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Klangvokal
Musikfestival Dortmund
28.05.2017 - 25.06.2017

Spanische Nacht

Abschlusskonzert mit Feuerwerk

in spanischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 10' (eine Pause)

Aufführung auf der Seebühne im Westfalenpark Dortmund  am 25. Juni 2017

 

 

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Eviva Zarzuela

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum

Nachdem im vergangenen Jahr das Abschlusskonzert des Klangvokal Musikfestivals in Dortmund von vornherein im Konzerthaus angesetzt und damit auf das obligatorische Feuerwerk verzichtet worden war, hatte man es dieses Jahr gewagt, es wieder als Open-Air-Veranstaltung mit Feuerwerk im Westfalenpark anzusetzen, und lange Zeit war es bei der unberechenbaren Wettersituation in Nordrhein-Westfalen nicht klar, ob es nicht doch noch kurzfristig ins Konzerthaus verlegt werden müsse. Als am Samstag dann die Mitteilung kam, das Konzert finde auf jeden Fall auf der Seebühne statt, wirkte dieser Entschluss bei den aktuellen Wetterkapriolen beinahe ein bisschen kühn, aber das gute Wetter hielt, und - von ein paar vereinzelten Tropfen in der Pause abgesehen - blieb es trocken und von den Temperaturen äußerst angenehm. Dennoch mag ein Teil der Zuschauer zu misstrauisch gewesen sein. Anders lässt es sich kaum erklären, dass bei dieser sehr beliebten Veranstaltung doch einige Plätze frei blieben. Am Programm kann es nämlich nicht gelegen haben. Zwar gab es dieses Mal keine Schmankerl aus der großen italienischen Oper, aber die unter dem Titel Spanische Nacht präsentierten Auszüge aus dem wesentlich unbekannteren Genre der Zarzuela waren nicht weniger eingängig.

Die Zarzuela, die weitestgehend als kleine Schwester der Oper und Operette bezeichnet werden kann, erfreut sich in Spanien als "urspanische" Musiktheatergattung großer Beliebtheit, hat sich allerdings außerhalb Spaniens so gut wie gar nicht im Repertoire der Musiktheaterbühnen etablieren können, obwohl es insgesamt mehr als 18.000 Werke gibt. Lediglich vereinzelte Arien kennt man vielleicht aus Galakonzerten oder Arienabenden. Entstanden ist die Zarzuela bereits Mitte des 17. Jahrhunderts, als König Philipp IV. auf die Jagd gehen wollte, vom Wetter allerdings daran gehindert wurde. Also engagierte er kurzerhand eine Komödiantengruppe aus Madrid auf sein Lustschloss, die Caldéron de la Barcas Komödie El laurel de Apolo mit Musik von Juan Hidalgo de Polanco aufführte. Dies war der Startschuss zur Entstehung eines höchst kurzweiligen neuen Genres, das in Spanien alle Bevölkerungsschichten begeisterte. Die Blütezeit erlebte die Zarzuela dann von 1850 bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Man unterschied hierbei die "Zarzuela grande" mit drei oder mehr Akten, die die große italienische Oper mit all ihrer Dramatik zum Vorbild hatte, und das "Género chico", ein einaktiges Werk, das selten länger als eine Stunde dauerte und auch einfache Menschen als Figuren auf die Bühne brachte. Beim Klangvokal Musikfestival gibt es nun einen bunten Mix aus Werken, die zwischen 1880 und 1930 in Spanien entstanden.

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María Rey-Joly und Ismael Jordi mit dem WDR Funkhausorchester Köln

Als Solisten hat man die in Madrid geborene lyrische Sopranistin María Rey-Joly und den spanischen Tenor Ismael Jordi eingeladen, die sich beide auf dem Gebiet der Zarzuela bestens auskennen. Rey-Joly hat in ihrer Heimat zahlreiche Rollen in diesem Genre interpretiert, und auch Jordi ist in zahlreichen Zarzuelas in Spanien aufgetreten, bevor er sich den großen Partien des lyrischen Opern-Repertoires verschrieben hat. Musikalisch begleitet wird der Abend vom WDR Funkhausorchester Köln, das seit 2009 regelmäßig beim Klangvokal Musikfestival an den konzertanten Opernproduktionen beteiligt ist. Unter der Leitung von Enrico Delamboye eröffnet das Orchester mit dem Preludio aus El bateo von Federico Chueca den Abend. Dieses 1901 aufgeführte Stück gilt als eines der letzten Meisterwerke des "Género chico" und handelt in der rasant erzählten Geschichte von skurrilen Typen aus der Unterschicht. Nach anfänglichen spanischen Klängen wird hier der Einfluss der Operette deutlich hörbar, wenn der Rhythmus in einen Walzer wechselt, der in dieser Art auch von Johann Strauss stammen könnte. Nicht ganz perfekt ist leider die Aussteuerung der Lautsprecher, die aufgrund des zwischen Bühne und Zuschauern liegenden Sees eingesetzt werden müssen. Da bleibt ein unschönes Knacken an der ein oder anderen Stelle leider nicht aus.

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Santiago Lara (rechts) und Ismael Jordi (links) mit dem WDR Funkhausorchester Köln

Rey-Joly schließt mit der Carceleras aus Ruperto Chapís Las Hijas del Zebedeo an, einem recht bekannten Stück, das hierzulande gerne von namhaften Mezzosopranistinnen wie Elīna Garanča bei Galakonzerten präsentiert wird. Rey-Joly begeistert bei dieser schmissigen Nummer mit rundem Sopran und sauber ausgesungenen Koloraturen. Jordi beginnt mit einer romantischen Nummer, der Romanze "Bella enamorada" aus El último romántico, einer sogenannten Sitten-Zarzuela aus dem Jahr 1928 von dem Erfolgs-Duo Reveriano Soutullo und Juan Vert. Dass der Verismo auch vor der Zarzuela nicht Halt gemacht hat, zeigt das folgende Duett aus der dreiaktigen Oper Luisa Fernanda von Federico Moreno Torroba, die von der spanischen Revolution 1868 handelt. Mit großem Pathos interpretieren Rey-Joly und Jordi das finale Liebesduett, in dem sich die Titelheldin und ihr Geliebter Javier Moreno in den Revolutionswirren endlich wiedergefunden haben. Mit über 10.000 Aufführungen in Spanien und Südamerika zählt dieses Werk zu den erfolgreichsten Zarzuelas aller Zeiten. Im Anschluss geht es dann wieder fröhlicher zu, wenn Rey-Joly mit wunderbarer Leichtigkeit den Walzer der Angelita aus dem Einakter Château Margaux von Manuel Fernández Caballero präsentiert. Ein wenig kitschig ist dann die folgende Romanze "Mujer de los negros ojos" aus Jacinto Guerreros El Huésped del Sevillano, in der der junge Juan Luis die dunklen Augen seiner Geliebten Raquel besingt. Jordi unterstreicht diesen Eindruck noch durch überbordenden tenoralen Schmelz in seiner Interpretation. Den Abschluss des ersten Teils machen dann mehrere Auszüge aus Amadeo Vives' Doña Francisquita, einer Komödie, die sehr frei auf La discreta enamorada von Félix Lope de Vega und Boccaccios Decamerone basiert.

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Feuerwerk vor und auf der Seebühne

Nach der Pause gibt es dann mit Santiago Lara an der Flamencogitarre noch einen weiteren Gast. Neben der Zarzuela erlebte nämlich auch der Flamenco in Spanien im 19. Jahrhundert seine große Blütezeit. Ursprünglich handelte es sich dabei um eine reine Gesangskunst, die erst später um Tanz und Gitarrenbegleitung ergänzt wurde. Lara präsentiert ein beeindruckendes Gitarrensolo, das der 1984 geborene Flamencospezialist selbst komponiert hat. Sehr folkloristisch klingt "Cantares" von Joaquín Turina, ein Lied, das Rey-Joly mit großer Leidenschaft zu den Flamenco-Klängen der Gitarre präsentiert. Absolut melancholisch ist die folgende Romanze "Adiós Granada" aus Los Emigrantes von dem Komponisten-Duo Tomas Barrera und Rafael Calleja. Jordi rührt mit seiner eindringlichen Interpretation das Publikum zu Tränen, so dass es nicht verwundert, dass diese Nummer eine Art heimliche Hymne der spanischen Emigranten wurde. Als Zugabe darf nach dem offiziellen Programm natürlich Agustín Laras "Granada" nicht fehlen, das zwar eigentlich für einen Tenor komponiert ist, bei dem jedoch Rey-Joly und Jordi beide zum Abschluss noch einmal stimmlich im Wechselgesang brillieren. An die Zugaben schließt sich dann ein fulminantes Feuerwerk an, das genau auf den schwungvollen Rhythmus der Musik abgestimmt ist und bei den ersten Knallern auch die letzten beiden Gänse auf dem See panisch flüchten lässt, bevor sich das Publikum an dem großartigen Spektakel am noch nicht ganz dunklen Himmel erfreuen kann.

FAZIT

Das Konzert bietet einen abwechslungsreichen Streifzug durch die bei uns größtenteils unbekannte Gattung der Zarzuela und weckt bei dem einen oder anderen vielleicht das Bedürfnis, mehr von dieser Art Musiktheater zu hören. Schade ist nur, dass einige Plätze an diesem Abend frei geblieben sind.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2017

 

Ausführende

María Rey-Joly, Sopran

Ismael Jordi, Tenor

Santiago Lara, Flamencogitarre

WDR Funkhausorchester Köln

Enrico Delamboye, Musikalische Leitung

 

Werke

Federico Chueca
Preludio aus El bateo

Ruperto Chapí
Carceleras aus Las Hijas del Zebedeo

Reveriano Soutullo und Juan Vert
Romanze "Bella enamorada"
aus El último romántico

Federico Moreno Torroba
Duett "Cállate corazón" aus Luisa Fernanda

Manuel Fernández Caballero
Vals de Angelita aus Château Margaux

Jacinto Guerrero
Romanze des Juan Luis "Mujer de los negros ojos" aus El Huésped del Sevillano

Amadeo Vives
Fandango aus Doña Francisquita

Romanze "Por el humo se sabe" aus Doña Francisquita

"Le van a oír, cállese usted" aus Doña Francisquita

Pablo Sorozabal
Intermedeio aus La del Manojo de Rosas

Joaquín Turina
Cantares

Santiago Lara
Flamenco-Konzert: "Cuevo del sonido"

Tomas Barrera und Rafael Calleja
Romanze "Adiós Granada" aus
Los Emigrantes

Reveriano Soutullo und Juan Vert
Intermedio aus La leyenda del beso

Pablo Luna
Romanza "De España vengo" aus
El Niño Judio

Pablo Sorozabal
Romanza "No puede ser" aus
La Taberna del Puerto

Manuel Penella
Duett "Torero quiero ser" aus El Gato Montés

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



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