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Musikfestspiele
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Klangvokal
Musikfestival Dortmund
28.05.2017 - 25.06.2017

Acis and Galatea

Masque in zwei Akten (HWV 49a)
Text von John Gay Alexander Pope und John Hughes nach Ovids Metamorphosen
Musik von Georg Friedrich Händel

in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 5' (eine Pause)

Aufführung im Orchesterzentrum / NRW Dortmund  am 10. Juni 2016

 

 

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Zusammenspiel von Mensch und Puppe

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbau

Die mythologische Geschichte über die Liebe der schönen Wassernymphe Galatea zu dem Schäfer Acis, der von dem Zyklopen Polyphem aus Eifersucht erschlagen und anschließend von Galatea in eine Quelle verwandelt wird, um sie so in verwandelter Form weiterhin zu umgeben, war ein beliebtes Thema für die Barockkomponisten und wurde mehrfach vertont. Den Anfang machte Jean-Baptiste Lully 1686 mit Acis et Galathée. Georg Friedrich Händel beschäftigte sich gleich mehrmals mit dem Stoff. Nachdem er 1708 im Auftrag eines neapolitanischen Adligen die italienische Serenata Aci, Galatea e Polifemo für drei Stimmen komponiert hatte, widmete er sich zehn Jahre später in England erneut diesem Sujet. Die Londoner Haymarket-Oper, an der Händel seit seinem großen Erfolg mit Rinaldo regelmäßig neue Opern zur Uraufführung gebracht hatte, war gerade geschlossen worden, und Händel hatte sich nach Cannons, dem Landsitz des Earl of Carnavon begeben, wo er zwei Jahre lang ohne finanzielle Sorgen weitere Werke komponieren konnte. Die pittoresken Gärten und Wasserspiele auf dem Landsitz mögen ihn wohl veranlasst haben, sich erneut mit Acis und Galatea zu beschäftigen. Allerdings griff er musikalisch gar nicht auf seine Serenata von 1708 zurück und ließ von insgesamt drei Dichtern ein neues Libretto verfassen. Das Werk wurde zwar als "Masque" bezeichnet, entspricht jedoch als durchkomponierter Zweiakter eigentlich nicht dem klassischen Schema einer Masque, bei der sich Sprechszenen mit Liedern und Tänzen abwechseln. 1732 nahm Händel sich dieses Werk ein drittes Mal vor und erweiterte die englische Fassung um Arien aus seiner früheren Serenata auf drei Akte. Das tschechische Marionettentheater Buchty a Ioutky unter der Leitung von Vit Brukner orientiert sich wie die meisten heutigen Aufführungen an der zweiaktigen Urfassung von 1718.

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Acis (Benedikt Kristjánsson) und Galatea (Sophie Junker) lieben einander.

Anders als bei der Compagnia Marionettistica Carlo Colla e Figli aus Mailand, bei der die Handlung komplett von den Puppen dargestellt wird und die Solisten aus dem Orchestergraben singen, treten bei den Aufführungen des tschechischen Marionettentheaters die Puppen und die Solisten in Interaktion, was gerade im Zusammenspiel zwischen dem Riesen Polyphem und der Nymphe Galatea von Vorteil ist, um die Größenunterschiede der Figuren glaubhaft hervorzuheben. So gibt es zwei Marionetten, die den Darstellern der Nymphe und des Schäfers nachempfunden sind, und einen riesigen Kopf und zwei Arme, die oberhalb der kleinen Guckkastenbühne erscheinen. Warum bei dem einäugigen Riesen das Auge nicht in der Mitte des Kopfes angebracht ist, sondern er das zweite Auge lediglich geschlossen hat, lässt sich zwar nicht nachvollziehen, stört jedoch auch nicht weiter. So ermöglicht dieses Zusammenspiel eine märchenhafte Umsetzung der Geschichte.

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Polyphemus (Tomáš Král) ist eifersüchtig.

Die Kostüme von Markéta Štormová sind phantasievoll gestaltet und werden im Bühnenbild von Barbora Čechová und Kateřina Housková aufgegriffen, wenn die Welt der Nymphe beziehungsweise des Zyklopen beschrieben wird. So ist Galatea in fließendem Blau gestaltet und bewegt sich im ersten Akt über pittoreske Felder in zarten Farben. Wenn sie am Ende ihren toten Geliebten in eine Quelle verwandelt, stellen silberblaue Tücher die Bühne als eine Art Fluss dar, in dem die Nymphe badet, wobei der Fluss aus dem Felsblock entspringt, den Polyphem auf den Rivalen geschleudert hat. Der Riese wird mit groben Steinblöcken gezeichnet. Wenn er seiner Wut freien Lauf lässt, fallen Felsblöcke von oben herab, und auch die Flöte, auf der er Galatea sein Ständchen bringen will, besteht nicht aus Holz sondern aus zusammengesetzten, ausgehöhlten Steinen. Dass hierbei natürlich kein lieblicher Ton entsteht, erklärt sich von selbst. Der Schäfer Acis wird in einer pastoralen Landschaft gezeigt, in der die Blumen recht schnell aus dem Boden sprießen und niedliche Schafe über die Bühne krabbeln. Schade ist nur, dass man bei den Aktionen die Arme der Puppenspieler bisweilen sehen kann, was die Illusion ein wenig zerstört.

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Tityrus (Tomáš Lajtkep, links) und Damon (Patrick Grahl) sinnieren über die Liebe.

Musikalisch weist der erste Akt einige Längen auf, da hier eigentlich nichts passiert. Der fünfstimmige Chor (ein Sopran, drei Tenöre und ein Bass) besingt die Freuden der Natur, bevor sich die schöne Galatea auf die Suche nach ihrem Schäfer begibt, während Acis die Nymphe sucht und die beiden schließlich in großem Jubel zueinander finden. Die fünf Solisten übernehmen auch die Rolle des Chors. Acis' Begleiter Damon wird im weiteren Verlauf des Stückes auf zwei Schäfer aufgeteilt, und so kommt noch ein weiterer Schäfer, Tityrus, hinzu, der im eigentlichen Libretto nicht vorgesehen ist. Sophie Junker begeistert als Galatea mit mädchenhaftem Sopran und zauberhaftem Spiel. Wenn sie in ihrer ersten Arie "Hush, ye pretty warbling quire" die quirligen Vögelchen von der Bühne vertreibt, macht sie mit zarten Tönen nachvollziehbar, wieso sich auch der Riese Polyphem nach dieser reizenden Nymphe sehnt. Benedikt Kristjánsson hält als Schäfer Acis mit lyrischem Tenor dagegen, so dass die beiden Stimmen sich im abschließenden Duett des ersten Aktes harmonisch verbinden.

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Schlussapplaus: von links: Polyphemus (Tomáš Král), Tityrus (Tomáš Lajtkep), Galatea (Sophie Junker), Acis (Benedikt Kristjánsson) und Damon (Patrick Grahl)

Etwas dramatischer wird es dann im zweiten Akt mit dem Auftritt Polyphems. Tomáš Král spielt die Liebestollheit des ungehobelten Riesen mit großer Komik aus. In seiner Arie "O ruddier than the cherry", in der er der Angebeteten mit der Flöte ein Ständchen bringen will, überzeugt er mit großem Spielwitz. Leider fehlt Král in den Tiefen ein bisschen Volumen, was ihm bei seiner anschließenden Wut auf die Nymphe und ihren Geliebten ein wenig die Bedrohlichkeit nimmt. Wie er jedoch den riesigen Felsblock auf Acis herabfallen lässt, der sich zuvor mit einem hölzernen Schild zum Kampf gerüstet hat, wird beeindruckend umgesetzt. Während der Fels zunächst auf den Darsteller des Acis herabfällt, sieht man in der nächsten Szene die Marionette unter dem Felsblock liegen. Patrick Grahl und Tomáš Lajtkep runden das Solisten-Ensemble als Hirten Damon und Tityrus mit hellem Tenor gut ab. Jana Semerádová lotet mit dem Collegium Marianum aus Prag Händels Partitur feinfühlig aus, so dass es am Ende begeisterten Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Sängerdarsteller und Marionetten verschmelzen in dieser Inszenierung überzeugend zu einer Einheit und präsentieren die Geschichte in einem märchenhaften Gewand.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2017

 

Produktionsteam

Musikalische Leitung und Flöte
Jana Semerádová

Regie
Vit Brukner

Ausstattung und Puppen
Barbora Čechová
Kateřina Housková

Kostüme
Markéta Štormová

Licht
Lukáš Valiska

Dramaturgie
Kate
řina Schwarzová

 

Collegium Marianum (Prag)

Basso continuo
Hana Flekova, Violoncello
Jan Krej
ča, Theorbe
Marek Čermák, Cambalo

Buchty a Ioutky - Marionettentheater (Prag)

Puppenspieler
Marek Be
čka
Zuzana Brucknerová
Radek Beran

 

Solisten

Galatea
Sophie Junker

Acis
Benedikt Kristjánsson

Damon
Patrick Grahl

Polyphemus
Tomá
š Král

Tityrus
Tomá
š Lajtkep

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



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