerksamkeit von Robert und Joconde, die sie des Nachts zu einem Stelldichein einladen. Im Dunkeln flirtet sie allerdings mit Matthes, während Robert und Joconde nicht nur leer ausgehen, sondern vom Dorfrichter gleich noch über Nacht ins Gefängnis gesperrt werden. Verzweifelt versucht Robert zu erklären, dass er kein Troubadour sondern der Graf höchstpersönlich ist. Erst Mathilde kann ihn am nächsten Tag befreien. Reumütig kehren Robert und Joconde zu ihren Verlobten zurück, während Jeannette zur Rosenkönigin gewählt wird.

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Das Bauernmädchen Jeannette (Janina Pudenz) liebt den jungen Matthes (Wolfgang Veith).

In einem zauberhaften Bühnenbild von Michele Lorenzini, das auf einem Prospekt im ersten Akt einen pittoresken Garten im Schloss zeigt und nach der Pause einen wunderbaren Panoramablick auf das Schloss aus Sicht des Dorfes bietet, erzählt Horst Vladar die Geschichte wie gewohnt ohne moderne Regietheatermätzchen und vertraut der subtilen Komik der Vorlage. Als Requisiten reichen ein paar kleine Holzpodeste und ein mit Rosen geschmückter Torbogen. Die Kostüme unterstützen ebenfalls in ihrer Opulenz den "klassischen" Ansatz. Bemerkenswert ist, dass, wenn Mathilde und Edile als Zigeunerinnen auftreten, sie wirklich auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind, so dass auch hier die Verkleidung durchaus realistisch wirkt. Musikalisch sind die Ouvertüre und die Zwischenspiele noch etwas ausbaufähig. Da klingt bei dem Orchester des Akademischen Orchesterverbandes München e. V. unter der Leitung von Alois Rottenaicher vor allem bei den Bläsern noch nicht alles so rund, wie man es gerne hätte. Der Chor der Neuburger Kammeroper unter der Leitung von Norbert Stork präsentiert sich stimmgewaltig und überzeugt in der Spielfreude als Hofgesellschaft genauso wie als Bauern und Bäuerinnen auf dem Land.

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Graf Robert (Karsten Münster, rechts) und Joconde (Patrick Ruyters, links) umwerben als Troubadoure die schöne Jeannette (Janina Pudenz).

Bei den Solisten gibt es in diesem Jahr einige neue Gesichter an der Neuburger Kammeroper. Aufhorchen lässt die armenische Sopranistin Astghik Khanamiryan als Edile, die die Partie mit dunkel eingefärbtem und kräftigem Sopran anlegt. Dabei spielt sie Jocondes Verlobte sehr keck und begeistert vor allem als Zigeunerin mit komödiantischem Spiel. Patrick Ruyters überzeugt als ihr Freund Joconde mit weichem Bariton. Sehr witzig ist auch Ruyters Zusammenspiel mit Karsten Münster als Graf Robert. Münster legt den Grafen absolut selbstverliebt an und erzeugt gerade durch diese Arroganz eine ungemeine Komik. Wie Ruyters und Münster zunächst triumphieren, weil sie beide der Meinung sind, die Verlobte des anderen verführt zu haben, und dann völlig entsetzt reagieren, wenn sie erfahren, dass es dem anderen ebenfalls gelungen ist, wird von beiden mit großem Spielwitz umgesetzt. Auch Janina Pudenz begeistert als cleveres Bauernmädchen Jeannette mit jugendlichem Sopran und pfiffigem Spiel. Als "alte Bekannte" kehrt Annika Liljenroth als Mathilde zurück und verleiht der Comtesse glaubhafte Nobilität. Dabei überzeugt sie mit gewohnt sauberem und absolut textverständlichem Sopran. Wolfgang Veith mimt den Bauernburschen Matthes als etwas einfältigen Jungen, der allerdings das Herz am rechten Fleck hat. Horst Vladar ist als kauziger Dorfrichter mit gewohnter Souveränität in seinem Element, und auch Michael Hoffmann überzeugt als Drahtzieher Lysandre mit komödiantischem Spiel. Vor allem als verkleideter Zigeuner kann er sich so richtig austoben.

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Happy End mit Fragezeichen: von links: Lysandre (Michael Hoffmann), Edile (Astghik Khanamiryan), Joconde (Patrick Ruyters), Mathilde (Annika Liljenroth), Robert (Karsten Münster), Jeannette (Janina Pudenz), Matthes (Wolfgang Veith) und der Dorfrichter (Horst Vladar) (im Hintergrund: der Chor der Neuburger Kammeroper)

Einen szenischen und musikalischen Höhepunkt stellt das nächtliche Treffen im zweiten Akt dar. Jeannette hat durch ihre Koketterie vom Grafen das Halstuch erworben, das ihm die Comtesse genäht hat, und von Joconde das Medaillon, das Edile ihrem Verlobten gewidmet hat. Nachdem sie nun von den beiden Frauen in den Plan eingeweiht worden ist, führt sie beim nächtlichen Stelldichein den Grafen und seinen Vertrauten an der Nase herum. Ruyters und Münster tauchen nun im Quartett in immer neuen Verstecken auf, während sich Pudenz mit Veith im Torbogen vergnügt, wobei sowohl der Graf als auch Joconde der Meinung sind, dass der jeweils andere der von Jeannette erhörter Liebhaber ist. Der Streit, der sich auch am nächsten Morgen zwischen den beiden Männern daraus noch entspinnt, zeugt von großer Komik. Wenn dann am Ende Robert seiner Verlobten die Hand reicht und auch Joconde zu Edile zurückkehrt, bleibt fraglich, ob diesen Verbindungen wirklich eine glückliche Zukunft bevorsteht. Das Publikum feiert das Ensemble mit großem Beifall und spendet Vladar für seine librettonahe Inszenierung einen ganz besonderen Jubel.

FAZIT

Auch in diesem Jahr hat Horst Vladar ein Werk ausgegraben, dass musikalisch einiges zu bieten hat und große Komik entfaltet. Dabei beweist er mit dem Ensemble der Neuburger Kammeroper erneut, dass Oper auch ohne entfremdende Regie-Effekte Spaß machen kann.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alois Rottenaicher

Inszenierung
Horst Vladar

Bühnenbild
Michele Lorenzini

Chor
Norbert Stork

 

Orchester des Akademischen
Orchesterverbandes München e. V.

Chor der Neuburger Kammeroper

 

Solisten

Robert, Graf von Martigue
Karsten Münster

Joconde, Vertrauter des Grafen
Patrick Ruyters

Lysandre, Freund der gräflichen Familie
Michael Hoffmann

Mathilde, Comtesse, Roberts Verlobte
Annika Liljenroth

Edile, ihre Freundin, Jocondes Verlobte
Astghik Khanamiryan

Jeannette, Bauernmädchen
Janina Pudenz

Matthes, Bauernbursche
Wolfgang Veith

Dorfrichter
Horst Vladar

Herren und Damen der Schlossgesellschaft,
Bauern und Bäuerinnen
Chor der Neuburger Kammeroper


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