Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum



Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
07.07.2017 - 23.07.2017

 

Le cinesi

Opera da salotto per giovani cantanti in einem Akt
Libretto von Pietro Metastasio
Musik von Manuel del Pópulo Vicente García

In italienischer Sprache mit italienischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 10' (keine Pause)

Produktion der Maggio Musicale Fiorentino 2016

Gastspiel-Premiere im Königlichen Kurtheater am 9. Juli 2017

 

 

 

Homepage

Contest der Theatergattungen

Von Thomas Molke / Fotos: © Simone Donati

Manuel García gehört nicht nur zu der Riege der Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts, deren Ruhm durch die Übermacht Rossinis verblasste und schnell in Vergessenheit geriet, sondern er war auch ein berühmter Tenor, der unter anderem auch als Norfolk in Rossinis Elisabetta regina d'Ingihilterra einen großen Erfolg verbuchen konnte. Bekannt ist er vor allem auch als erster Graf Almaviva in Rossinis Il barbiere di Siviglia. Dabei war sein Einfluss sogar so groß, dass er durchsetzen konnte, dass die Uraufführung unter dem Titel Almaviva o sia L'inutile precauzione stattfand. Am Ende seiner Karriere betätigte er sich überwiegend als Gesangspädagoge, und in diesem Rahmen entstand wohl auch die Salonoper Le cinesi, die vor allem als Übung für seine Gesangsschüler gedacht war. Als Festspiel-Intendant Jochen Schönleber dieses Stück im April 2015 unter der musikalischen Leitung von Raúl Giménez am Teatre de Sarrià in Barcelona als Produktion der "Amics de l'̉pera de Sarrià" mit jungen Sängerinnen und Sängern in Szene setzte, kam ihm die Idee, diese Produktion als Gastspiel nach Bad Wildbad zu holen, um die Anzahl der aufgeführten Opern zu erhöhen. Nachdem dieses Vorhaben 2016 mit Giuseppe Balduccis Il conte di Marsico fortgesetzt worden ist (siehe auch unsere Rezension), steht in diesem Jahr erneut Garcías Le cinesi auf dem Programm. Dieses Mal hat Schönleber das Stück in Florenz in Zusammenarbeit mit dem Maggio Musicale Fiorentino im Teatro Goldoni neu erarbeitet.

Bild zum Vergrößern

Die drei Chinesinnen Lisinga (Francesca Longari, links), Sivene (Giada Frasconi, Mitte) und Tangìa (Ana Victória Pitts, rechts) langweilen sich.

Die Handlung basiert auf einem unter anderem auch von Christoph Willibald Gluck vertonten Libretto von Pietro Metastasio und spielt in einem fiktiven China. Die drei Chinesinnen Lisinga, Sivene und Tangìa sitzen beim Tee zusammen und langweilen sich, als plötzlich Lisingas Bruder Silango auftaucht, der gerade aus Europa zurückgekehrt ist. Die Damen sind entsetzt, da es für Männer in China unter Todesstrafe verboten ist, in die Frauengemächer einzudringen. Dennoch fordern sie ihn auf, bis zum Einbruch der Dunkelheit zu bleiben, da es dann einfacher ist, unbemerkt aus dem Haus zu kommen. Um sich die Zeit zu vertreiben, schlägt Lisinga vor, Theater zu spielen. Jede der drei Damen wählt ein Thema aus, das sie in einer opulenten Arie präsentiert, Lisinga eine Tragödie, Sivene eine Pastorale und Tangìa eine Komödie. Als sie sich im Anschluss nicht einigen können, welche Gattung am meisten überzeugt hat, schlägt Silango ein Ballett als Kompromiss vor. Die Frauen sind begeistert von dieser Lösung und feiern sie singend und tanzend.

Bild zum Vergrößern

Lisinga (Francesca Longari, Mitte) präsentiert als Andromache die Tragödie. Silango (Patrick Kabongo Mubenga) mimt ihren Sohn Astyanax und Sivene (Giada Frasconi, rechts) den griechischen König Pyrrhus.

An der alten Inszenierung hat Schönleber bei der Neuerarbeitung nicht viel geändert. So lässt er beim musikalischen Vorspiel Lisinga immer noch in einem Kimono auftreten und ihren Freundinnen bunte Lampionschirme überreichen, macht dann aber sehr schnell deutlich, dass hier kein pseudo-asiatisches Kolorit gezeigt werden soll. Die Damen präsentieren sich nämlich  anschließend beim Sonnenbad auf großen Holzliegen in figurbetonten Badekombinationen äußerst europäisch. Natürlich ist es ihnen unangenehm, wenn Silango in diese Privatsphäre eindringt. Mit seiner blonden Perücke wirkt er allerdings weniger wie ein Dandy, sondern erinnert vielmehr an das Portrait, das tags zuvor in L'occasione fa il ladro Alberto als Bildnis seiner Schwester mit sich trägt. Wieder sind es die Einkaufstüten namhafter Modedesigner, die die Damen schnell zu der Erkenntnis kommen lassen, dass es doch gar nicht so schlecht ist, den jungen Mann bis zum Einbruch der Dunkelheit bei sich zu behalten. Die Präsentation der drei Gattungen erfolgt dann recht traditionell. Schönlebers Regie-Gag am Ende bleibt ebenfalls erhalten, wobei nicht ganz klar ist, ob es Absicht ist, dass Silango dieses Mal nur Lisinga und Tangìa eine Einkaufstüte mit Besen und Kehrblech überreicht und der Staubwedel für Sivene aus persönlicher Zuneigung gestrichen worden ist, oder ob die Tüte mit dem Staubwedel bei der Premiere versehentlich gefehlt hat. Jedenfalls jagen die drei Frauen den jungen Mann am Ende erneut von der Bühne.

Bild zum Vergrößern

Silango (Patrick Kabongo Mubenga) übernimmt bei Sivenes (Giada Frasconi) Schäferspiel nur zu gerne die Rolle des Schäfers Thyrsis, der in die schöne Nymphe Lycoris verliebt ist.

Bei den vier Solisten handelt es sich allesamt um Teilnehmer der beiden Meisterklassen von Lorenzo Regazzo und Raúl Giménez, die das Gastspiel in Bad Wildbad direkt mit diesem Kurs verbunden haben. Francesca Longari stellt als Lisinga in ihrer großen Arie die Tragödie vor. Dafür hat sie eine Szene der Andromache ausgewählt, die nach dem Trojanischen Krieg in die Hände des Pyrrhus gefallen ist und nun vor der Wahl steht, den griechischen König zu heiraten und damit ihrem verstorbenen Mann Hektor untreu zu werden oder ihren geliebten Sohn Astyanax zu opfern. Longari überzeugt in dieser Arie mit sauberen Koloraturen und eindrucksvollem Spiel. Für komische Momente sorgen in dieser Szene Patrick Kabongo Mubenga, der in die Rolle des kleinen Astyanax schlüpft, und Giada Frasconi, die den Pyrrhus mimt. Es folgt eine Pastorale, in der Giada Frasconi als Sivene die Partie der schönen Nymphe Lycoris übernimmt. Hier bietet sich Patrick Kabongo Mubenga als Silango direkt an, in die Rolle des Hirten Thyrsis zu schlüpfen, der unnachgiebig um die schöne Nymphe wirbt. Damit haben die beiden nämlich auch, sehr zum Missfallen von Tangìa, die Möglichkeit, ihre Gefühle füreinander zu bekunden. Mubenga lässt mit lyrisch angesetzten Höhen tenoralen Glanz verströmen, während Frasconis Mezzo ein bisschen heiser klingt. Vielleicht hat sie in den letzten Tagen ihrem Mezzo ein bisschen zu viel abverlangt, da sie ja auch noch in L'occasione fa il ladro als Ernestina auf der Bühne steht. Darstellerisch macht Frasconi mit großer Komik deutlich, dass sie alles andere als eine schüchterne Chinesin ist.

Bild zum Vergrößern

Tangìa (Ana Victória Pitts) rächt sich bei ihrer Präsentation der Komödie an Silango (Patrick Kabongo Mubenga) für die Zurückweisung.

Ana Victória Pitts hat die Partie der Tangìa, die die Komödie vertritt, bereits vor zwei Jahren interpretiert, und es lässt sich feststellen, dass ihr damals schon kräftiger Mezzo noch weiter gereift ist. So begeistert sie stimmlich erneut mit einer voluminösen Mittellage. Auch ihr großes komisches Talent hat sie weiter ausbauen können. Während sie zunächst den Anfang machen will, dann aber wieder abbricht, weil ihr kein Thema einfällt, liefert ihr Mubenga mit seiner Arroganz am Schluss das geeignete Sujet. Nun macht sie sich über den selbstverliebten Jüngling lustig, indem sie einen narzisstischen jungen Mann mimt, der von einer Europareise zurückgekehrt ist und nun den ganzen Tag vor dem Spiegel verbringt und sich für etwas Besseres hält. Silango findet das wiederum überhaupt nicht komisch, erst recht nicht, als Tangìa dann auch noch seine blonde Perücke mit weißem Haarschaum bedeckt. Michele D'Elia, der bereits die Produktion vor zwei Jahren am Klavier betreut hat, erweist sich erneut als kongenialer Begleiter, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Die Produktion begeistert auch nach zwei Jahren mit einem größtenteils neuen Ensemble.

Weitere Rezensionen zu Rossini in Wildbad 2017



Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Produktionsteam

Musikalische Leitung und Klavier
Michele D'Elia

Regie, Bühnenbild, Kostüme und Licht
Jochen Schönleber


Solisten

Lisinga, Adelige junge Chinesin
Francesca Longari

Sivene, Lisingas Freundin
Giada Frasconi

Tangìa, Lisingas Freundin
Ana Victória Pitts

Silango, Lisingas Bruder und Sivenes Geliebter
Patrick Kabongo Mubenga

 


Zur Homepage vom
Rossini in Wildbad




Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum

© 2017 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -